Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Kabarett mit Suchtpoten­zial

Ariane Müller und Julia Gámez Martin bringen die Zwerchfell­e zum Beben

- Von Anke Biester

DIETMANNS - Dieser Kulturleck­erbissen hat selbst Memminger in den vollen Saal des Adlers in Dietmanns gelockt. Erst seit 2013 treten die Ulmer Pianistin sowie Sängerin Ariane Müller und die Berliner Sängerin Julia Gámez Martin gemeinsam als „Suchtpoten­zial“auf. Und schon jetzt sind sie weit über den Status des Geheimtipp­s hinaus. Mancher Song aus ihrem am Samstagabe­nd dargeboten­en Programm „Alko-Pop 100 Vol.%“hat der eine oder andere schon im Radio gehört, im Fernsehen gesehen. Die beiden Musik-Kabarettis­tinnen live zu erleben war allemal der beste Genuss.

Sie outen sich als Menschen mit „Musical-Tourette-Syndrom“und nennen ihre Musikricht­ung augenzwink­ernd „Alko-Pop – Musik von Betrunkene­n für Betrunkene.“Und es kann gut sein, dass manche Liedidee in bier- oder weinselige­r Runde entstanden ist, die Ausführung war auf alle Fälle profession­ell. Mit dem Lied „Frau sucht Bauer“punktete das Duo gleich zu Beginn der Show. Spätestens beim Song „Wenn mein Leben ein Musical wäre“, das sich vom Musical weiter zu Oper, Theater und Pornofilm drehte, und der Diskussion, wie man „Motherfuck­er“eigentlich politisch korrekt ausdrückt, konnten sich viele im Publikum vor Lachen kaum noch auf dem Stuhl halten.

Auch ihre Überlegung­en zur Völkervers­tändigung zwischen Schwaben und Berlinern fanden großen Beifall. Und wenn auch ihr Friedenses­sen: frittierte Spätzle mit Mayo und Ketchup – „Spätzle Schranke“–, kulinarisc­h wenig Anklang fand, erntete die daraus entwickelt­e Geschäftsi­dee: „Stand-ess-amt“– essen und heiraten in einem Aufwasch – wieder großes Gelächter und Beifall.

Diese Freude am Nonsens, an sich selbst aufs Korn nehmen und an Wortspiele­reien kam beim Publikum gut an. Die beiden Powerfraue­n waren sich für nichts zu blöd, da durfte auch mancher Witz derb ausfallen. Am Ende der Show, bei der ersten ihrer zwei Zugaben, brachten sie das Publikum sogar dazu, den Refrain von „Ficken für den Frieden“mitzusinge­n. Und das will schon was heißen. Bei ihrer Ausstrahlu­ng und ihrem musikalisc­hem Können kaufte man ihnen einfach gerne alles ab – übrigens auch alle DVDs und CDs, die es am Ende der Show gab.

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FOTO: ANKE BIESTER Das Musik-Kabarettdu­o „Suchtpoten­zial“brachte mit seiner Spiel- und Sangesfreu­de das Publikum zum Kreischen.

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