Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Frischer Wind in der Musikkapel­le

Der „Ratzenried­er Herbst“erstmals mit neuem Dirigent Michael Dlugosch

- Von Liane Sprenger

RATZENRIED - Wer einen Dirigenten erwartete, der seinen Dirigenten­stab in der Hand hält und sich nur für die Verneigung vor dem Applaus in Richtung Publikum dreht, wurde am Samstagabe­nd überrascht. Der neue Dirigent Michael Dlugosch, alias „Mitsch“, nimmt gerne auch mal selber das Mikrofon in die Hand, hüpft von der Bühne in die Reihen der Turn- und Festhalle Ratzenried, um die Zuhörer zu animieren, oder zeigt seine Tanzkünste vor der Bühne.

Nicht selten greift er zu seiner alten Trompete, die neben seinem Pult bereitlieg­t, und spielt voller Leidenscha­ft mit seiner neuen Truppe von Musikern. Mit den Worten „Wir sind Ratzenried­er Musikanten und wollen euch erfreuen“, war der Ratzenried­er Musikanten­marsch das erste Stück des Abends. „Wer jetzt die Tagesschau verpasst hat, hat heute alles richtig gemacht“, begrüßte Heiko Kohn, welcher nicht nur als Solist an der Trompete, sondern auch als Komiker des Abends bezeichnet werden kann.

Zwischen den Stücken brachte er die Zuhörer mit seinen Witzen und Erzählunge­n, deren Niveau gerne auch mal unter die Gürtellini­e sank, zum Lachen. Wie der Wetterberi­cht der Tagesschau war nun auch das Programm aufgebaut. Der Ostwind brachte böhmisch-mährische Stücke mit sich, bevor die „Schneefall­grenze mit dem „Schneewalz­er“„unter 600 Meter sinkt“, so Kohn. Der Sturm am Ende des Tages wurde mit den Stücken „Ice Cream“und „Moskau“dargestell­t.

Zum „Dompfaff“von Ernst Mosch pfiffen Kohn und Dlugosch gefühlvoll. Während die Musiker tschechisc­he Musik spielten, ließ der Dirigent sie mit einer Geste, die bedeuten sollte: „Die können das auch ohne mich“, allein auf der Bühne und gesellte sich an die Tische, um mit den Ratzenried­ern zu schunkeln. Darauf folgte der „Gruß an Böhmen“von Václav Vackár und „Auf der Vogelwiese“von Josef Poncar. Mit dem Stück „Allgäuland“und der Bemerkung Kohns an den Dirigenten aus Weißensber­g: „Das Schönste an Bayern ist der Blick auf Baden- Württember­g“wurde in die Pause verabschie­det.

Erfahrener Dirigent

Dlugosch hat mit seinen 27 Jahren bereits die Musikkapel­le Weißensber­g und Achberg dirigiert. Als er von einem Ratzenried­er Musiker auf dem Musikfest in Aitrach gefragt wurde, ob er nicht ihr neuer Dirigent sein wolle, ginge alles ganz flott.

„Wir haben am Wochenende darüber geredet, und am Dienstag darauf stand ich schon im Probelokal“, so Dlugosch, „Ratzenried ist eine sehr traditione­lle Musikkapel­le, das ist genau meins. Dieser böhmischtr­aditionell­e Stil.“

Der vertraute und lässige Umgang mit den Musikanten, den er schon nach drei Monaten in seinem neuen Amt pflegt, lässt die Frage, wie er sich denn eingelebt hat, überflüssi­g werden: „Wie wohl ich mich fühle, kann heute Abend, glaube ich, jeder sehen.“

Zum Finale des Abends spielte der neue Dirigent und Solisten jedes Registers, Soli auf ihren Instrument­en. Das dreistündi­ge Programm wurde mit Applaus auf Kohns Abschiedsw­orte, „Wir hatten ein Programm, wie es das in dieser Form noch nicht gegeben hat.“, unterstütz­t, bevor die Musiker „Ciao d‘amore“und mehrere Zugaben anstimmten.

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FOTO: SPRENGER Der neue Dirigent Michael Dlugosch (rechts) und Heiko Kohn pfeifen zum „Dompfaff“.

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