Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Luftfahrtexperte: Eis könnte Absturzursache sein
Der bei Ravensburg verunglückte Flugzeugtyp gilt als besonders sicher – Piloten spekulieren über Unglücksursache
WALDBURG - Das bei Ravensburg abgestürzte Geschäftsreiseflugzeug vom Typ „Cessna Citation 510“, genannt „Mustang“, gehörte dem Bregenzer Unternehmen Skytaxi. Das hatte sich in den vergangenen Jahren einen Ruf als Airline für zahlungskräftige Kunden aus der Region erarbeitet. Auch die eingesetzten Flugzeuge galten als besonders sicher, weshalb ein Luftfahrtexperte aus der Region sich nur ein plötzliches Problem als Ursache des Absturzes vorstellen kann.
„Die Mustang ist ein besonders gutmütiges und sicheres Flugzeug“, sagt der Experte vom Bodensee, der mit dem Flugzeugtyp vertraut ist. Er sei speziell für sogenannte „Selbstflieger“entwickelt worden, also Geschäftsreisende, die ihre Maschine selbst fliegen und dementsprechend weniger Routine als Berufspiloten hätten. Im Fall der abgestürzten Maschine habe allerdings der Chef der Geschäftsflug-Airline „Skytaxi“am Steuer gesessen. „Sie war tipptopp in Ordnung“, so der Luftfahrtexperte. Die leicht zu bedienende und stark automatisierte Technik der Maschine dürfte vom Grundsatz her keinerlei Probleme bereitet haben. Zwar warnt der Experte vor Spekulationen, bevor die wirkliche Unfallursache ermittelt wurde. Doch der Absturz des Flugzeugs müsse plötzlich und unerwartet passiert sein.
Vereiste Tragflächen?
So sei es vorstellbar, dass vereiste Tragflächen das Unglück herbeigeführt haben könnten. Zwei weitere Piloten haben diese These, die zum Wetter am Absturzort passt, nach SZ-Informationen für plausibel erklärt. „Das Flugzeug war im Anflug auf Friedrichshafen“, erklärt der Luftfahrtexperte weiter. Das sei ohnehin ein kritischer Moment bei jedem Flug, weil Flugzeuge dabei sehr langsam fliegen und unter anderem Klappen oder auch das Fahrwerk ausgefahren werden. Komme es dabei zu einem Problem, etwa weil Eis die Luftströmung verändere, könne das Flugzeug einen sogenannten Strömungsabriss erleiden. Die Fähigkeit, stabil in der Luft zu bleiben, geht dann schlagartig verloren.
„Der Pilot hat nicht einmal einen Notruf abgesetzt“, sagt der Luftfahrtexperte. Das unterstütze die These. Wenn es einen Strömungsabriss gegeben habe, sei ein Flugzeug nur noch sehr schwer wieder zu retten. Klarheit könne darüber aber nur die Untersuchung des Vorfalls durch Flugunfallexperten geben. Die Flugbahn der abgestürzten Maschine mit Startort Egelsbach (EDFE) und Ziel Friedrichshafen (EDNY): Im Anflug verlor das Flugzeug sehr plötzlich Höhe, und zwar als es sich auf 4200 Fuß, das sind etwa 1300 Meter, befunden hat. Es sank auf 600 bis 700 Meter Höhe, so hoch liegt etwa Waldburg. Das Ziel erreichte es nie.
Die dürften es diesmal allerdings besonders schwer haben. Nach SZInformationen gab es an Bord der abgestürzten Maschine keinen Flugdatenschreiber. Er ist erst bei größeren Flugzeugen vorgeschrieben. Sollte es zu einer Vereisung von Tragflächen gekommen sein, wäre auch zu klären, warum ein offenbar vorhandenes Anti-Eis-System den Absturz nicht verhindert hat.
Geschäfts-Airline Skytaxi
Das abgestürtzte Flugzeug gehörte dem Bregenzer Unternehmen Skytaxi, das über zwei weitgehend identische Maschinen verfügt. Sie sind in der Regel am Flughafen Friedrichshafen stationiert. Das Angebot der Airline richtet sich zumeist an zahlungskräftige Geschäftskunden, die vom Bodensee und aus Vorarlberg nach ganz Europa geflogen werden.
Skytaxi gehörte bis 2016 auch dem bekannten Luftfahrtunternehmer Rolf Seewald. Er war in den vergangenen Jahrzehnten auch am Aufbau der Regio-Airlines Rheintalflug und der 2015 in die Pleite geflogenen Intersky beteiligt. Seine erste Frau verlor er 1989 bei einem Flugzeugabsturz im Bodensee.
Seewald zog sich 2016 aus Skytaxi zurück und überließ es Geschäftspartnern. Wie es jetzt mit dem Unternehmen mit einer verbliebenen Maschine weitergeht, ist zur Stunde nicht bekannt.