Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Starker Aufruf gegen Krieg und Gewalt
Bad Wurzach gedenkt am Volkstrauertag der Opfer und betet für Frieden auf der Welt
Klaus Schütt und zwei Schülerinnen finden in Bad Wurzach bewegende Worte.
BAD WURZACH - In einer würdigen Feier haben gestern Bürgerinnen und Bürger in Bad Wurzach der Opfer von Krieg und Gewalt gedacht. In einem feierlichen Zug gingen Stadtkapelle, Feuerwehr, Liederkranz, Landjugend, Blutreiter, zahlreiche Vereinsvertreter und die Fahnenabordnungen vom Rathaus zum Friedhof. Dort hielt stellvertretender Bürgermeister Klaus Schütt die nachdenklich machende Gedenkrede, nach der Kranzniederlegung und einem Choral der Stadtkapelle.
Schütt erinnerte an alle Menschen, die ihr Leben durch Krieg, Terror und Gewaltherrschaft verloren haben – und heute noch verlieren: „Zehn Millionen Tote und 21 Millionen Versehrte im Ersten Weltkrieg, 55 Millionen Tote und 35 Millionen Kriegsversehrte im Zweiten Weltkrieg sind die unfassbare Bilanz zweier mörderischer Kriege.“
Man trauere heute um die Menschen, die als Soldaten sterben mussten, aber auch um Kinder, Frauen und Männer aller Völker, die durch Krieg, Gefangenschaft oder als Vertriebene und Flüchtlinge ihr Leben verloren haben.
Und: „Wir gedenken heute auch derer, die ums Leben kamen, weil sie Widerstand gegen Gewaltherrschaft leisteten. Die den Tod fanden, weil sie an ihrem Glauben und an ihrer Überzeugung festhielten. Die getötet wurden, weil sie krank und behindert waren oder weil sie einer anderen Rasse angehörten“, sagte Schütt und betonte, von deutschem Boden dürfe nie wieder Krieg ausgehen.
Er wandte sich an die Jugend, die in Frieden und Freiheit aufwachsen durfte. Aus Respekt für die vielen Toten und als Mahnung für alle müsse die Nachkriegsgeneration den Kindern und Enkeln den Sinn des Volkstrauertages immer wieder nahe bringen. Der stellvertretende Bürgermeister zitierte aus Bibel und Koran, Worte gegen das Morden, sowohl im Christentum, als auch im Islam: „Und doch: Wie oft wurde und wird im Namen Gottes Krieg geführt?“
Auch auf das Flüchtlingsproblem ging Schütt ein. Zwölf bis 14 Millionen Menschen hätten infolge des Zweiten Weltkrieges Flucht und Vertreibung erlitten. „Sie wurden damals unter schwierigen Bedingungen von unseren Großeltern aufgenommen.“Heute spreche man von über einer Million Flüchtlingen aus Syrien, Afghanistan und anderen Ländern: „Nicht wir haben Grund zum Jammern, sondern all die, die ihre Familien, ihre Freunde, ihre Heimat verloren haben.“Man müsse ihnen helfen, aber auch versuchen, Krisen einzudämmen und vor Ort humanitäre Hilfe zu leisten.
Im Gebet bat Pfarrerin Barbara Vollmer um Frieden, damit der Mensch, Gottes Ebenbild, nicht weiter ermordet, getreten, geschlagen, missbraucht, geschändet und seiner Würde beraubt werde. Sie bat für die Mädchen, die zur Prostitution gezwungen werden, für die Kinder, die als Kindersoldaten töten müssen, für die Flüchtlinge, die Opfer von Schleppern werden. „Und wir bitten für die, die die Welt regieren und sich nicht beeindrucken lassen von diesem Leid“, mahnte Vollmer.
Auch die Jugend weiß von dem Unheil dieser Welt. Natalie Wieland und Stefanie Santos Ströbele, Zehntklässlerinnen der Bad Wurzacher Werkrealschule, berichteten, wie sie auf einmal Mitschüler aus Afghanistan, aus Syrien, dem Irak und anderen Ländern bekamen. Wie Krieg und Vertreibung plötzlich ganz nahe bei ihnen sind. Dass eben auch Deutschland von diesen Kriegen, von Flucht, Vertreibung und Terror betroffen ist.
Der Liederkranz intonierte „Fürchte dich nicht“, später „Von guten Mächten wunderbar geborgen“. Nach dem gemeinsamen „Vater unser“und der Nationalhymne verbeugten sich die Teilnehmer vor den Opfern, die Fahnenträger senkten ihre Fahnen. Danach ging es in stillem Zug zurück in die Stadt.