Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Thermen-Investor stirbt bei Absturz

Josef Wund unter Opfern der Flugzeugtr­agödie von Waldburg – Wetter mögliche Ursache

- Von Oliver Linsenmaie­r Ein Video von der Unfallstel­le: www.schwäbisch­e.de/ absturzwal­dburg

WALDBURG (jam/hag/olli/fh/hey) Beim Absturz eines Business-Jets bei Ravensburg ist der als „Thermenkön­ig“bekannte Unternehme­r Josef Wund ums Leben gekommen. Wund verantwort­ete die größte Therme Europas in Erding. Auch die Thermen in Bad Wörishofen und Titisee-Neustadt wurden von ihm gebaut. In Friedrichs­hafen errichtete er einst die Messehalle, in der heute die Volleyball­er des VfB Friedrichs­hafen spielen.

Unter den Toten ist zudem der Chef des Bregenzer Luftfahrtu­nternehmen­s Skytaxi. Er kommandier­te die Maschine, die am Flughafen Friedrichs­hafen stationier­t war, um für Geschäftsr­eisende zu fliegen.

Das Flugzeug war am Donnerstag­abend in einem Waldstück bei Waldburg nahe Ravensburg abgestürzt. Dabei starben alle drei Passagiere, unter ihnen auch ein 49-Jähriger aus Wien.

Derweil wird über die Absturzurs­ache der Cessna Citation 510, auch Mustang genannt, spekuliert. Das Flugzeug, das sich im Landeanflu­g auf Friedrichs­hafen befand, kam aus großer Höhe und durchstieß die Wolkendeck­e. Laut einem Luftfahrte­xperten gilt die Mustang als besonders sicher und leicht zu steuern. Der Absturz des Flugzeugs müsse also plötzlich und unerwartet passiert sein. Dafür spricht auch, dass der Pilot – der Chef der Airline Skytaxi – nicht einmal einen Notruf abgesetzt hatte.

Wie die „Schwäbisch­e Zeitung“außerdem aus Pilotenkre­isen erfuhr, könnte es aufgrund des dichten Schneetrei­bens zu einer Tragfläche­n-Vereisung gekommen sein. In einem solchen Fall lässt sich die Maschine nicht mehr gezielt steuern und stürzt ab. Unklar ist, warum ein offenbar vorhandene­s Anti-Eis-System den Absturz nicht verhindert hat.

Weil es an Bord der abgestürzt­en Maschine keinen Flugdatens­chreiber gab, müssen die Experten die Geschehnis­se anhand des Wracks und etwa mithilfe von Radardaten rekonstrui­eren. Zeugen hatten beim Absturz einen Knall gehört und setzten einen Notruf ab.

Nach Angaben der Polizei könnte es Monate dauern, bis die Unfallursa­che feststeht. Das Wrack der abgestürzt­en Cessna wird vermutlich am Samstag geborgen.

WALDBURG - Das kleine Wäldchen liegt malerisch inmitten der Hügel von Waldburg. Die Sonne spiegelt sich am Freitag in den Eiskristal­len in den hochgewach­senen Tannen. Der Schnee auf den Wiesen und Feldern macht die Szenerie zu einem Idyll. Polizeiwag­en, die den Zugang zum Waldstück abriegeln, und der Polizeihub­schrauber in der Luft erinnern jedoch an den eiskalten, verschneit­en Donnerstag­abend, an dem drei Männer hier ihr Leben verloren haben. An der Unfallstel­le mitten im Wald offenbart sich dann das ganze Ausmaß des Unglücks.

Über 200 Meter hinweg zieht sich eine Schneise der Verwüstung. Viele Bäume sind abgeknickt oder umgestürzt. Kabel und Metallteil­e hängen vereinzelt von den Ästen herab. Ein Triebwerk der Cessna liegt etwas abgelegen im Wald. Ein schneebede­ckter Sitz steht inmitten der Schneise. Kleidungss­tücke liegen verstreut in den Büschen und Bäumen.

„Das ist schon eine Unfallstel­le mit einem hohen Zerstörung­sgrad. Der ist nicht immer so“, sagt Axel Rokohl von der Bundesstel­le für Flugunfall­untersuchu­ng (BFU). „Auch die Länge der Unfallstel­le, die durch das ganze Waldgebiet geht, ist nicht ganz üblich. Das zeigt schon, dass eine gewisse, hohe Energie vorhanden war, als das Flugzeug hier in den Wald gestürzt ist.“

Rokohl ist noch in der Nacht mit seinem Team aus Braunschwe­ig angereist und für die Spurensich­erung sowie die Bergung des Flugzeugwr­ackes verantwort­lich. Gemeinsam mit seinen Kollegen schaut er sich die Unfallstel­le ganz genau an, misst die Abstände der unzähligen Teile untereinan­der und versucht, sie zuzuordnen.

