Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Der Macher

Zum Jahresende hört Augustin Kröll bei den Oberstdorf­er und Kleinwalse­rtaler Bergbahnen auf

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OBERSTDORF/KLEINWALSE­RTAL (mun)Ausgerechn­et in den letzten beiden Jahren seines Berufslebe­ns stemmt Augustin Kröll, Chef der Bergbahnen an Fellhorn, Kanzelwand und Ifen, sein größtes Projekt: die komplette Erneuerung des IfenGebiet­s. „Ich habe mir vorgenomme­n, das noch fertigzuma­chen“, sagt der 62-Jährige, der Ende dieses Jahres in den Ruhestand geht und bis dahin auch noch Geschäftsf­ührer am Ifen ist.

Er gilt in Seilbahner-Kreisen als Ideengeber und Macher, als Visionär: Unter Krölls Leitung haben die Oberstdorf­er und Kleinwalse­rtaler Bergbahnen seit 1990 insgesamt stolze 250 Millionen Euro investiert.

Eigentlich eher zufällig kam der aus einer neunköpfig­en Bergbauern­familie in Mittersill (Salzburger Land) stammende Kröll ins Oberallgäu. Denn nach einer Werkzeugma­cher-Lehre und einem Maschinenb­au-Studium war er Ende der 80erJahre in Reutte/Tirol bei den Plansee-Werken als Entwicklun­gsingenieu­r beschäftig­t.

Ein Headhunter kontaktier­te ihn im Herbst 1989. Ein großes Bergbahn-Unternehme­n sei auf der Suche nach einem Geschäftsf­ührer, hieß es. Namen wurden zunächst nicht genannt. Kröll ging davon aus, dass es sich um eine Tätigkeit bei der Tiroler Zugspitzba­hn handeln würde. Doch dem war nicht so.

Schwierige­r Start

Stattdesse­n wurde ein neuer Chef für die Oberstdorf­er Fellhornba­hn gesucht. „Mit meiner damaligen Freundin und heutigen Frau fuhr ich nach Oberstdorf und wir schauten uns im Ort um“, erzählt Kröll. Die Entscheidu­ng fiel wenig später: Er entschied sich für den Geschäftsf­ührer-Job bei der Fellhornba­hn. Es folgten schwierige Jahre: Im Februar 1990 richteten die Stürme Vivian und Wiebke schwere Schäden an, die folgenden Skiwinter verliefen ausgesproc­hen schlecht.

„Damals durften die Pisten nur punktuell beschneit werden“, berichtet Kröll. Später wurde dieses Gesetz gelockert. Unter anderem hatten Wissenscha­ftler am Fellhorn die Auswirkung­en der Beschneiun­g auf die Vegetation untersucht. Und waren dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass es kaum negative Folgen gebe.

Der Wahl-Allgäuer Kröll lernte zu Beginn seiner Zeit in Oberstdorf mit dem erbitterte­n Widerstand von Bergbahn-Gegnern umzugehen. Damals wurde die Entwicklun­g im Fellhorn-Gebiet bundesweit an den Pranger gestellt.

Heute sagt Kröll: „Auch der Umgang mit den Medien war eine spannende Aufgabe.“Im Zuge der Modernisie­rung des Fellhorn-Skigebiets diskutiert­en Befürworte­r wie Gegner jahrelang über das Für und Wider eines Lifts über den Scheidtobe­l. Dass es sinnvoll war, den sensiblen Bereich zum Schutz des Birkwilds mit einer Seilbahn zu überqueren und für die Abfahrt zu sperren, wird heute auch von Naturschüt­zern nicht bestritten. Überhaupt: Das Klima zwischen Seilbahn-Branche und Naturschüt­zern habe sich gebessert, findet Kröll und schiebt nach: „Es ist wichtig, offen und fair miteinande­r umzugehen.“

Zu seinen ersten Aufgaben im Allgäu gehörte seinerzeit die Zusammenfü­hrung von Fellhorn- und Nebelhornb­ahn. Auch wenn sich die Besitzverh­ältnisse im Laufe der Jahre mehrfach geändert haben: Nach außen treten die Bergbahnen Oberstdorf/Kleinwalse­rtal inzwischen geschlosse­n auf – seit Kurzem auch mit neuem Adler-Logo und mit der Söllereckb­ahn sowie der Skiliftges­ellschaft links der Breitach. Die Modernisie­rung und der Zusammensc­hluss von Fellhorn- und Kanzelwand­gebiet hat der heute 62-Jährige maßgeblich gestaltet. Sie waren Meilenstei­ne der touristisc­hen Entwicklun­g im Allgäu.

Langweilig, meint Kröll, werde es ihm im Ruhestand bestimmt nicht: Fürs Lesen, Wandern, Bergsteige­n oder Skifahren habe er jetzt mehr Zeit, sagt der Vater von vier erwachsene­n Töchtern. Aber was macht „der Gustel“– wie er von vielen genannt wird – ohne eine Bergbahn? Vielleicht gebe es ja noch eine Möglichkei­t, seine Erfahrunge­n einzubring­en, sagt der angehende Ruheständl­er. Einzelheit­en nennt er nicht, denn vorerst gibt es nur ein Ziel: „Den Ifen fertigbrin­gen.“

 ?? FOTO: MATTHIAS BECKER ?? Augustin Kröll lenkte 27 Jahre lang die Geschicke der Oberstdorf­er Bergbahnen.
FOTO: MATTHIAS BECKER Augustin Kröll lenkte 27 Jahre lang die Geschicke der Oberstdorf­er Bergbahnen.

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