Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Odyssee um Waffenladen: Umzug nach Liebenau droht zu platzen
Technischer Ausschuss in Meckenbeuren lehnt Bauantrag ab – Ravensburger Geschäftsfrau spricht von „Hexenjagd“
RAVENSBURG - Die Ravensburgerin Gabriele Jöst möchte mit ihrem Laden „Western, Guns and More“in Liebenau, einem Ortsteil von Meckenbeuren, einen Neuanfang wagen. Denn aus der Höll in Ravensburg muss sie raus, ein geplanter Umzug nach Weißenau wurde vom Regierungspräsidium ja schon untersagt.
Doch auch in Liebenau tun sich Probleme auf: Der Technische Ausschuss der Gemeinde sperrt sich gegen die Eröffnung des Waffenladens. Wie berichtet, muss Gabriele Jöst mit ihrem Geschäft aus der Höll 5 in Ravensburg ausziehen, weil ihr Vermieter Eigenbedarf angemeldet hat. Allerdings weiß die Geschäftsfrau nicht, wohin. Der Grund: Für einen Laden am Weißenauer Torplatz hat sie keine Genehmigung bekommen. Zwar erfüllte Jöst alle erforderlichen Sicherheitsauflagen – wie Tresorraum, Alarmanlage oder speziell gesicherte Türen und Fenster –, doch waren die Befürchtungen zu groß: Als Angrenzer legte die Stadt Ravensburg Einwendungen gegen das Bauvorhaben ein, weil das Waffengeschäft in unmittelbarer Nähe zum Zentrum für Psychiatrie (ZfP) und zur Grundschule Weißenau gelegen hätte. Am Ende entschied das Regierungspräsidium Tübingen. Dabei folgte es den Überlegungen der Stadt und erteilte dem Waffenladen für den Standort Weißenau eine Absage.
Jetzt hat auch die Gemeinde Meckenbeuren Sorgen und versucht, die Eröffnung des Geschäfts in Liebenau, Siggenweiler Straße, zu verhindern. Bei zwei Enthaltungen hat der Technische Ausschuss den Bauantrag vergangene Woche abgelehnt. Einwendungen lagen von der Stiftung Liebenau und dem Ravensburger Spieleland vor. Erstere befürchtet „Auswirkungen auf Patienten und Bewohner der Sankt-Lukas-Klinik, auf junge Menschen, Auszubildende und Schüler am Standort Liebenau sowie auf die in Liebenau lebenden Erwachsenen mit geistigen Behinderungen“. Über den Waffenfachhandel in Liebenau entscheidet als Nächstes das Landratsamt des Bodenseekreises. Nach der im November erfolgten Ablehnung für Weißenau hatten sich Gabriele Jöst und ihr Lebensgefährte Michael Kienzle eine Übergangslösung ausgedacht: Sie planten, die Waffen aus der Höll in dem bereits vorhandenen Tresor in Weißenau einzulagern. Bis ein neuer Standort gefunden wäre, hätten sie einen Onlinehandel ohne Ladengeschäft betrieben und so ihre Waren verkauft. Doch laut Jöst sei ihr auch das verweigert worden.
„Es geht hier um meine Existenz“, sagt die Geschäftsfrau. Nach all den Absagen wisse sie nicht mehr, wie es weitergehen soll. In der Höll läuft mittlerweile eine Räumungsklage. „Mir fehlen langsam die Kraft und das Geld“, meint Gabriele Jöst niedergeschlagen. Sie fühlt sich ungerecht behandelt: „Das ist doch eine moderne Hexenjagd.“Jöst sieht einen wachsenden Unmut in der Bürgerschaft gegenüber Waffen. Doch diese ließen sich ihrer Ansicht nach nicht alle über einen Kamm scheren. Wie die Waffenhändlerin versichert, kümmere sie sich ausschließlich um Schießen als Sport. Ihr Klientel, also Sportschützen, komme zu 80 Prozent aus den Landkreisen Friedrichshafen und Ravensburg, informiert Jöst. „Waffen kann und darf ich gar nicht einfach so herausgeben“, erklärt sie. Hier gebe es genaue Vorschriften, die sie einhalte. „Ich bin für die Bevölkerung, nicht dagegen“, so Gabriele Jöst.