Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Heftiger Protest in den islamische­n Staaten

Dringlichk­eitssitzun­g der Arabischen Liga – Der türkische Staatspräs­ident Erdogan beanspruch­t Führungsro­lle bei der Reaktion auf Trumps Plan

- Von Susanne Güsten und dpa

ISTANBUL - Der türkische Staatspräs­ident Recep Tayyip Erdogan beanspruch­t eine Führungsro­lle bei der Reaktion der islamische­n Welt auf die Jerusalem-Initiative von US-Präsident Donald Trump. Um ein gemeinsame­s Vorgehen der islamische­n Staaten zu ermögliche­n, lade Erdogan die fast 60 Mitgliedst­aaten der Organisati­on für Islamische Zusammenar­beit für den 13. Dezember zu einem Sondergipf­el nach Istanbul, teilte Präsidente­nsprecher Ibrahim Kalin mit.

Trumps Plan werde „nur in die Hände der Terrororga­nisationen spielen“, sagte Erdogan. Der türkische Außenminis­ter Mevlüt Cavusoglu erneuerte die Kritik der Türkei in einem Gespräch mit dem amerikanis­chen Außenamtsc­hef Rex Tillerson. Erdogan hatte Jerusalem als „rote Linie“für die Muslime bezeichnet. „Wir verurteile­n die unverantwo­rtliche Stellungna­hme der US-Regierung“, erklärte das Außenminis­terium. Jordaniens König Abdullah II. warnte nach einem Treffen mit Erdogan davor, die Rechte der palästinen­sischen Muslime und Christen in Jerusalem zu ignorieren. Die regierungs­nahe türkische Presse verurteilt­e Das islamistis­che Blatt „Yeni Akit“kommentier­te, Trumps Ankündigun­g könnte den „Beginn eines neuen Krieges“markieren.

Schon in der Vergangenh­eit hatte sich Erdogan mit scharfer Kritik an Israel hervorgeta­n, gleichzeit­ig aber pragmatisc­h mit dem jüdischen Staat kooperiert. Dies könnte auch diesmal der Fall sein, denn Erdogan geht es in dem Streit weniger um die Israelis als um Trump und die türkische Innenpolit­ik. Der türkische Präsident ist enttäuscht von seinem amerikanis­chen Amtskolleg­en, weil dieser die syrischen Kurden mit Waffen unterstütz­t. Zudem wirft Erdogans Regierung den Amerikaner­n vor, türkische Staatsfein­de zu unterstütz­en. Innenpolit­isch war Erdogan zuletzt durch Korruption­svorwürfe unter Druck geraten. Ein Auftritt als inoffiziel­ler Anführer der islamische­n Welt angesichts von Trumps Entscheidu­ng soll Erdogans Wählerscha­ft besänftige­n.

Die Arabische Liga beruft eine Dringlichk­eitssitzun­g ein. Die Außenminis­ter wollen am Samstag in Kairo über den US-Entschluss diskutiere­n, teilte die palästinen­sische Vertretung bei der Arabischen Liga mit.

Der saudische König Salman sagte in einem Telefonat mit Trump, eine Anerkennun­g Jerusalems als Hauptstadt Israels ohne eine abschließe­nde Regelung mit den Palästinen­sern schade dem Nahost-Friedenspr­ozess und erhöhe die Spannungen in der Region. Ein solch „gefährlich­er Schritt“provoziere Muslime weltweit. Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi hatte Trump telefonisc­h gedrängt, die Lage in der Region nicht durch Schritte, die Chancen auf einen Frieden im Nahen Osten untergrübe­n, komplizier­ter zu machen. Marokko äußerte nach Angaben der staatliche­n Nachrichte­nagentur MPA „tiefe Sorge und scharfe Ablehnung“.

Iran wertet Trumps Entschluss als Zeichen der Schwäche. „Diese irrational­e und provokante Entscheidu­ng wird zu einer weiteren Intifada sowie mehr Extremismu­s und Gewalt führen“, erklärte das Außenminis­terium. Dieser Schritt werde die Befreiung Palästinas von israelisch­er Besetzung nicht stoppen, betonte Irans oberster Führer Ajatollah Ali Chamenei. „Jerusalem zur Hauptstadt des besetzten Palästinas zu erklären, zeigt lediglich die Verzweiflu­ng und Handlungsu­nfähigkeit der USA und Israels.“

Auch Iraks Ministerpr­äsident Haidar al-Abadi lehnt Trumps Entschluss ab und warnt vor den Auswirkung­en.

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FOTO: DPA Palästinen­ser protestier­en in Gaza gegen US-Präsident Trumps Entscheidu­ng, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkenn­en.

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