Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Titanische Klänge von Medtner und Rachmaninow
Das neue Album des kanadischen Ausnahmepianisten Marc-André Hamelin kombiniert Klavierkonzerte von Nikolaj Medtner und Sergej Rachmaninow. Trotz grundverschiedener Persönlichkeiten hatten die befreundeten russischen Tonsetzer viel gemeinsam. Beide waren Schüler des gestrengen Sergej Tanejew und anerkannte Klaviervirtuosen. Beide emigrierten in den Westen, litten aber zeitlebens unter Heimweh und blieben musikalisch ihren romantischen Wurzeln treu.
Medtners Konzert Nr. 2 c-Moll entstand 1922 und ist Rachmaninow gewidmet. Hamelins ebenso makellose wie kluge Interpretation macht ohrenfällig, wie viel die mächtige Kopfsatzkadenz dem dritten Konzert Rachmaninows verdankt.
Auch die opulenten, rhythmisch fiebrigen oder burlesken Texturen der Folgesätze spielen auf das Vorbild von 1909 an. Bei Hamelin ist die Balance von rhapsodischem Gestus und strenger Form in besten Händen. In hellwacher Interaktion mit dem London Philharmonic Orchestra unter Vladimir Jurowski türmt er die Tonmassen des dichten Klaviersatzes titanisch auf, ohne klare Ausleuchtung seiner Strukturen zu vernachlässigen. Die vitale, aufnahmetechnisch brillante Einspielung vereint scharfe Konturen mit üppigem Klang. (wmg)
Hamelin spielt Klavierkonzerte von Medtner und Rachmaninow; London Philharmonic, Vladimir Jurowski; hyperion CDA 68145