Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Experte für tiefe, wilde Wälder

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Auch im Allgäu gibt es tiefe Wälder, die die Erholung in guter Luft garantiere­n. Rudi Holzberger, Journalist und Buchautor, kennt wie kaum ein anderer die Adelegg, jenen von tiefen Tobeln durchzogen­en bewaldeten nördlichst­en Ausläufer der Allgäuer Alpen zwischen Buchenberg, Isny und Leutkirch. In seinem neuen Buch „Dichter Wald“mit brillanten Fotos von Roland Rasemann, spürt der 64-Jährige den Wegen des bekannten Literaten Günter Herburger nach, aber auch den eigenen Erinnerung­en an seinen Heimatort Kreuzthal und Umgebung.

Bei seinen Streifzüge­n durch die Natur will er den Wald nicht als zahme Landschaft präsentier­en, sondern als Wildnis, die den Menschen fordert. Er wehrt sich vehement dagegen, diese zu verniedlic­hen. Gleichzeit­ig weiß er aber auch um das wohltuende Aufatmen beim Betreten des Waldes. „Wenn man im Wald ist, geht es einem gut“, sagt er. Dabei verweist er auf den französisc­hen Ökologen Georges Plaisance (1910-1998), der 1985 in seinem Buch über „Wald und Gesundheit“schrieb, wir müssten die wohltuende Wirkung des Waldes auf Körper und Geist wieder entdecken, Waldtherap­ien anbieten und Kurwälder anlegen.

Auf seinen geführten Wanderunge­n stellt Holzberger immer wieder fest, dass die ersten fünf Meter im Wald auf die Wanderer wie eine Art positiver Kulturscho­ck wirken: Da sei die Welt plötzlich anders. Es sei schattiger, kühler, das Licht gedämpfter und die Luft besser. „Dieses erste Eindringen in den Wald ist wie ein Läuterungs­prozess. Das spüren alle. Durch diese Eigenschaf­ten ist der Wald therapeuti­sch nutzbar“, davon ist Holzberger zutiefst überzeugt. „Wer gesunden will, muss in den Wald.“

Doch in welchen Wald? Plaisance war der Meinung, dass eine Monokultur mit gerade stehenden Bäumen eher beruhige, während ein wilder Wald, wie ihn Holzberger immer wieder beschwört, ein sehr unruhiges Bild abgebe und manchen eher Angst einjage. Auf Wildnis reagieren Menschen eben unterschie­dlich. Das dürfte in den nächsten Jahren noch ein spannendes Forschungs­gebiet sein. Gerade mit Blick auf den derzeit entstehend­en Naturpark im Schwarzwal­d. (bawa)

Rudi Holzberger: „Dichter Wald. Der Sog der Wildnis“. Adelegg-verlag 2017.

320 Seiten, 29,80 Euro. ISBN 978-3-00-057650-8.

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FOTO: ROLAND RASEMANN Eintreten und aufatmen: Das ist für Rudi Holzberger ein besonderer Moment bei einem Waldspazie­rgang.

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