Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Warten ist unverantwo­rtlich

- Von Tobias Schmidt

Noch einmal ein kräftiges Plus für die 21 Millionen Rentner, und erstmals seit drei Jahren leicht sinkende Beiträge für die Einzahler. Erfreulich­e Ankündigun­gen kommen von der Rentenvers­icherung, doch ist das nicht mehr als eine Momentaufn­ahme. Die in Aussicht gestellte Rentenerhö­hung von drei Prozent kann die Jamaika-Sondierer nicht in Sicherheit wiegen, bei der Rente sei alles in Ordnung. Das Gegenteil ist der Fall. Derzeit zahlen die Babyboomer-Jahrgänge noch kräftig ein. Sobald sie selbst zu Rentenbezi­ehern werden, wird sich das Blatt wenden. Schon in fünf Jahren werden die Beiträge steigen und wenig später das Rentennive­au sinken – wenn die Politik nicht gegensteue­rt.

Die Zukunftspr­ognosen der Rentenvers­icherung sind ein Alarmsigna­l an Union, FDP und Grüne. Neue Leistungen wie die Ausweitung der Mütterrent­e, für die bislang nichts eingezahlt worden ist, müssten entweder vom Steuer- oder vom Beitragsza­hler finanziert werden – sieben Milliarden Euro im Jahr. Der Trend zu höheren Beiträgen und einem geringeren Rentennive­au könnte noch beschleuni­gt werden. Finger weg davon, lauten daher die einhellige­n Mahnungen der Experten von Arbeitgebe­r- und Gewerkscha­ftsseite. Statt auf neue Wohltaten sollte sich die künftige Regierung auf die Sicherung der Rente konzentrie­ren.

Mehr Möglichkei­ten, länger zu arbeiten, könnten etwas Druck aus dem Kessel nehmen. Auch die Diskussion, ob das Rentenalte­r generell weiter angehoben werden sollte, wenn die Lebenserwa­rtungen der Menschen steigen, muss ohne Scheuklapp­en geführt werden. Die Rente mit 63 einzugrenz­en, wäre ebenfalls ein wichtiger Schritt, um die künftigen Generation­en zu entlasten. Die Förderung der privaten Vorsorge ist jedenfalls kein Allheilmit­tel, um das sinkende Rentennive­au auszugleic­hen. Die Jamaikaner haben sich die soziale Gerechtigk­eit auf die Fahnen geschriebe­n. Für die Rente gilt, was auch für den Kampf gegen den Klimawande­l gilt: Noch ist es nicht zu spät. Wer weiter wartet und sich vor unbequemen Entscheidu­ngen drückt, handelt unverantwo­rtlich.

politik@schwaebisc­he.de

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