Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Vodafone-Betrug am See und im Allgäu
Täter hatte offenbar Vorbild in Ravensburg
FRIEDRICHSHAFEN - VodafoneShops in Friedrichshafen und Kempten sollen Verträge von Kunden gefälscht und Handys anderweitig verkauft haben. Jetzt wurde bekannt: Der Täter kopierte mutmaßlich ein Betrugssystem aus Ravensburg.
In rund 100 Fällen, das haben die Staatsanwaltschaft Ravensburg und ein Sprecher von Vodafone am Donnerstag bestätigt, sollen in den Mobilfunk-Filialen systematisch Kundendaten missbraucht worden sein. Betroffen sind ein Vodafone-Shop in der Altstadt von Friedrichshafen und – wohl in geringerem Maß – einer in Kempten.
„Der Kunde geht rein, schließt einen Vertrag ab und erhält in der Regel ein Handy oder Tablet dazu“, erklärt Staatsanwältin Christine Weiss das reguläre Vorgehen beim Kauf eines neuen Handys, Smartphones oder Tabletcomputers. In Friedrichshafen und Kempten hätte der Inhaber der Betriebe allerdings weitere Verträge abgeschlossen, sobald bestimmte Kunden das Geschäft wieder verlassen hätten.
Für diese fingierten Verträge hätten der mutmaßliche Betrüger einerseits Provisionen von Vodafone erhalten. Andererseits seien Handys und Tabletcomputer geliefert worden, die der Ladenbetreiber dann privat verkauft und sich daran bereichert hätte. Das bestätigt auch ein Sprecher von Vodafone Deutschland.
Laut dem Pressesprecher war der Geschäftsführer der Vodafone-Shops in Friedrichshafen und Kempten rund sechs Jahre für den Mobilfunkkonzern tätig. Fünf Jahre lang seien die Geschäfte laut internen Ermittlungen des Konzerns völlig problemlos verlaufen. Doch Anfang 2017 sei es dann zu Unregelmäßigkeiten gekommen. „Da hat er offenbar begonnen, Verträge abzuwickeln, die der Kunde gar nicht gebucht hat“, so der Sprecher.
Laut Vodafone seien die Unregelmäßigkeiten recht schnell in einem unternehmensinternen Prüfverfahren aufgefallen. Es habe vermehrt Reklamationen aus Friedrichshafen und Kempten gegeben und es hätten wohl auch andere Geschäftsdaten nicht zusammengepasst.
Showdown mit dem Sicherheitsdienst
Vodafone habe daraufhin begonnen, Beweise für den Betrug in den Geschäften zu sammeln. Es sei klar erkennbar gewesen, dass die falschen Verträge mit „krimineller Energie“zu Stande gekommen seien. Im April hat Vodafone nach eigenem Bekunden die Polizei in den Fall eingeschaltet. Gleichzeitig habe man genügend Beweise für eine fristlose Kündigung des Geschäftsführers in Händen gehabt.
Am Mittwoch kam es dann offenbar zum Showdown in der VodafoneFiliale Friedrichshafen. Begleitet von einem Sicherheitsdienst habe der Konzern die Filialen in Friedrichshafen und Kempten geschlossen. Der Geschäftsführer soll keine Ahnung gehabt haben, dass der eigene Konzern und die Polizei gegen ihn ermittelt hätten.
Dabei hätte er offenbar allen Anlass gehabt, sich zu fürchten. Den laut dem Vodafone-Sprecher war der Unternehmer aus Friedrichshafen nicht von allein auf das Betrugskonzept gekommen. Vielmehr habe er ein Betrugsmodell aus Ravensburg kopiert, das bereits im März 2017 aufgeflogen war. Der Vodafonesprecher sagt: „Es ist unstrittig: Der Geschäftsführer aus Friedrichshafen und der aus Ravensburg kannten sich.“
Nach eigenen Angaben hat Vodafone inzwischen alle fragwürdigen Mobilfunk-Verträge, die in Friedrichshafen und Kempten abgeschlossen worden seien, überprüft. Kunden seien in vollem Umfang für entstandene Verluste entschädigt worden. „Wir haben das rigoros aufgeklärt. Dieser Fall ist ein Beweis dafür, dass das interne Frühwarnsystem von Vodafone funktioniert“, so der Sprecher.
Demnach sei trotz der insgesamt hohen Zahl von 100 Betrugsfällen nur ein geringer Anteil der Vodafone-Kunden in Friedrichshafen und Kempten persönlich betroffen. Der Täter habe darauf geachtet, das Gros aller Verträge sauber und ordentlich abzuwickeln um nicht aufzufallen. Man gehe davon aus, dass mittlerweile praktisch jeder Schadensfall reguliert wurde und praktisch kein betroffener Kunde durch das Raster gefallen sei.
Aufgeflogen ist der Fall aber offenbar auch dank etwas Glück. Laut Staatsanwältin Christine Weiss soll einer der Mitarbeiter des Shops die Betrugsgeschichte erzählt haben, als aus ganz anderem Grund gegen ihn ermittelt wurde: Wegen eines Drogenvergehens.
Die Ermittlungenl sind derzeit noch nicht abgeschlossen. Zu einer Anklage soll es frühestens im neuen Jahr kommen. Für Betrug und Urkundenfälschung sieht das Gesetz einen Strafrahmen von bis zu fünf Jahren Haft oder Geldstrafe vor.
Die Vodafone-Geschäfte in der Innenstadt von Friedrichshafen und in Kempten wurden von Vodafone mittlerweile geschlossen. Kunden in Friedrichshafen werden derzeit an das Geschäft in der Ailinger Straße verwiesen. Laut Vodafone sollen die Geschäfte in Friedrichshafen und Kempten bereits am Montag, 4. Dezember, unter einem ganz neuen Geschäftsführer öffnen. Auch das Vodafone-Geschäft im Bodenseecenter Friedrichshafen hat offenbar dem selben Geschäftsführer gehört, der jetzt in Friedrichshafen und Kempten Kunden und den Konzern betrogen haben soll. Offenbar ist es aber längst unabhängig vom Betrugsfall an einen neuen Betreiber übergeben worden.