Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Unbekannte Weltspitze
Daniel Geismayr von Centurion Vaude ist der erfolgreichste Mountainbikefahrer des Jahres
RAVENSBURG - Wenn von bekannten Radprofis aus der Region Oberschwaben die Rede ist, denken viele in erster Linie an Emanuel Buchmann. Der Ravensburger hatte im Trikot von Bora-Hansgrohe ein gutes Jahr, war als 15. bester Deutscher bei der Tour de France. Bei den Mountainbikern von Centurion Vaude gab es allerdings einen, der noch erfolgreicher war: Daniel Geismayr.
Der Österreicher, der seit sechs Jahren im Team aus Meckenbeuren steht, fuhr bei allen großen Rennen dieser Mountainbikesaison auf das Podest. Ein kleiner Auszug: Geismayr wurde Österreichischer Meister, Dritter bei der Weltmeisterschaft in Singen, er gewann die Alpentrophy, das Swiss Epic, die Transalp und das Bike-Festival Roc d’Azur. „Das war schon eine brutale Saison für mich“, gesteht Geismayr. „Ganz klar meine beste Saison der Karriere.“
Ziele gehen dem Dornbirner nicht aus
Für Richard Dämpfle, Teamchef von Centurion Vaude, ist Geismayr „der beste Mountainbiker der Saison“. Allerdings gibt es in diesem Sport keine Weltrangliste, weshalb immer auch ein subjektiver Aspekt eine kleine Rolle spielt. Die großen Erfolge des Österreichers sind jedoch nicht von der Hand zu weisen. „Er verkauft sich unter Wert“, meint Dämpfle über den bescheidenen Geismayr. „Es war eine unglaubliche Saison von ihm.“Geismayr hat sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesteigert. Seinen Durchbruch feierte der Österreicher 2016. „Aber dreimal hat er das Führungstrikot am letzten Tag verloren“, blickt Dämpfle zurück. In dieser Saison war das anders. „Jetzt ist bei ihm der Knopf aufgegangen, jetzt bringt er die Dinger heim.“
Die Ziele gehen dem 28-Jährigen aus Dornbirn nicht aus. Da ist zum einen die Titelverteidigung bei den Österreichischen Meisterschaften. Auch die Weltmeisterschaftsstrecke in den Dolomiten „könnte mir liegen“, so Geismayr, der daher ein bisschen mit dem Regenbogentrikot des Weltmeisters liebäugelt. Und dann ist da ja auch noch das Cape Epic, das wohl prestigeträchtigste Mountainbikerennen der Welt. Das Rennen in Südafrika (18. bis 25. März) ist im Grunde das einzige große Rennen, das Centurion Vaude noch nicht gewonnen hat.
Begehrlichkeiten bei der Konkurrenz sind geweckt
Zunächst mussten Dämpfle und seine Fahrer, die seit zwei Jahren zum KJC Ravensburg gehören, für sich die Frage beantworten: „Ist das Cape Epic förderlich für das Projekt Regenbogentrikot bei der WM?“, wie der Teamchef sagt. Die Antwort lautet: ja. Centurion Vaude wird also auch 2018 mit einem großen Team nach Südafrika reisen. „Wir werden alles tun, um unseren Sportlern zu ermöglichen, um den Sieg mitzufahren“, sagt Dämpfle. Das Selbstbewusstsein ist da: „Wer zwei Jahre hintereinander Zweiter und Dritter wurde, der kann ja nicht anreisen und sagen, wir wollen Fünfter werden.“Diese Aussagen des Teamchefs freuen natürlich den Topfahrer Geismayr. „Ich will beim Cape Epic 2018 besser sein als in den Vorjahren“, sagt der Österreicher, um dann konkreter zu werden. „Das zu gewinnen, wäre natürlich ein Traum.“
Die Erfolge von Geismayr sowie seinen Centurion-Vaude-Kollegen Markus Kaufmann, Jochen Käß und Hermann Pernsteiner wecken die Begehrlichkeiten der Konkurrenz. Der Österreicher Pernsteiner etwa wechselt 2018 vom Mountainbike zu den Straßenradfahrern – er hat einen Vertrag beim Team Bahrain-Merida unterschrieben. „Wir kämpfen um das Budget für 2018“, sagt Dämpfle, ohne Summen nennen zu wollen. „Wir sind ein regional verwurzeltes Team, das weltweit Erfolg hat. Wir kämpfen darum, dieses Niveau beibehalten zu können.“Das wird laut Dämpfle jedoch schwieriger. „Wir hoffen auf Unterstützung aus der Region.“
Gerade in der rennfreien Zeit sind Kaufmann und Geismayr, aber auch Emanuel Buchmann und der weitere Pro-Tour-Fahrer Marco Mathis viel in der Region Oberschwaben unterwegs. „Gemeinsame Trainingseinheiten sind wichtig, weil man von den anderen immer etwas lernen kann“, sagt Geismayr. So treiben sich die Radprofis gegenseitig an. „Ich kenne keine Region, in der das Niveau gebündelt so phänomenal ist“, lobt KJC-Trainer Tobias Hübner. „Das sind extrem fleißige Jungs.“Sportler an der Weltspitze – auch wenn sie für viele unbekannt sind.