Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Weihnachtsbaum erleuchtet Besenkapelle
Kleine, sagenträchtige Kapelle auf dem Blutsberg stellt beliebtes Ausflugziel dar
AICHSTETTEN - Mitten im Wald zwischen Altmannshofen und Aichstetten gelegen, befindet sich die kleine sagenträchtige Besenkapelle St. Rochus, für die es sich lohnt, besonders jetzt in der adventlichen Zeit einen Spaziergang auf den Blutsberg zu unternehmen, denn ein Christbaum lässt die kleine Kapelle in der Weihnachtszeit in hellem Glanz erleuchten.
Erbaut wurde die Kapelle, die sich im Besitz der Fürstlichen Familie Waldburg von Zeil befindet, um das Jahr 1800. Sie ist dem heiligen Rochus, dem Schutzpatron der Pestkranken und Haustiere geweiht. An der Nordseite der Kapelle, die einen Grundriss von drei auf drei Metern aufweist, ist eine Ruhebank angebracht. Innerhalb der Kapelle befinden sich zwei Kniebänke, hinter einem Gitter mehrere Madonnen, ein Heiliger Antonius und ein Epitaph sowie der heilige Rochus. Während der Weihnachtszeit befindet sich im kleinen Raum ein mit glänzenden Kugeln, Holzsternen und einer Lichterkette geschmückter Christbaum.
Wer sich hier namentlich verewigen möchte, kann dies auf den Holzsternen tun, die für Besucher in der Kapelle zur Verfügung stehen. Der Sage nach sollen in der Besenkapelle Menschen mit Hautkrankheiten wie Warzen, Oißen oder Ausschlägen um Heilung gebeten haben. Um die Ernsthaftigkeit ihres Glaubens zu unterstreichen, hätten betroffene Personen nach der Heilung und als Zeichen der Reinigung einen Besen ins Eck der Kapelle gestellt. Und so sagt es die Sage, die für die Narrenzunft Aichstetten Anlass gewesen ist, die Maske „Oißaweibla“zu gründen: Wenn ein Mensch von Oißa (Furunkel) und Warzen geplagt wird und die Ärzte ratlos sind, kann ihn diese Macht erlösen. Es gilt, einen Reisigbesen zu binden und diesen zum „Bergbaura-Käppele“zu tragen.
Auf dem Weg dorthin darf nicht ein Sterbenswörtchen gesprochen werden und auch das Umschauen, wie man es aufgrund unheimlicher Geräusche gerne tun würde, ist streng verboten. Wer diesen düsteren Wald kennt, weiß, wie schwer diese Aufgabe ist und wie viel Mut sie erfordert. Wenn die Kapelle dann glücklich erreicht ist, wird ein leises Gebet gesprochen und der Reisigbesen abgelegt. Oißa und Warzen verschwinden dann auf wundersame Weise in wenigen Tagen, so wie sie gekommen sind.
Umgekehrt habe es auch immer wieder Schlaumeier und Geizkragen, die sich an dem reichhaltigen Angebot an Reisigbesen kostenlos bedienten. So berichtet eine alte lebenslustige Frau, dass sie als kleines Kind im Auftrag eines Eschacher Bauern einen Besen beim „Käppele“holen musste. Wenige Tage später sei sie dann von einem „mordsmäßigen“Oißa heimgesucht worden. Auch andere Frevler hätten immer wieder auf die gleiche Art und Weise Strafe mit der Folge schmerzgeplagter Nächte erfahren müssen. Reumütig, hätten diese das Diebesgut wieder zurück gebracht. Zahlreiche Besen, die nach wie vor noch an dieses Ritual erinnern, lagern heute noch in einer Ecke des kleinen Gotteshauses. Geographische Lage
Von dem Landwirtschaftsweg, der Aichstetten mit Altmannshofen verbindet, führt ein Waldwirtschaftsweg beim Einzelhof Bärtle in Richtung Norden zum Blutsberg. Nach ungefähr dreihundert Metern bergaufwärts ist die Besenkapelle zu erreichen. In südwestlicher Richtung führt der Weg weiter auf den 715 Meter hohen Blutsberg, auf dem die Burg Blutsberg gestanden haben soll.