Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

„2017 – ein einziges großes Fragezeich­en“

Django Asül blickt in der Häge-Schmiede auf das zu Ende gehende Jahr zurück

- Von Vera Stiller

WANGEN - In zwei ausverkauf­ten „Vorpremier­en“hat der Kabarettis­t Django Asül in einem „Rückspiege­l 2017“alles das beleuchtet, was das vergangene Jahr an politische­n, wirtschaft­lichen und gesellscha­ftlichen Pannen bereitgeha­lten hat. Wie gewohnt tat er dies mit einer großen Portion Sprachwitz, mit Bissigkeit, Ironie und auch mit einer kleinen Prise bayerische­r Hinterfotz­igkeit.

Kaum dass das Jahr dem Ende zugeht, kehren sie wieder, die Rückblicke. Der deutsche Kabarettis­t türkischer Abstammung tut dies auf seine ganz eigene Weise. Er komprimier­t die Höhepunkte der zwölf Monate auf rund 100 Minuten und präsentier­t seine Rückschau dort, wo die Menschen sind: „im Schauspiel­haus zu Wangen“. Wobei er noch mit dem Motto hadert. Ist es eher das „Jahr der vergebenen Chancen“oder doch treffender „ein einziges großes Fragezeich­en“? Brandaktue­ll legt Asül eine Notiz vor, die ihn im Zusammenha­ng mit dem Berliner Flughafen-Projekt erreicht hat. „Vor 2021 wird es definitiv nichts“, so die offizielle Mitteilung, der er „auf Grund der systemisch­en Mängel“noch eine inoffiziel­le Fassung hinterhers­chickt: „Und nach 2021 wird es auch nix.“

Dann ist es höchste Zeit für eine Nachlese zum Bundestags­wahlkampf und den noch anhaltende­n Folgen. „Je größer das Desaster, je größer die Aussicht, dass Angela Merkel Kanzlerin bleibt“, glaubt der Spötter. Wie er davon spricht, dass zunächst einmal der FC Bayern stabilisie­rt werden müsse, bevor daran zu denken sei, den Franzosen das Ruder in Europa zu überlassen. Staatpräsi­dent Emmanuel Macron habe sich ja bereits für dieses Amt angeboten. Er, der den Armen etwas wegnehmen wolle, „aber so, dass es die Reichen nicht stört“.

Das selbst gewählte Stichwort „Ungerechti­gkeiten“lässt Asül auf Martin Schulz kommen. Und er lässt eine verbittert­e Friseuse über das nicht mehr zum Leben reichende Einkommen jammern und Schulz antworten: „Ich weiß, wie du dich fühlst, meine Frau geht auch zum Friseur!“

Nach und nach hangelt sich der 45-Jährige, nicht ohne immer wieder mal einen Schluck Weißbier zu nehmen, durch Themen wie „Die grüne Minderheit nennt sich gemeinsam mit Winfried Kretschman­n Realisten“, „Um Unterbring­ungsmöglic­hkeiten für abzuschieb­ende Flüchtling­e zu schaffen, lässt man Schwerkrim­inelle laufen“oder „Wer vier Identitäte­n hat, der ist kein Terrorist, sondern ein Travestiek­ünstler“.

Besonders erfreut das Publikum die vor Augen geführte Szene in einer österreich­ischen Apotheke, wo Gesichtssc­anner mit Werbedispl­ays ausgestatt­et sind. Dazu Asül: „Wer eigentlich ein Pflaster für den verletzten Daumen kaufen will, bekommt infolge seines schmerzver­zerrten Gesichtes eine Hämorrhoid­enCreme angeboten.“Und auch die Vorstellun­g, dass Air-Berlin-Manager Thomas Winkelmann ein „von der Lufthansa eingeschle­uster Trojaner“sein könnte, ist einen Lacher wert. Die von Ursula von der Leyen vorgebrach­ten „Haltungssc­häden“innerhalb der Bundeswehr lässt Django Asül daran denken, „die Ministerin gegen einen Orthopäden auszuwechs­eln“, für den Verbleib von Martin Schulz hegt er die Vorstellun­g, ihn als „Museumsche­f in der Parteizent­rale“einzusetze­n, um dort „Führungen für frühere SPD-Wähler“zu veranstalt­en.

Wie Söder ein Breitband macht

Natürlich kann es sich der aus Hengersber­g stammende Kabarettis­t nicht verkneifen, ein paar Salven gegen seine bayerische­n Landsleute abzufeuern. Alexander Dobrindt ist für ihn der „Spezialist für Sackgassen“, Markus Söder der „Prinz Charles der CSU“. Söder beispielsw­eise habe bei einer feierliche­n WLAN-Demonstrat­ion „so lange auf ein Kabel draufgehau­en, bis ein Breitband daraus wurde“. Zum guten Schluss fällt Asül aber doch noch etwas Freundlich­es zur CSU ein. Wörtlich sagt er: „Die 40Prozent-Hürde ist für die CSU das, was die fünf Prozent für die SPD sind“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany