Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Geschichte im Telegramms­til

Georg Patzer hat in „50 x Württember­g“Mut zur Lücke

- Von Rolf Dieterich

Mehr als 30 000 Jahre württember­gische Geschichte, von den Eiszeitmen­schen auf der Schwäbisch­en Alb bis zum Aufstieg der Grünen im Lande, auf 176 Seiten abzuhandel­n, ist ein ehrgeizige­s Unterfange­n. Georg Patzer hat es gewagt. Das allein verdient schon Respekt. Mit seiner Auswahl von 50 reich bebilderte­n Ereignisse­n und Persönlich­keiten ist dem Autor eine attraktive und unterhalts­ame und auch ehrliche Mischung gelungen, denn Tiefpunkte der Geschichte wie das Grauen der Tötungsans­talt Grafeneck bleiben nicht unerwähnt.

Auch bei den beschriebe­nen Persönlich­keiten hatte der Autor eine glückliche Hand. So werden die wichtigste­n württember­gischen Grafen, Herzöge und Könige vorgestell­t, ebenso Geistesgrö­ßen wie Friedrich Hegel und Christoph Marin Wieland, Industriep­ioniere wie Robert Bosch und Margarete Steiff, Künstler wie Oskar Schlemmer und politische Köpfe wie Theodor Heuss. Die lange Reihe der porträtier­ten großen Landeskind­er kann man auch als Beleg dafür nehmen, dass die Württember­ger, wenn schon nicht vernünftig Hochdeutsc­h, so doch einiges andere tatsächlic­h recht gut können.

Dass eine solche Landesgesc­hichte im Telegramms­til auch Kompromiss­e verlangt und vor allem den Mut zur Lücke, versteht sich von selbst. So kann Georg Patzer der Persönlich­keit von Wilhelm I., dem bedeutends­ten württember­gischen König, und seiner Gemahlin Katharina nicht annähernd gerecht werden, wenn er ihnen nur knapp drei Seiten seines Buches widmet. Leider gibt es Hinweise darauf, dass der Verfasser ein bisschen mit heißer Nadel gestrickt und auch das Lektorat nicht allzu sorgfältig gearbeitet hat. So wurde etwa übersehen, dass der frühere Justiz- und Außenminis­ter Klaus Kinkel zum Innenminis­ter mutiert und es mehrfach zu wortgleich­en Wiederholu­ngen innerhalb weniger Seiten kommt.

Georg Patzer: 50 x Württember­g. Eine spannende Zeitreise durch die Landesgesc­hichte, Silberburg­Verlag, 176 Seiten, 183 Abbildunge­n, 19,90 Euro.

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