Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Musik von Glenn Miller im Mittelpunkt
„Glenn’s Swing Orchestra“glänzt im Bad Wurzacher Kurhaus.
BAD WURZACH - Es hatte alles seine Richtigkeit. Die US-Uniformen, mit denen die Glenn-Miller-Band im 2. Weltkrieg aufgetreten war, die Klasse der Big-Band (Vier Saxofonisten, vier Posaunisten, Bass, Gitarre und Drums) und die Eröffnungsmelodie „In the mood“(In Stimmung) sowieso. Wer allerdings einen reinrassigen Glenn-Miller-Gedächtnisabend erwartet hatte, wurde an diesem Samstag im Bad Wurzacher Kurhaus eines besseren belehrt, alldieweil schon der Bandname „Glenn’s Swing Orchestra“signalisierte, dass sich hierbei nicht um die reine Glenn-MillerLehre handeln würde.
Auch der musikalische Werdegang der Band (Jazzfestival-Auftritte unter anderem in Montreux, Lüttich und Nizza) ließ für diesen Abend freie Interpretationen erwarten. Während Alton Glenn Miller, der Captain der US-Air-Force, sich zeit seines Schaffens dem lockeren Swing verschrieben hatte, huldigte das Swing Orchestra mit wechselnden Solo-Auftritten, aber stets konstanter Klasse, teilweise sehr freien Jazz-Improvisationen. Das schlug nach Einhörungsproblemen doch in Bann, weil rasch auch immer wieder jener Klangteppich ausgelegt wurde, den man – die Gnade der frühen Geburt vorausgesetzt – von den alten Brunswick-Platten mit dem Label Glenn Miller her kennt.
Eine virtuose Bigband mit lauter Männern ist gut. Ein Männer-Ensemble mit einer furiosen Sängerin ist besser. Weshalb Valerie Graschaire als Charleston-Lady gewandet aufzutreten hatte, bleibt wohl das Geheimnis des Arrangeurs, der das Prinzip „Everything goes“(Alles ist möglich) zur Maxime des Abends erhoben hatte, weshalb auch der Allzeit-Klassiker „Somewhere over the rainbow“an diesem Abend sein Plätzchen fand. Dass der Bandname den Namen Miller behutsam aussparte, hatte so schon seine Richtigkeit.
Ein runder Abend
Ob es dem perfektionistischen Bandleader, der angeblich in seiner Jahrzehnte langen Ehe mit der Gattin nur darüber Streit bekommen hatte, wie herum Klopapierrollen aufzuhängen seien, recht gewesen wäre?
Es bleibt ebenso im Dunkeln wie die Umstände des Ablebens Glenn Millers, der 1944 bei einem Flugzeugabsturz über dem Ärmelkanal ums Leben kam, man munkelt von „friendly fire“, Einwirkung eigener Kräfte also, da zu dieser Zeit keine deutschen Jagdflugzeuge mehr über dem Ärmelkanal patrouillierten und erfolglos zurückfliegende englische Bomber ihre explosive Last über dem Kanal und eben auch im Zweifelsfall über tieferfliegende, kleinere Flugzeuge abzuladen hatten. Genaues weiß man nicht, nur, dass seine Musik Glenn Miller überlebt hat, wofür der Samstagabend eindrucksvoll Indiz lieferte.
Dass Fred Astaire („Singin in the rain“) in diesem Melodienreigen, sozusagen Mixed Miller-Pickles, ebenso Gastrecht bekam wie Bert Brechts Hauskomponist Kurt Weill („Und der Haifisch, der hat Zähne“) passte in die Ankündigung von „generationenübergreifenden Evergreens“, wozu eben auch Millers Klassiker „Chattanooga Choo Choo“und das vom Publikum begeistert mitgetragene „Pennsylvania 6-5000“gehörten. Ein runder Abend der bezeichnenderweise so endete, wie er begonnen hatte, mit „In the Mood“. Ein Abend, der wirklich in Stimmung versetzt hatte.