Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Blick in den Abgrund: zuverlässi­ger Kollege, heimtückis­cher Killer

Die Ankläger im Endinger Mordprozes­s fordern, dass der 40-jährige Täter lebenslang hinter Gitter kommt

- Von Susanne Kupke

FREIBURG (dpa) - Carolin G. war eine fröhliche und beliebte junge Frau. Die Erinnerung an sie wird der Mörder nicht auslöschen können, betont der Anwalt ihres Mannes. Er tritt am Donnerstag als Nebenkläge­r im Endinger Mordprozes­s auf und hält ein Schwarz-Weiß-Bild einer lachenden Frau in Richtung des Angeklagte­n. Doch der schaut nicht auf.

Der 40 Jahre alte Lastwagenf­ahrer aus Rumänien soll der 27-Jährigen Anfang November vergangene­n Jahres in einem Waldstückc­hen beim Joggen aufgelauer­t, sie vergewalti­gt und brutal getötet haben. Die Anwälte der Angehörige­n und die Staatsanwa­ltschaft wollen ihn dafür lebenslang hinter Gittern sehen. Sie plädieren vor dem Landgerich­t Freiburg auf Mord und wegen der besonderen Schwere der Schuld auf Sicherungs­verwahrung. Unter Vorbehalt, weil noch ein Prozess in Österreich aussteht. Denn der 40-Jährige soll im Januar 2014 im österreich­ischen Kufstein auch eine 20 Jahre alte französisc­he Austauschs­tudentin getötet haben.

Er wurde durch akribische Polizeiarb­eit überführt, durch Auswertung von Lkw-Maut-Daten und Spuren von ihm an den Tatorten. Beide Taten hatte er zu Beginn des Prozesses gestanden.

„Heimtückis­ch und brutal“

Nach Überzeugun­g der Staatsanwa­ltschaft war der dreifache Vater in beiden Fällen „fest entschloss­en, ein sexuell motivierte­s Tötungsdel­ikt zu begehen“. Heimtückis­ch und äußerst brutal sei er vorgegange­n, sagt der Ankläger, der dem Angeklagte­n detaillier­t seine furchtbare Tat in Endingen vorhält. „Ziel war es, das Leben von Carolin G. auszulösch­en.“

Er schildert, wie der Angeklagte die junge Frau überfiel, die nach einem unbeschwer­ten Brunch mit der Familie Joggen ging, ihr den Mund zuhielt, sie würgte und ihr mehrfach mit einem schweren Gegenstand ins Gesicht und auf den Kopf schlug. Wie er sie wegschleif­te, sie sexuell missbrauch­te und die sterbende Frau schließlic­h liegen ließ. Wie „Abfall“, sagt der Nebenkläge­r-Anwalt.

Unerträgli­che Einzelheit­en, vor allem für die Familie – Mann, Bruder, Vater und Mutter, die am Donnerstag immer wieder mit den Tränen ringen. Der Angeklagte sei gemeingefä­hrlich, ein eiskalter Mörder, er gehöre für immer weggeschlo­ssen, sagt einer der Nebenkläge­r-Anwälte. „Ich halte ihn für ein Monster.“Er habe seine Opfer zu Objekten degradiert, um seine Aggression auszuleben.

Der Verteidige­r bezweifelt hingegen Mordmerkma­le. Zwar sei klar: „Hier fanden aggressive sexuelle Handlungen statt.“Allerdings sei das Motiv ungewiss. Anstelle von sexuellen Motiven könne es auch „krankhafte­r Hass auf Frauen“gewesen sein. Ein Hass, der aus der problemati­schen Kindheit des Angeklagte­n herrühren könne – mit einer alkoholkra­nken Mutter, die ihn als Kleinkind verließ. Ein Hass, mit dem er möglicherw­eise aufgewachs­en sei, ohne davon zu wissen. Und der sich fortsetzte, als seine Frau und Mutter der drei Kinder ihn später demütigte und verließ. Der Verteidige­r plädiert deshalb auf Totschlag.

„Der Rechtsstaa­t zeigt sich gerade in einem solchen Verfahren“, sagt er. Voraussetz­ungen für eine Sicherungs­verwahrung sieht er nicht. Diese soll die Bevölkerun­g vor Tätern schützen, die ihre eigentlich­e Strafe für ein besonders schweres Verbrechen bereits verbüßt haben, aber weiter als gefährlich gelten.

„Nichts hinzuzufüg­en“

Der Angeklagte selbst, ein unscheinba­rer Mann in dunkelrote­r Weste und mit akkuratem Scheitel im dunklen Haar, verfolgt alles stumm mit gesenktem Kopf. Der gelernte Autoelektr­omechanike­r und spätere LkwFahrer galt bei Arbeitgebe­rn und Kollegen als ordentlich, zuverlässi­g und unauffälli­g. Er habe nichts hinzuzufüg­en, lässt er seinen Übersetzer zum Schluss sagen. Es tue ihm leid.

Das Freiburger Landgerich­t will voraussich­tlich am Freitag nächster Woche sein Urteil sprechen.

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