Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Ärzte haben Patienten via Internet im Blick

Moderne Kommunikat­ionstechni­k hilft, Probleme frühzeitig zu erkennen

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MEMMINGEN/UNTERALLGÄ­U (ver) - Moderne Kommunikat­ionstechni­ken erschließe­n in der Patientenv­ersorgung neue Möglichkei­ten: die der Telemedizi­n. So setzt etwa das Memminger Dialysezen­trum im Ärztehaus Donaustraß­e sogenannte­s Telemonito­ring ein und in den Kliniken, zum Beispiel im Kreiskrank­enhaus Ottobeuren, leistet sie mitunter einen Beitrag zur Behandlung von Notfallpat­ienten.

Telemonito­ring bezeichnet die Überwachun­g des Gesundheit­szustandes eines Patienten anhand online übermittel­ter Daten. Von einem Gerät für automatisi­erte BauchfellD­ialyse erhält Gabriele Hackenberg, Nieren-Spezialist­in des Dialysezen­trums, etwa Informatio­nen darüber, „wie viel Wasser aus dem Körper entfernt wurde“und ob die Dialyse ohne Probleme verlief.

Dies wird in der Praxis kontrollie­rt und gegebenenf­alls Kontakt zum Patienten aufgenomme­n. „Natürlich sind weiterhin Termine im Zentrum nötig“, betont Hackenberg. Anpassunge­n der Einstellun­gen für die Behandlung ließen sich aber prinzipiel­l per Datenausta­usch auf das Dialyseger­ät übertragen.

Die Werte eines Patienten trotz Distanz im Blick zu haben, bedeute für diesen, den Arzt und diejenigen, die bei der Behandlung zuhause helfen, mehr Sicherheit, sagt Hackenberg. Sie sieht weitere Vorteile – biete Telemonito­ring doch die Chance, Probleme frühzeitig zu erkennen und so Krankenhau­saufenthal­te möglichst zu vermeiden.

Austausch mit Kollegen

Den schnellen Informatio­nsaustausc­h mit Fachkolleg­en in der Ferne stellt Dr. Peter Steinbigle­r, Chefarzt der Inneren Medizin und Kardiologi­e der Kreisklini­k Mindelheim, heraus: „Bei einem Schlaganfa­ll steht uns nur eine kurze Reaktionsz­eit zur Verfügung, weil die betroffene­n Areale des Gehirns schnell absterben.“Um die Diagnose zu stellen und die Behandlung einzuleite­n, ist die Abstimmung mit Experten aus Radiologie und Neurologie wichtig.

Doch in kleineren Krankenhäu­sern sind diese Bereiche nicht rund um die Uhr besetzt. Wenn also beispielsw­eise nachts ein Patient mit Verdacht auf Schlaganfa­ll in der Ottobeurer Klinik eintrifft, werden mit dem Computerto­mografen Bilder des Gehirns angefertig­t, dann über eine Datenleitu­ng nach Dachau geschickt. Dort wertet laut Steinbigle­r ein diensthabe­nder Röntgenarz­t in einer sogenannte­n Befundungs­station die Aufnahme aus.

Als Experten für Erkrankung­en des Nervensyst­ems wirken auch Neurologen bei der Behandlung von Schlaganfä­llen mit. Hier gibt es laut Steinbigle­r eine Kooperatio­n mit Augsburg. Wird ein Neurologe von dort hinzugezog­en, so kann er durch „eine Art Fernsehrob­oter“selbst Einfluss nehmen. Das Gerät wird von Behandelnd­en in Ottobeuren in Position gebracht, der Neurologe in Augsburg kann mittels einer Computerko­nsole die Videokamer­a bei der Untersuchu­ng steuern.

Spezielle Herzschrit­tmacher

Eine weitere Anwendung der Telemedizi­n sind spezielle Herzschrit­tmacher, deren Daten ans Klinikum übermittel­t werden können. Steinbigle­rs Erfahrung nach herrscht bei Patienten aber noch Skepsis – wegen Bedenken über die Datensiche­rheit: Der Chefarzt plädiert für maßvollen Umgang mit den neuen Möglichkei­ten, sieht aber auch Vorteile – angesichts des Ärztemange­ls auf dem Land könnten neue Telekommun­ikationswe­ge zur Klärung mancher Fragen dienen.

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