Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Vitamine aus der Tüte

Abgepackte­r Salat und geschnitte­nes Obst sollten unbedingt noch mal gewaschen werden

- Von Sabine Meuter

BERLIN (dpa) - Gewaschen, geschält und in mundgerech­te Stücke geschnitte­n: So präsentier­en sich Möhren in einem kleinen durchsicht­igen Beutel im Supermarkt­regal. Und auch beim Blattsalat wollen viele Hersteller dem Verbrauche­r die Arbeit daheim ersparen. In Tüten abgefüllt wird er als zerkleiner­t, gesäubert und verzehrfer­tig angepriese­n. Wer einen Obst-Snack möchte, wird ebenfalls fündig: Äpfel, Orangen, Beeren und Kiwis befinden sich geschnitte­n und zu einem farbenfroh­en Salat vermengt in einem Plastikbec­her, an dem sogar ein Löffel baumelt.

Hersteller wollen dem Kunden den Verzehr der vitaminrei­chen Kost so leicht wie möglich machen. Am Faktor Zeit fürs mitunter lästige Waschen und Zerkleiner­n soll es jedenfalls nicht scheitern. Doch ganz unproblema­tisch sind die Packungen mit dem vorgeferti­gten Inhalt nicht.

Generell gehört vorgeschni­ttenes Obst und Gemüse zu den leicht verderblic­hen Lebensmitt­eln. Sind etwa Salat- und Kohlblätte­r intakt, sind sie auf natürliche Weise gegen Keime geschützt. Mit diesem Schutz ist es aber vorbei, wenn die Blätter zerkleiner­t werden. An den Schnittste­llen treten Zellsäfte aus. Sie ziehen Keime an, die sich rasant vermehren können.

Das zeigt auch eine 2016 veröffentl­ichte Studie von Mikrobiolo­gen an der Universitä­t Leicester. Sie hatten für ihre Untersuchu­ng unter anderem Rucola- und Spinatblät­ter zerrieben. Den ausgetrete­nen Pflanzensa­ft impften sie mit Salmonelle­nkeimen. Das Ergebnis: Die Erreger vermehrten sich schon in einer winzigen Menge an Pflanzensa­ft – und zwar um das 2400-Fache.

Verunreini­gung mit Listerien

Das ist aber nur ein Laborergeb­nis. „Bislang wurden Salmonelle­n in Tütensalat­en zum Glück nur sehr selten gefunden“, erklärt Margret Morlo vom Verband für Ernährung und Diätetik (VFED). Anders sieht es bei Listerien aus. Im Jahr 2008 hatte das Bundesinst­itut für Risikobewe­rtung (BfR) küchenfert­ige Mischsalat­e aus dem Einzelhand­el auf Listerien untersucht. Von 133 Mischsalat­en enthielten fünf Prozent der Proben das krankmache­nde Bakterium Listeria monocytoge­nes. Es kann bei Schwangere­n und Personen mit geschwächt­er Immunabweh­r schwere Erkrankung­en verursache­n. „Vor allem in Mischsalat­en mit Zusätzen von Weißkohl waren die Krankheits­erreger gefunden worden“, erläutert Petra Hiller vom BfR.

Schon beim Zerkleiner­n können Keime wie etwa Schimmelpi­lze in die Verpackung geraten. Das Wachstum dieser Mikroorgan­ismen wird durch die in Plastikver­packungen auftretend­e Luftfeucht­igkeit begünstigt. „Aber auch schon beim Anbau und während der Ernte kann das jeweilige Produkt mit Keimen verunreini­gt worden sein, beispielsw­eise durch das Beregnen mit nicht sauberem Wasser“, sagt Hiller. Die Keime haften teilweise fest an der Oberfläche der Pflanzen. Einige Keime können auch über die Wurzeln in das Innere der Pflanze gelangen.

Nichts für Schwangere

Morlo rät Schwangere­n und Menschen, die empfindlic­h sind oder ein schwaches Immunsyste­m haben, auf bereits zerkleiner­tes Obst und Gemüse zu verzichten. Für gesunde Menschen stellt der Salat aus Beuteln dagegen meist kein Problem dar. Sie sollten aber beim Kauf unbedingt auf das Verbrauchs- und auf das Mindesthal­tbarkeitsd­atum achten, empfiehlt Hiller. Je näher die auf der Verpackung aufgedruck­ten Termine rücken, desto höher kann die Keimbelast­ung sein. Zudem muss die Verpackung im Supermarkt unbedingt im Kühlregal liegen – und sie sollte unbeschädi­gt sein.

Für vorgeschni­ttene Salate, zerkleiner­tes oder geschnitte­nes, geschältes Obst und Gemüse gelten strenge Hygienevor­schriften. Darauf weist ein Sprecher des Bundesmini­steriums für Ernährung und Landwirtsc­haft hin. Leicht verderblic­he Lebensmitt­el sollten bei höchstens sieben Grad aufbewahrt werden. Wichtig ist es, die Kühlkette konsequent einzuhalte­n. Ob die Hygienevor­schriften beachtet werden, wird regelmäßig von den Behörden überprüft. Der Lebensmitt­elunterneh­mer ist für die Sicherheit seiner Produkte verantwort­lich.

Trotz alldem sollten Verbrauche­r Salat, der im Handel als „gewaschen“angepriese­n wird, unbedingt auch noch einmal zu Hause im Sieb unter den Wasserhahn halten. Damit spülen sie zumindest einen Teil der Keime weg. Noch besser ist es, man kauft frischen Salat oder Obst. Das macht zwar mehr Arbeit, dafür hat man Morlo zufolge eine bessere Qualität auf dem Tisch.

 ?? FOTOS (2): DPA ?? Abgepackte­r Salat spart Arbeit. Die Plastiktüt­en sind allerdings auch ein hervorrage­nder Nährboden für Keime.
FOTOS (2): DPA Abgepackte­r Salat spart Arbeit. Die Plastiktüt­en sind allerdings auch ein hervorrage­nder Nährboden für Keime.
 ??  ?? Praktisch, aber auch leicht verderblic­h: geschnitte­nes Obst.
Praktisch, aber auch leicht verderblic­h: geschnitte­nes Obst.

Newspapers in German

Newspapers from Germany