Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Vegan essen, schlafen, leben
Vier Allgäuer setzen bei ihren Projekten auf fleischlose Konzepte – Dazu zählen ein Hotel und ein Imbisswagen
ALLGÄU - Vegetarisch leben, das bedeutet, auf Fleisch zu verzichten. Veganer gehen sogar noch einen Schritt weiter: Sie verzichten auf alle tierischen Produkte, darunter Milch, Eier oder Honig. Dass diese Lebensweise auch im Allgäu Einzug hält, zeigen vier Menschen aus der Region und ihre Ideen.
Dazu gehört Markus Schratt und sein Hotel „Biohüs Schratt“in Oberstaufen-Steibis. Das Haus ist 1982 komplett auf vegetarisch-vegane Versorgung umgestiegen, sagt der Geschäftsführer. „Angefangen hat das, als meine Eltern gesundheitliche Probleme bekamen und sich deshalb nur noch von Vollwertkost ernährt haben“, erzählt er. Sie enthält viel Rohkost und Getreide, aber kein Fleisch. Dadurch seien die Eltern komplett genesen, also beschlossen sie, auch in ihrem Hotel kein Fleisch mehr anzubieten. „Wir kochen aber nicht mit Tofu, sondern kreativ“, sagt Schratt. Sein Hotel nennt das „vegetarisch gehobene Hausmannskost“. Doch darüber hinaus seien auch Getränke, Pflegeprodukte und Reinigungsmittel vegan produziert. „Wir nehmen uns jedes Jahr einen Bereich vor, den wir verbessern wollen und machen das dann“, sagt der Geschäftsführer. Doch er merkt, dass die Allgäuer mit fleischloser Ernährung noch so ihre Schwierigkeiten haben. Nur wenige Besucher kommen aus der näheren Umgebung.
Das hat auch David Coelius zu spüren bekommen: Der 31-Jährige hatte bis zum Frühling dieses Jahr einen veganen Imbiss. Doch ihm fehlte Kundschaft. „Ich konnte nicht richtig davon leben, die Konstanz hat gefehlt“, sagt er. Als seine Lebensgefährtin dann schwanger wurde, gab er den Imbisswagen zugunsten eines Vollzeitjobs auf.
Eineinhalb Jahre ist er mit seinem Wagen durch das Allgäu gefahren und hat seine frisch gemachten Burger angeboten. Die Resonanz sei nicht schlecht gewesen, erinnert er sich: „Besonders in Kempten kam mein Essen gut an, ich hatte einige Wiederholungstäter“, sagt er und lacht. Er findet, das ließe sich generell auf vegane Ernährung übertragen: Viele Restaurants in Kempten stellen um und bieten wenigstens ein veganes Gericht an. In Memmingen sei das nicht so. Dennoch sieht er eine Trendwende: „Ich denke schon, dass viele sich bewusster ernähren und weniger Fleisch essen. Es muss ja nicht vegan sein.“
Es geht schließlich auch vegetarisch: Das zeigt Silvia Beyer. Sie hat vor zwei Jahren die Hündeleskopfhütte nahe Pfronten (Ostallgäu) eröffnet, die erste fleischlose Alp beziehungsweise Alm in den Alpen. Dort bietet sie ihren Gästen Kaiserschmarrn und verschiedene Brotzeiten. Kässpatzen gehören ebenfalls zum Programm – auf Vorbestellung auch vegan.
Komplett auf tierische Produkte verzichtet auch Alexander Nabben. Er hat in Aichstetten (Landkreis Ravensburg) das Allgäuer Vegan Projekt (AllVePro) gegründet – einen Verein für Veganer. „Die Verbreitung fleischloser Lebensweise ist eine gemeinnützige Aufgabe, deshalb gibt es diesen Verein“, sagt der 64-Jährige. Seit sieben Jahren existiert AllVePro schon, doch vegan lebt Nabben seit 39 Jahren. „Ich hatte das Wohl der Tiere gar nicht so auf dem Schirm, mir ging es viel mehr um die Weltsituation“, erzählt er. Der Vereinsgründer findet, es sei einfacher, alle Menschen zu ernähren, wenn jeder seinen Fleischkonsum einschränkt. Darüber möchte er in Vorträgen aufklären, die er im ganzen Allgäu hält. Doch auch Kochkurse und ein Partyservice gehören zum Verein. So könne er Menschen kulinarisch von seiner Lebensweise überzeugen. Außerdem betreibt er seinen Garten vegan, also ohne tierischen Dünger. Momentan macht er all das aber alleine. Die 15 Vereinsmitglieder seien in der gesamten Bundesrepublik verteilt; aus dem Allgäu kommt aber keiner von ihnen.