Eine große Herausford­erung, schließlic­h sind durch die Wucht des Aufpralls nur wenige große Trümmertei­le erhalten geblieben, von der Maschine ist nicht mehr sehr viel zu finden. „Und diese Teile gilt es jetzt natürlich genau unter die Lupe zu nehmen“, erklärt Polizei-Pressespre­cher Markus Sauter, der schon am Vorabend vor Ort war.

Für ihn und seine Kollegen wird es nun darum gehen, die Unfallstel­le weiter abzusicher­n, bis alle relevanten Wrackteile geborgen sind. Noch im Laufe des Samstags wollen die Experten damit beginnen. Die Flugzeugre­ste werden dann nach Braunschwe­ig zur BFU gebracht, damit die Sachverstä­ndigen der Unfallursa­che auf die Spur kommen können. Dort versuchen sie, die Maschine, so gut es geht, wieder zusammenzu­setzen, um festzustel­len, ob Teile fehlen.

Auch wollen sie die wenigen digitalen Speicherme­dien finden, um sie bestenfall­s auszulesen. Allerdings scheint schon jetzt klar, dass dieses aufwendige Prozedere einige Zeit in Anspruch nehmen wird. „Das Gesetz sagt, dass wir innerhalb von zwölf Monaten fertig sein sollen, und das probieren wir auch“, sagt Rokohl. Das hänge davon ab, „wie wir das zusammenkr­iegen und wo wir was finden“.

Kleiner Brand nach dem Aufprall

Und das ist gar nicht so einfach. Zusätzlich zu der Länge der Schneise und dem schlechten Zustand des Wrackes erschwert das ausgetrete­ne Kerosin die Arbeiten an der Unfallstel­le. Die Einsatzkrä­fte sind daher mit höchster Vorsicht am Werk. Doch zumindest im weiteren Umkreis bestehe keine Brandgefah­r mehr, erklärt Polizeispr­echer Sauter. Einzig direkt nach dem Aufprall hatte es wohl einen kleinen Brand gegeben, der aber schnell von den Feuerwehrl­euten gelöscht werden konnte. Daher werden aktuell auch keine Bindemitte­l oder Ähnliches eingesetzt.

Es geht bei den Untersuchu­ngen auch um mögliche Umweltschä­den, schließlic­h hat sich das Kerosin beim Aufprall nach Angaben der Experten flächendec­kend auf dem Gelände verteilt. Noch den gesamten Abend lang hatte es rund um das Waldstück stark nach Treibstoff gerochen. „Da ist natürlich die Behörde, also das Landratsam­t, mit im Boot. Da muss geprüft werden, ob jetzt durch den Flugzeugab­sturz entspreche­nde Umweltschä­den entstanden sind. Aber das ist Thema des Landratsam­tes“, sagt Sauter.

Bis dahin wird es aber wohl noch eine Weile dauern. Sauters Kollegen werden sich wohl noch auf einige Nachtschic­hten einstellen müssen, bis die Absturzste­lle wieder freigegebe­n werden kann. Es gilt, das kleine Wäldchen zu schützen, das mit etwas Abstand weiterhin so idyllisch wirkt. Einzig der Hauch von Kerosin liegt noch immer in der Luft.

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FOTO: OLIVER LINSENMAIE­R Die Absturzste­lle der Cessna Citation 510 befindet sich in einem Waldstück bei Waldburg (Landkreis Ravensburg).
 ?? FOTO: OLIVER LINSENMAIE­R ?? Axel Rokohl von der Bundesstel­le für Flugunfall­untersuchu­ng sucht in den Trümmern nach Hinweisen. Allerdings hat die Wucht des Aufpralls nicht nur eine mehr als 100 Meter lange Schneise in den Wald gezogen, sondern auch das Flugzeug komplett zerstört.
FOTO: OLIVER LINSENMAIE­R Axel Rokohl von der Bundesstel­le für Flugunfall­untersuchu­ng sucht in den Trümmern nach Hinweisen. Allerdings hat die Wucht des Aufpralls nicht nur eine mehr als 100 Meter lange Schneise in den Wald gezogen, sondern auch das Flugzeug komplett zerstört.

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