Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Naturschützer: Kein Kiesabbau bei Grund
Verbände wollen sofortigen Stopp von Zielabweichungsverfahren
RAVENSBURG (ric/sz) - Die Naturschutzverbände positionieren sich klar und entschieden gegen das sogenannte Zielabweichungsverfahren in Sachen Kiesabbau im Altdorfer Wald. Das geht aus einer gemeinsamen Stellungnahme des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) Ravensburg, des Naturschutzbundes (Nabu) Weingarten und des Ravensburger Arbeitskreises des Landesnaturschutzverbandes an das Regierungspräsidium (RP) Tübingen hervor. Sie lehnen die Zielabweichung ab und fordern das RP auf, das Verfahren, das seit November läuft, unverzüglich einzustellen, weil der Antrag unbegründet sei und den Zielen der Raumordnung „in grober Weise“widerspreche.
Wie bereits mehrfach berichtet, will die Kiesgesellschaft Karsee („Meichle und Mohr“) nahe des Vogter Teilorts Grund Kies auf einem elf Hektar großen Gebiet abbauen. Um noch vor der Fortschreibung des Regionalplans mit dem Vorhaben starten zu können, hat das Unternehmen ein Zielabweichungsverfahren für vier Hektar beantragt. Ein Kiesabbau an dieser Stelle widerspreche aber den im Landesentwicklungsplan und im Regionalplan festgelegten Zielen, heißt es in darin.
Quellen wurden geschlossen
Die Verbände beziehen sich in ihrer Stellungnahme auch auf die Trinkwasserthematik, weil auf der anderen Straßenseite das Wasserschutzgebiet für die Quelle Weißenbronnen beginnt, die mindestens 12 200 Einwohner in Baienfurt und Baindt versorgt. Das Wasser sei „von ganz seltener und ausgezeichneter Qualität, das ohne jede Aufbereitung in die Leitungen eingespeist werden kann“. In einer Pressemitteilung der Naturschutzverbände heißt es: „Sehr wahrscheinlich reicht das Einzugsgebiet dieser Quellen deutlich über die Schutzgebietsgrenze hinaus, denn die starke Schüttung dieser Quellen würde ausreichen, das ganze Mittlere Schussental zu versorgen. Und es ist durchaus möglich, dass man eines Tages auch darauf zurückgreifen muss, denn im Schussental mussten schon einige Quellen wegen hygienischer Mängel und wegen Schadstoffbelastungen geschlossen werden.“Georg Heine, der Sprecher des Arbeitskreises des Landesnaturschutzverbandes im Kreis Ravensburg: „Es wäre einfach unverantwortlich, diesen kostbaren Schatz durch den Abbau der über 40 Meter dicken Waldboden- und KiesFilterschichten zu gefährden.“
Außerdem sei der Altdorfer Wald, mit rund 10 000 Hektar als größtes zusammenhängendes Waldgebiet Oberschwabens einer der ganz wenigen weitgehend unzerschnittenen Lebensräume und deshalb im Landesentwicklungsplan als „überregional bedeutsamer naturnaher Landschaftsraum mit einer überdurchschnittlichen Dichte schutzwürdiger Biotope und überdurchschnittlichem Vorkommen landesweit gefährdeter Arten“kartiert und geschützt.
Wald hat Schutzfunktion
Aus diesen dargelegten Gründen habe der gültige Teilregionalplan „Oberflächennahe Rohstoffe“das Gebiet „folgerichtig“auch ausdrücklich als Ausschlussgebiet für den Kiesabbau und als „Schutzbedürftigen Bereich für die Forstwirtschaft“festgelegt. „Auch der Altdorfer Wald ist ein großer Schatz des südlichen Oberlandes“, sagt dazu Ulfried Miller, der Regionalgeschäftsführer des BUND in Ravensburg, „den es als Ganzes zu schützen und zu bewahren gilt. Er legt sich wie ein breites grünes und schützendes Band um das dicht besiedelte Schussental und bietet dessen lärm- und stressgeplagten Bewohnern neben allen anderen Schutzfunktionen eine Oase der Ruhe und Erholung.“„Und es ist schon seltsam“, fügt Helmut Kraft vom Nabu Weingarten hinzu, „wenn nun der Gutachter des Kiesunternehmens behauptet, die Ziele der Raumordnung seien ,nicht berührt’ und mit dem ,Verlust wertgebender Arten’ sei nur ,in ganz geringem Ausmaß’ zu rechnen.“
Auf der vorgesehenen Abbaufläche hat der Nabu eigenen Angaben zufolge 64 Vogelarten nachgewiesen, darunter „bemerkenswerte Arten“wie Wespenbussard, Waldschnepfe, Grauspecht und Tannenhäher. Die hätten viel größere Reviere als das beim Zielabweichungsverfahren avisierte Gebiet.
Alle Texte und Videos zum Thema Kiesabbau gibt es in einem OnlineDossier unter der Adresse: