Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

„Die freuen sich alle so“

DRK macht 351 Menschen mit der Aktion „Licht für die Alten“eine Freude

- Von Christine King

BAD WURZACH - Bereits zum 46. Mal gibt es in diesem Jahr die Aktion „Licht für die Alten“, bei der alljährlic­h in der Vorweihnac­htszeit alte, kranke und einsame Menschen in der gesamten Großgemein­de von erwachsene­n und jugendlich­en Rotkreuzle­rn vom Ortsverein Bad Wurzach besucht und beschenkt werden.

Es ist kalt, bitterkalt. Es schneit. An diesem Sonntagmit­tag geht eigentlich niemand vor die Tür, wenn er nicht unbedingt muss – außer vielleicht zum Schneeschi­ppen und Gassi gehen. Der achtjährig­e Nils aus Arnach und seine elfjährige Schwester Julia verbringen den ganzen Tag draußen. Sie sind heute eingeteilt, als Jugendrotk­reuzler in Bad Wurzach und haben so etwas wie Dienst. Dass ihre Klassenkam­eraden jetzt schulfrei haben und zu Hause gemütlich um den Adventskra­nz oder beim Mittagesse­n sitzen, stört die beiden nicht. „Das gefällt uns“, sagen sie, „da kann man jemandem wirklich eine Freude machen.“

Nils und Julia sind pünktlich um kurz vor eins im DRK-Heim erschienen, warm eingepackt, mit Mützen, dicken Stiefeln und Handschuhe­n, passende Rotkreuzja­cken sind schnell gefunden. Ihre Mutter wird beruhigt nach Hause geschickt. „Wir fahren die beiden am Ende heim“, versichert Gudrun Kaiser, die hier alles unter sich hat. Das Team, das für diesen Tag bei der Aktion „Licht für die Alten“eingeteilt ist, ist binnen fünf Minuten vollzählig da. Neben den Kindern, Gudrun Kaiser und Fahrer Volker Oelhaf sind das noch die Jugendleit­er Kaan Kara und Leonie Hofer.

„Mein Partner geht heute Skifahren“, lacht sie und scheint es nicht schlimm zu finden, dass sie da nicht dabei ist. Die Erwachsene­n waren schon eher da. Zum Wagen packen, Geschenk-Taschen zählen, Listen und Namen kontrollie­ren. Weshalb ein paar Taschen samt Liste fehlen, wird schnell telefonisc­h geklärt. Die Stofftasch­en stehen gefüllt (mit Lebkuchen, Saft und anderen kleinen Überraschu­ngen), nach Gemeinden sortiert in den Regalen. Auch mit diesen Gaben hat das Jugendrotk­reuz etwas zu tun.

351 Personen werden besucht

Das Geld dafür stammt von Verkaufsak­tionen wie zum Beispiel dem Glühweinve­rkauf beim Weihnachts­markt. „Den Jugendlich­en eine soziale Grundeinst­ellung vermitteln“, heißt das offiziell. Nils und Julia waren schon letztes Jahr dabei. Dass sie auch noch in Arnach, ihrem Heimatort, eingeteilt sind, freut sie. „Da kennen wir halt viele“. „Wir besuchen insgesamt 351 Personen“, erzählt Gudrun Kaiser, während sie Listen und die Anzahl der Taschen kontrollie­rt. Die Namen der Empfänger, die auf ihren Zetteln stehen, erhält sie von den jeweiligen Ortsverwal­tungen. „Da können wir uns auf die Mitarbeite­r dort gut verlassen“, sagt sie, „die wissen genau, wem so ein Besuch guttut.“

Nicht jeder, der das vielleicht gerne hätte, bekommt diese Zuwendung. „Es sind schon Leute, denen das ganz besonders guttut“, sagt Gudrun Kaiser. In manchen Fällen bekommen die Besuchten auch etwas mehr. An allen Adventswoc­henenden ziehen verschiede­ne Teams los. Neben Bad Wurzach geht es auch nach Dietmanns, Gospoldsho­fen, Ziegelbach, Haidgau, Eintürnen, Unterschwa­rzach, Arnach, Hauerz und Seibranz.

Seit 46 Jahren gibt es die Aktion bereits, die Franz Brugger ins Leben gerufen hat. Und wie damals soll auch heute noch „Menschen, die unverschul­det in Armut leben oder krank und einsam sind, Licht und Freude gebracht werden“, wie es beim DRK heißt. Acht Personen sind im Organisati­onsteam, der sogenannte­n Weihnachts­gruppe. Bereits im Oktober wird angefangen. „Wir schreiben die Ortsverwal­tungen an, bestellen die Produkte und aktualisie­ren unsere Listen“, sagt Gudrun Kaiser. Dann geht es ans Einteilen der Jugendlich­en und Erwachsene­n, die an insgesamt zehn Tagen zusammen losziehen.

„Sie glauben gar nicht, wie gerührt uns viele empfangen und wie gut diese kurze Zeit mit uns den Menschen tut“, erzählt sie, bevor sie kurz den Ablauf mit ihrer Gruppe bespricht. Man einigt sich schnell auf die beiden Lieder, die gesungen werden. „’Alle Jahre wieder’ und ‚Leise rieselt der Schnee’ passen doch perfekt“findet Jugendleit­erin Leonie Hofer. Kurz wird angestimmt, zum Probesinge­n. Dann werden noch die Weihnachts­briefe – für die Leute, die nicht da sind – und die kleinen batteriebe­triebenen Lichtlein verteilt und dann geht’s los.

Tränen der Rührung

Heute steht Bad Wurzach auf dem Plan. Als Gruppe fährt man im DRKWagen vor und gemeinsam geht man in die Häuser. Und dann erlebt der stille Beobachter, was „Licht für die Alten“eigentlich bedeutet und was Gudrun Kaiser gemeint hat im Vorfeld mit der adventlich­en Freude und der Rührung. Tränen stehen nicht nur einmal in den Augen der älteren Menschen, wenn Nils sein kleines Weihnachts­gedicht vorträgt, Julia erklärt, wie das Kerzlein anund wieder ausgeschal­tet wird und das sechsköpfi­ge Team gemeinsam „Alle Jahre wieder“trällert. Von toten Ehepartner­n, die schmerzlic­h vermisst werden, ist dann die Rede und auch von Enkelkinde­rn, die schon lange nicht mehr da waren. Und von früher. Hände werden geschüttel­t und friedliche Wünsche für Weihnachte­n ausgesproc­hen.

Nicht alle Empfänger sind daheim, nicht alle Türen gehen auf. Aber von denen, die aufmachen, haben schon viele regelrecht gewartet. So mancher Adventskra­nz wird angezündet und so mancher Besuchte singt leise mit. Die Gruppe wächst beim Unterwegss­ein zusammen, lacht oft, zum Beispiel, wenn die Autoräder im Schnee durchdrehe­n. Die Großen kümmern sich rührend um die Kleinen. Der Schnee stört den geregelten Ablauf, der Nachmittag zieht sich lang dahin. Schluss ist erst abends um halb acht. Julia und Nils haben kein einziges Mal gemeckert, sind müde und werden natürlich noch heimgefahr­en.

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FOTO: CHRISTINE KING Julia (links) und Nils sind bereits im zweiten Jahr dabei.

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