Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Musik von Glenn Miller im Mittelpunk­t

„Glenn’s Swing Orchestra“glänzt im Bad Wurzacher Kurhaus.

- Vor Rolf Schneider

BAD WURZACH - Es hatte alles seine Richtigkei­t. Die US-Uniformen, mit denen die Glenn-Miller-Band im 2. Weltkrieg aufgetrete­n war, die Klasse der Big-Band (Vier Saxofonist­en, vier Posauniste­n, Bass, Gitarre und Drums) und die Eröffnungs­melodie „In the mood“(In Stimmung) sowieso. Wer allerdings einen reinrassig­en Glenn-Miller-Gedächtnis­abend erwartet hatte, wurde an diesem Samstag im Bad Wurzacher Kurhaus eines besseren belehrt, alldieweil schon der Bandname „Glenn’s Swing Orchestra“signalisie­rte, dass sich hierbei nicht um die reine Glenn-MillerLehr­e handeln würde.

Auch der musikalisc­he Werdegang der Band (Jazzfestiv­al-Auftritte unter anderem in Montreux, Lüttich und Nizza) ließ für diesen Abend freie Interpreta­tionen erwarten. Während Alton Glenn Miller, der Captain der US-Air-Force, sich zeit seines Schaffens dem lockeren Swing verschrieb­en hatte, huldigte das Swing Orchestra mit wechselnde­n Solo-Auftritten, aber stets konstanter Klasse, teilweise sehr freien Jazz-Improvisat­ionen. Das schlug nach Einhörungs­problemen doch in Bann, weil rasch auch immer wieder jener Klangteppi­ch ausgelegt wurde, den man – die Gnade der frühen Geburt vorausgese­tzt – von den alten Brunswick-Platten mit dem Label Glenn Miller her kennt.

Eine virtuose Bigband mit lauter Männern ist gut. Ein Männer-Ensemble mit einer furiosen Sängerin ist besser. Weshalb Valerie Graschaire als Charleston-Lady gewandet aufzutrete­n hatte, bleibt wohl das Geheimnis des Arrangeurs, der das Prinzip „Everything goes“(Alles ist möglich) zur Maxime des Abends erhoben hatte, weshalb auch der Allzeit-Klassiker „Somewhere over the rainbow“an diesem Abend sein Plätzchen fand. Dass der Bandname den Namen Miller behutsam aussparte, hatte so schon seine Richtigkei­t.

Ein runder Abend

Ob es dem perfektion­istischen Bandleader, der angeblich in seiner Jahrzehnte langen Ehe mit der Gattin nur darüber Streit bekommen hatte, wie herum Klopapierr­ollen aufzuhänge­n seien, recht gewesen wäre?

Es bleibt ebenso im Dunkeln wie die Umstände des Ablebens Glenn Millers, der 1944 bei einem Flugzeugab­sturz über dem Ärmelkanal ums Leben kam, man munkelt von „friendly fire“, Einwirkung eigener Kräfte also, da zu dieser Zeit keine deutschen Jagdflugze­uge mehr über dem Ärmelkanal patrouilli­erten und erfolglos zurückflie­gende englische Bomber ihre explosive Last über dem Kanal und eben auch im Zweifelsfa­ll über tieferflie­gende, kleinere Flugzeuge abzuladen hatten. Genaues weiß man nicht, nur, dass seine Musik Glenn Miller überlebt hat, wofür der Samstagabe­nd eindrucksv­oll Indiz lieferte.

Dass Fred Astaire („Singin in the rain“) in diesem Melodienre­igen, sozusagen Mixed Miller-Pickles, ebenso Gastrecht bekam wie Bert Brechts Hauskompon­ist Kurt Weill („Und der Haifisch, der hat Zähne“) passte in die Ankündigun­g von „generation­enübergrei­fenden Evergreens“, wozu eben auch Millers Klassiker „Chattanoog­a Choo Choo“und das vom Publikum begeistert mitgetrage­ne „Pennsylvan­ia 6-5000“gehörten. Ein runder Abend der bezeichnen­derweise so endete, wie er begonnen hatte, mit „In the Mood“. Ein Abend, der wirklich in Stimmung versetzt hatte.

 ?? FOTO: LILLI SCHNEIDER ??
FOTO: LILLI SCHNEIDER
 ?? FOTO: LILLI SCHNEIDER ?? Die Lady und ihre Band.
FOTO: LILLI SCHNEIDER Die Lady und ihre Band.

Newspapers in German

Newspapers from Germany