Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
IHK: Wirtschaftsboom steht auf tönernen Füßen
Internationale Krisen könnten den Boom der regionalen Wirtschaft gefährden
RAVENSBURG (sz) - Die Stimmung in der Wirtschaft ist nach wie vor sehr gut. Die Beurteilung der Geschäftslage hat im Vergleich zum Frühjahr minimal nachgegeben. „Bei dem aktuell rekordverdächtigen Konjunkturniveau waren weitere Steigerungen kaum zu erwarten. Es wäre auch nicht gut, wenn es zu einer Überhitzung käme“, so Heinrich Grieshaber Präsident der Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben (IHK), zu den Ergebnissen der aktuellen IHK-Konjunkturumfrage.
Der momentane wirtschaftliche Boom steht nach Auffassung der IHK allerdings auf tönernen Füßen. Er ist Sonderfaktoren wie niedrigen Zinsen, Ölpreisen und Wechselkursen geschuldet. Ein Wegfall dieser Effekte und eine Zuspitzung der nicht gerade wenigen internationalen Krisen können den Höhenflug jäh beenden. „Das Gebot der Stunde lautet daher, wirtschaftliche Rahmenbedingungen zu verbessern, um für die Zukunft und eine plötzliche internationale Krise gewappnet zu sein. Wir erwarten daher von der neuen Regierung in Berlin entsprechenden Rückenwind. Die erheblichen Überschüsse in den öffentlichen Haushalten sollten dazu genutzt werden, die deutsche Wirtschaft zukunftsfest zu machen. Gerade jetzt ist ein deutliches Plädoyer für offene Märkte und mehr zukunftsgerichtete Investitionen durch den Staat, vor allem in die Digitalisierung, wichtig“, fordert Grieshaber.
63 Prozent der regionalen Unternehmen beurteilen ihre Geschäftslage gut, das ist ein Prozentpunkt weniger als im Frühjahr, aber das sind drei Punkte mehr als zu Jahresbeginn. 32 Prozent der Unternehmen sind mit ihrer Geschäftslage zufrieden, nur fünf Prozent beurteilen ihre Geschäftslage als schlecht. Damit ergibt sich zwar ein kleiner Knick in der Lagekurve, der Konjunkturverlauf bleibt dennoch auf Rekordhöhe. Der Auftragseingang verläuft überdurchschnittlich gut: 40 Prozent der Unternehmen rechnen mit steigenden Bestellungen. Starke Signale kommen aus dem Inland, aber auch die Exporterwartungen der Industrie bleiben trotz aller Fragezeichen – vor allem hinsichtlich der Politik in den USA – stabil.
Ein Ende des Beschäftigungsbooms ist ebenso nicht in Sicht. 28 Prozent der Unternehmen suchen Arbeitskräfte, unverändert neun Prozent wollen Personal abbauen. „Der fast leergefegte Arbeitsmarkt ist für die Unternehmen eine große Herausforderung und vielerorts ein Wachstumshemmnis“, warnt Grieshaber. Bei einer Arbeitslosenquote unter drei Prozent in der Region wird es immer schwieriger, Fachkräfte zu finden. Deshalb bleibt an erster Stelle der Risikoeinschätzung bei den Betrieben der Fachkräftemangel mit fast 60 Prozent der Nennungen. Als weitere Risiken nennen die Unternehmen Arbeitskosten, Rohstoffpreise und Wirtschaftspolitik.