Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
„Die freuen sich alle so“
DRK macht 351 Menschen mit der Aktion „Licht für die Alten“eine Freude
BAD WURZACH - Bereits zum 46. Mal gibt es in diesem Jahr die Aktion „Licht für die Alten“, bei der alljährlich in der Vorweihnachtszeit alte, kranke und einsame Menschen in der gesamten Großgemeinde von erwachsenen und jugendlichen Rotkreuzlern vom Ortsverein Bad Wurzach besucht und beschenkt werden.
Es ist kalt, bitterkalt. Es schneit. An diesem Sonntagmittag geht eigentlich niemand vor die Tür, wenn er nicht unbedingt muss – außer vielleicht zum Schneeschippen und Gassi gehen. Der achtjährige Nils aus Arnach und seine elfjährige Schwester Julia verbringen den ganzen Tag draußen. Sie sind heute eingeteilt, als Jugendrotkreuzler in Bad Wurzach und haben so etwas wie Dienst. Dass ihre Klassenkameraden jetzt schulfrei haben und zu Hause gemütlich um den Adventskranz oder beim Mittagessen sitzen, stört die beiden nicht. „Das gefällt uns“, sagen sie, „da kann man jemandem wirklich eine Freude machen.“
Nils und Julia sind pünktlich um kurz vor eins im DRK-Heim erschienen, warm eingepackt, mit Mützen, dicken Stiefeln und Handschuhen, passende Rotkreuzjacken sind schnell gefunden. Ihre Mutter wird beruhigt nach Hause geschickt. „Wir fahren die beiden am Ende heim“, versichert Gudrun Kaiser, die hier alles unter sich hat. Das Team, das für diesen Tag bei der Aktion „Licht für die Alten“eingeteilt ist, ist binnen fünf Minuten vollzählig da. Neben den Kindern, Gudrun Kaiser und Fahrer Volker Oelhaf sind das noch die Jugendleiter Kaan Kara und Leonie Hofer.
„Mein Partner geht heute Skifahren“, lacht sie und scheint es nicht schlimm zu finden, dass sie da nicht dabei ist. Die Erwachsenen waren schon eher da. Zum Wagen packen, Geschenk-Taschen zählen, Listen und Namen kontrollieren. Weshalb ein paar Taschen samt Liste fehlen, wird schnell telefonisch geklärt. Die Stofftaschen stehen gefüllt (mit Lebkuchen, Saft und anderen kleinen Überraschungen), nach Gemeinden sortiert in den Regalen. Auch mit diesen Gaben hat das Jugendrotkreuz etwas zu tun.
351 Personen werden besucht
Das Geld dafür stammt von Verkaufsaktionen wie zum Beispiel dem Glühweinverkauf beim Weihnachtsmarkt. „Den Jugendlichen eine soziale Grundeinstellung vermitteln“, heißt das offiziell. Nils und Julia waren schon letztes Jahr dabei. Dass sie auch noch in Arnach, ihrem Heimatort, eingeteilt sind, freut sie. „Da kennen wir halt viele“. „Wir besuchen insgesamt 351 Personen“, erzählt Gudrun Kaiser, während sie Listen und die Anzahl der Taschen kontrolliert. Die Namen der Empfänger, die auf ihren Zetteln stehen, erhält sie von den jeweiligen Ortsverwaltungen. „Da können wir uns auf die Mitarbeiter dort gut verlassen“, sagt sie, „die wissen genau, wem so ein Besuch guttut.“
Nicht jeder, der das vielleicht gerne hätte, bekommt diese Zuwendung. „Es sind schon Leute, denen das ganz besonders guttut“, sagt Gudrun Kaiser. In manchen Fällen bekommen die Besuchten auch etwas mehr. An allen Adventswochenenden ziehen verschiedene Teams los. Neben Bad Wurzach geht es auch nach Dietmanns, Gospoldshofen, Ziegelbach, Haidgau, Eintürnen, Unterschwarzach, Arnach, Hauerz und Seibranz.
Seit 46 Jahren gibt es die Aktion bereits, die Franz Brugger ins Leben gerufen hat. Und wie damals soll auch heute noch „Menschen, die unverschuldet in Armut leben oder krank und einsam sind, Licht und Freude gebracht werden“, wie es beim DRK heißt. Acht Personen sind im Organisationsteam, der sogenannten Weihnachtsgruppe. Bereits im Oktober wird angefangen. „Wir schreiben die Ortsverwaltungen an, bestellen die Produkte und aktualisieren unsere Listen“, sagt Gudrun Kaiser. Dann geht es ans Einteilen der Jugendlichen und Erwachsenen, die an insgesamt zehn Tagen zusammen losziehen.
„Sie glauben gar nicht, wie gerührt uns viele empfangen und wie gut diese kurze Zeit mit uns den Menschen tut“, erzählt sie, bevor sie kurz den Ablauf mit ihrer Gruppe bespricht. Man einigt sich schnell auf die beiden Lieder, die gesungen werden. „’Alle Jahre wieder’ und ‚Leise rieselt der Schnee’ passen doch perfekt“findet Jugendleiterin Leonie Hofer. Kurz wird angestimmt, zum Probesingen. Dann werden noch die Weihnachtsbriefe – für die Leute, die nicht da sind – und die kleinen batteriebetriebenen Lichtlein verteilt und dann geht’s los.
Tränen der Rührung
Heute steht Bad Wurzach auf dem Plan. Als Gruppe fährt man im DRKWagen vor und gemeinsam geht man in die Häuser. Und dann erlebt der stille Beobachter, was „Licht für die Alten“eigentlich bedeutet und was Gudrun Kaiser gemeint hat im Vorfeld mit der adventlichen Freude und der Rührung. Tränen stehen nicht nur einmal in den Augen der älteren Menschen, wenn Nils sein kleines Weihnachtsgedicht vorträgt, Julia erklärt, wie das Kerzlein anund wieder ausgeschaltet wird und das sechsköpfige Team gemeinsam „Alle Jahre wieder“trällert. Von toten Ehepartnern, die schmerzlich vermisst werden, ist dann die Rede und auch von Enkelkindern, die schon lange nicht mehr da waren. Und von früher. Hände werden geschüttelt und friedliche Wünsche für Weihnachten ausgesprochen.
Nicht alle Empfänger sind daheim, nicht alle Türen gehen auf. Aber von denen, die aufmachen, haben schon viele regelrecht gewartet. So mancher Adventskranz wird angezündet und so mancher Besuchte singt leise mit. Die Gruppe wächst beim Unterwegssein zusammen, lacht oft, zum Beispiel, wenn die Autoräder im Schnee durchdrehen. Die Großen kümmern sich rührend um die Kleinen. Der Schnee stört den geregelten Ablauf, der Nachmittag zieht sich lang dahin. Schluss ist erst abends um halb acht. Julia und Nils haben kein einziges Mal gemeckert, sind müde und werden natürlich noch heimgefahren.