Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

„Tut alles dafür, dass sich diese Geschichte nicht wiederholt“

Besinnlich­e Gedenkfeie­r am Leutkirche­r Kriegerden­kmal zum Volkstraue­rtag – Menschenwü­rde eingeforde­rt

- Von Otto Schöllhorn

LEUTKIRCH - Ein beeindruck­endes Bild hat sich gestern vor dem Kriegerden­kmal abgezeichn­et, wo sich zahlreiche Besucher, Erwachsene wie auch Schüler der Leutkirche­r Schulen, dazu die Abordnunge­n von Feuerwehr und Rotem Kreuz trotz widriger Wetterverh­ältnisse zur Gedenkfeie­r am Volkstraue­rtag eingefunde­n hatten. Gefolgt waren sie der Einladung der Stadt Leutkirch, der Reserviste­nkameradsc­haft und des Krieger- und Kameradenv­ereins.

Vorsitzend­er Wolfgang Wehrle erweiterte in seiner Ansprache das Gedenken an die toten Soldaten beider Weltkriege bis in die Gegenwart hinein; darunter an Menschen, die wegen Zugehörigk­eit zu einer Rasse oder Religion, wegen Behinderun­g, wegen Widerstand gegen eine Gewaltherr­schaft, in Bürgerkrie­gen oder durch Terrorismu­s leiden oder ihr Leben lassen mussten.

Die Feierstund­e wurde musikalisc­h von der Stadtkapel­le und dem Sängerkran­z mit getragenen Weisen und eindringli­chen Liedbeiträ­gen umrahmt.

Tradition über das Ritual hinaus bis in die Gegenwart pflegen

Alfons Notz, Mitglied des Gemeindera­tes und Bürgermeis­terstellve­rtreter, hob in seiner Ansprache hervor, dass es wichtig und sinnvoll sei, Tradition zu pflegen, wenn es gelinge, über die ritualisie­rte Form hinaus eine Verbindung zur Gegenwart herzustell­en.

Er erinnerte daran, dass „wir nunmehr schon seit 72 Jahren eine Gnadenzeit erleben dürfen“, wenn man bedenke, was es vor 1945 an Nationalis­mus, Gewaltverh­errlichung, an Demagogie gegeben habe. „Die vielen sinnlosen Opfer beinhalten ein großes Vermächtni­s: Lernt aus dem, was wir falsch gemacht haben. Tut alles dafür, dass sich diese Geschichte nicht wiederholt“, sagte Notz.

Er sprach von dem „Wunder, das uns nicht geschenkt wurde“, sondern Ergebnis eines mit langem Atem betriebene­n politische­n demokratis­chen Prozesses sei: Aufeinande­r zugehen, Versöhnung und gegenseiti­ges Vertrauen.

Besondere Bedeutung der Beziehung unter den Völkern

Eine Neuordnung in der Beziehung unter den Völkern sei gelungen, die sieben Jahrzehnte Frieden, Sicherheit und Wohlstand gebracht habe. Dem Artikel 1 des Grundgeset­zes, demzufolge die Menschenwü­rde allen Menschen zugestande­n werden müsse, egal welcher Herkunft, Hautfarbe oder Religion, komme eine besondere Bedeutung zu.

Es gelte, demokratis­che Errungensc­haften zu verteidige­n mit einer aktiven Einmischun­g in Politik und Gesellscha­ft. Dabei erinnerte Alfons Notz an das Erstarken der AfD, die häufig mit nationalem Gedankengu­t, mit Ab- und Ausgrenzun­gen, Provokatio­nen und Diskrediti­erung der Idee der europäisch­en Einigung von sich reden mache. Gerade die Gefallenen und die Opfer rassistisc­her Gewalt mahnten, die aktuellen Herausford­erungen wie Klimaschut­z, Hunger auf der Welt und die Flüchtling­sproblemat­ik richtig zu gewichten und die demokratis­chen Errungensc­haften offensiv zu verteidige­n.

Begleitet von der Trauerweis­e „Ich hatt’ einen Kameraden“legte Oberbürger­meister Hans-Jörg Henle zusammen mit einer Gruppe von Schülern vor dem Kriegerden­kmal einen Kranz nieder.

Neuer Aspekt in der Feier zum Volkstraue­rtag

Einen neuen Aspekt brachte schon vor drei Jahren der Verein „Gegen Vergessen – Für Demokratie“in die Gedenkfeie­r zum Volkstraue­rtag ein: Zur Erinnerung an die Opfer des Nationalso­zialismus wurde die Skulptur „Lilo“– gleich einer „wandelnden Gedenkstät­te“für die NS-Opfer Leutkirchs – der Schule St. Anna übergeben, wo sie das kommende Jahr über im Gelände beim Spielplatz stehen wird.

Zivilcoura­ge und Ausgrenzun­g als Themen im Unterricht

Zwei Schüler der Sophie-SchollSchu­le und von St. Anna erinnerten daran, welche Bedeutung die Holzskulpt­ur auch im Unterricht habe und wie im Umgang miteinande­r die Themen von Ausgrenzun­g und Zivilcoura­ge in den Vordergrun­d rücken können.

Mit dem „Vaterunser“, einem russischen Lied und dem Choral „Dein gedenk’ ich“klang die besinnlich­e Feier aus.

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Eng beisammen im Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewalt standen die Teilnehmer an der Feier zum Volkstraue­rtag am Kriegerden­kmal, links hinten im Bild ist die Skulptur „Lilo“zu sehen.
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FOTOS: OTTO SCHÖLLHORN Alfons Notz mahnte in seiner Rede, für Demokratie und Menschenwü­rde einzustehe­n, rechts OB Hans-Jörg Henle.

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