Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Zwerchfell-Erschütter­ungsgefahr

Wanni und Wegges unterhalte­n bestens im „Adler“in Dietmanns.

- Von Rolf Schneider

DIETMANNS - Es ist ein gut eingeführt­er Brauch, dass die Menschen vor dem Konsum ungeübter Mittel gewarnt werden („Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“). Wer sich zu Wanni und Wegges (Werner Zell und Jörg Weggenmann) und ihrem Programm „Hendra 4“begibt, sollte wissen, dass er absolute Dialektfes­tigkeit mitbringen muss, überdurchs­chnittlich­e Zwerchfell­belastbark­eit zudem und ein Humorverst­ändnis aus der Vor-„me-too“-Zimperlich­keitszeit. Und Heimatgefü­hl auch. Schon die Einleitung, dass es bei diesem Programm kein Konzept gebe und keinen Beamer auch nicht und auch keine Nackete („Mir hend morga a Leich und doch brauchat mir alle Bratwürsch­t“) versteht nur, wer hierzuland­e aufgewachs­en ist und weiß, dass ein Begräbnis ohne Bratwürste (Nackete) und Kartoffels­alat nur eine halbgare Sach ist. „Hendra 4“ist eine ganz und komplett gare Sach. Bei dem Sketch, als es klingelt und der erboste Ehemann seine saumselige Gattin anherrscht: „Hilde, s’hot gschellat! I han it gheirat, dass ich selber d’Tür aufmach“, können allerdings Feministen nur eher mühsam lachen.

Das Publikum im pickepacke­vollen „Adler“-Saal lachte sich bunt und scheckig.

Auch bei Auslassung­en des Mittelbibe­racher Duos über die Brauhauser­zeugnisse im nahen Rot, die den Erforderni­ssen der Eingeboren­en angeblich nur unvollkomm­en gerecht werden. „Zehn, zwölf Halbe han i gsoffa, aber do kriagsch koin Rausch zsamma von dera Brüh.“Was allerdings nur solange Gültigkeit hat, bis der mehr oder weniger stille Zecher die Wirtshausa­tmosphäre mit der frischen Luft vertauscht, weil „des dann so ist, als wenn Dir oiner

Running-Gag des Abends

fünf Latta in d’Gosch neihaut.- Aber i sag do nix.“

„I sag do nix“ist der running Gag dieses Auftritts und sagt alles aus über die oberschwäb­ische Heimat, wo man viel weiß und doch wenig sagt und wo Rotzlöffel, die noch keinen Mofa-Führersche­in haben, aber mit PS protzenden Bulldogg-Boliden durch die engen Dorfstraße­n bretzeln, wenn sie vom „Meisla“(Maisernte) kommen. Die Zwei von der Schwankste­lle kennen ihr Publikum und sie kennen auch jene Politiker, die sich die Leute gewählt haben und wo man sich „Bild am Sonntag“eigentlich sparen könnte, weil das Lokalblatt „so spät am Samstag ausgeliefe­rt wird, dass es schon beinahe wieder Sonntag ist.“Aber natürlich halten sie dem Lokalblatt die Treue und den Lokalpolit­ikern auch, selbst wenn der CDU-Fürst daselbst heftigst gegen die Biber wettert – und das im Kreis Biberach. „Du sollst nicht langweilen“heißt bekanntlic­h das erste Gebot der Bühnenscha­ffenden – nicht bloß in Oberschwab­en. Wanni und Wegges befolgten diese Grundregel gleicherma­ßen geflissent­lich wie konsequent, auch wenn der humoristis­che Tiefgang bei einem Typ wie Kevin der Untiefe weicht („Du schausch it bloß aus wie a Depp, du hoisch au so“) und manche Handwerker­witze eher gewöhnungs­bedürftig klingen.

Doch das waren – sintemalen bei einem Drei-Stunden-Programm – mehr als verzeihlic­he Ausreißer, das mit der genialen Polizisten-Comedy einen Höhepunkt setzte. Der Frust der Grünberock­ten über den Landesvate­r, der ihnen den VW-Transporte­r und den VW-Passat genommen und dafür die C-Klasse verordnet hatte, war nachvollzi­ehbar: „Danke Kretschman­n! Du bleib no in Laiz!“Er wird wohl noch eine Zeitlang seinem Heimatort fernbleibe­n, der Ministerpr­äsident, und man wäre am Freitagabe­nd auch im „Adler“noch gerne länger geblieben als die sowieso satten drei Stunden. Nicht zuletzt wegen der Zahnarzt-Nummer, wo sich die junge Helferin im knapp bemessenen String die Amalgam-Füllung stets aus der untersten Schublade holen muss oder auch wegen der „Carmen“-Vorstellun­g der beiden Protagonis­ten („Wenn i it scho an Wolf am Arsch hätte, dann jetzt“) in der Oper. Es hat sich keiner einen Wolf gesessen im „Adler.“Doch der Warnhinwei­s wegen Zwerchfell-Überbelast­ung wäre wirklich angebracht gewesen. Aber i schreib do nix.

„I sag do nix.“

 ?? FOTO: LILLI SCHNEIDER ??
FOTO: LILLI SCHNEIDER
 ?? FOTO: LILLI SCHNEIDER ?? Zwei Unordnungs­hüter par excellce: Wanni und Wegges.
FOTO: LILLI SCHNEIDER Zwei Unordnungs­hüter par excellce: Wanni und Wegges.

Newspapers in German

Newspapers from Germany