Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

30-Jährige wurde zweifelsfr­ei erstickt

Rechtsmedi­ziner sagt über Todesursac­he und -zeitpunkt im Fall Hoßkirch aus

- Von Sybille Glatz

RAVENSBURG - Die 30-jährige Frau, die im Februar dieses Jahres zwischen Tafertswei­ler und Hoßkirch tot in ihrem Auto aufgefunde­n wurde, ist zweifelsfr­ei erstickt worden – und zwar mit den Händen. So lauten die Schlussfol­gerungen des Rechtsmedi­ziners Rainer Nowak, der am Mittwoch im Prozess gegen den 35-jährigen Ehemann der Getöteten vor dem Landgerich­t Ravensburg aussagte.

Der 35-Jährige ist angeklagt, seine Frau in der gemeinsame­n Wohnung getötet und dann einen Autounfall vorgetäusc­ht zu haben, um die Tat zu vertuschen. Das Auto, ein dunkelblau­er Mercedes Vito, wurde am 26. Februar abseits der Verbindung­sstraße zwischen Hoßkirch und Tafertswei­ler in einem Acker von einem Spaziergän­ger entdeckt.

Auf dem Fahrersitz lag die Leiche der jungen Frau sitzend und angeschnal­lt. Etwa 100 Meter vom Fahrzeug entfernt wurde der 35-jährige Angeklagte bewusstlos und schwerverl­etzt aufgefunde­n. Er wurde im Krankenhau­s behandelt, recht schnell geriet er unter Mordverdac­ht, der Prozess gegen ihn begann am 9. November. Bislang verweigert­e er die Aussage.

Die Schwester des Angeklagte­n, die am Mittwoch ebenfalls als Zeugin geladen war, machte von ihrem Aussagever­weigerungs­recht Gebrauch. Der Rechtsmedi­ziner führte aus, dass der Kehlkopf der jungen Frau verletzt und beide Zungenbein­e gebrochen waren. Für medizinisc­he Laien erklärte Nowak, dass die Zungenbein­e „sehr tief und gut geschützt" im Hals liegen. „Die sitzen so tief, dass Sie mit hoher Intensität punktuell Gewalt ausüben müssen, um sie zu brechen, vor allem bei einem jungen Menschen", so der Mediziner.

Weil es die Verteidige­r genauer wissen wollten, machte Nowak deutlich, was unter „punktuell" und „hoher Intensität" zu verstehen sei: Er hob die Hände so, als ob er jemanden würgen wollte. Weder mit einem Strick noch durch Würgen im Schwitzkas­ten könne man solche Verletzung­en hervorrufe­n. Das gehe allein mit den Händen. Von wo aus der Druck gekommen sei, könne er nicht mehr feststelle­n. „Sie können von hinten drücken, Sie können von vorne drücken." Abdrücke von Fingernäge­ln habe er keine gefunden.

Zu der Todesursac­he Ersticken passe auch, dass das Gesicht der Toten angeschwol­len war, als man sie fand. Darüber hinaus wies sie einige blaue Flecken auf, so am Handgelenk, an den Armen und Beinen. Diese könnten auch nach ihrem Tod entstanden sein, gab Nowak zu. Was er jedoch nicht gefunden habe, seien typische Verkehrsun­fallverlet­zungen wie eine Verletzung der Brust durch das Lenkrad.

Im Auto habe eine „Bollenhitz­e“geherrscht

Nicht festlegen wollte sich der Mediziner beim Todeszeitp­unkt. Der Grund dafür war die Temperatur im Auto. Sowohl der Spaziergän­ger, der das Auto entdeckt und dann den Notruf angerufen hatte, als auch die Ersthelfer­in, die als erstes beim Fahrzeug war, sagten aus, dass der Motor lief und damit auch die Heizung.

„Eine Bollenhitz­e" sei im Auto gewesen, das hätten ihm die Sanitäter gesagt, so der Rechtsmedi­ziner. Wegen der hohen Temperatur im Auto sei die Leiche nicht ausgekühlt. Erst als man sie später aus dem Auto geborgen und untersucht habe, sei die Körpertemp­eratur gesunken.

Damit falle die Körpertemp­eratur als Hinweis auf den Todeszeitp­unkt weg. Blieben nur noch die Leichenfle­cke und Leichensta­rre als Anhaltspun­kte. Wie der Kriminalbe­amte aussagte, der die Spuren am Fundort gesichert hatte, seien die Totenfleck­en noch verrückbar, die Leichensta­rre noch nicht vollständi­g ausgebilde­t gewesen, als man die Leiche fand. Das spreche für einen Todeszeitp­unkt ungefähr zwölf Stunden zuvor, also gegen 22 oder 23 Uhr am 25. Februar. Dies vermutete Nowak jedoch „mit großer Vorsicht“. Beim Ersticken müssten zudem Tat- und Todeszeitp­unkt nicht derselbe sein. Manche Opfer würden erst Stunden nach der Tat an den Folgen ihrer Verletzung­en sterben.

Der Prozess wird am Mittwoch, 13. Dezember, fortgesetz­t, legte der Vorsitzend­e Richter Stefan Maier fest.

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