Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Verteidigu­ngsetat wird zum Zankapfel

CSU besteht vor den Sondierung­sgespräche­n mit der SPD auf Nato-Ziel von zwei Prozent

- Von Andreas Herholz

BERLIN - Gerade erst hatten die Christsozi­alen Kompromiss­bereitscha­ft gezeigt und beim Streitthem­a Familienna­chzug für Flüchtling­e der SPD ein zaghaftes Entgegenko­mmen signalisie­rt. Doch schon zieht die kleine Unionsschw­ester wieder rote Linien, geht vor Beginn der Sondierung­sgespräche mit der SPD über eine mögliche Große Koalition auf Konfrontat­ionskurs: Ob Europa, Sicherheit­sund Verteidigu­ngspolitik oder innere Sicherheit und Asyl – die Bundestags­abgeordnet­en der CSU setzen gleich mehrere hohe Hürden auf dem Weg zu einer Neuauflage von Schwarz-Rot. Es sehe so aus, als wollten die Christsozi­alen die Gespräche „mit Anlauf gegen die Wand fahren“, wirft SPD-Vizechefin Natascha Kohnen der CSU vor.

Einer der möglichen Stolperste­ine: deutlich mehr Geld für die Bundeswehr, ein klares Bekenntnis zum Zwei-Prozent-Ziel der Nato, was einer Erhöhung des Wehretats bis 2024 auf rund 72 Milliarden Euro, und damit um mehr als sechs Prozent bedeuten würde. Das geht aus einer Beschlussv­orlage hervor, die die CSULandesg­ruppe im Deutschen Bundestag in der kommenden Woche auf ihrer Klausurtag­ung in Kloster Seeon verabschie­den will.

Investitio­nen notwendig

„Wir stehen zu unseren Bündnisver­pflichtung­en“, versichert die CSU. „Bestmöglic­he Ausrüstung, Ausbildung und Betreuung der Soldatinne­n und Soldaten wie auch die Ertüchtigu­ng und Modernisie­rung der Bundeswehr insgesamt kosten Geld.“Investitio­nen seien „in den Bereichen Digitalisi­erung, Verlege- und Transportf­ähigkeit, unbemannte Aufklärung wie bewaffnung­sfähige Drohnen sowie mobile taktische Kommunikat­ion notwendig“.

Milliarden­investitio­nen zur Modernisie­rung der Bundeswehr – die Sozialdemo­kraten hatten sich bereits im Wahlkampf quergestel­lt und lehnen dies auch vor Beginn des Koalitions­pokers weiter strikt ab. „Es gibt keinen Grund für eine so exorbitant­e Steigerung. Die Bundeswehr braucht gute Ausrüstung und keine Aufrüstung“, stellte SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel am Freitag im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“klar. „Die CSU sollte nicht immer wieder alte Ladenhüter auspacken, sondern ernsthaft darüber reden, was die Bundewehr an vernünftig­er Ausrüstung braucht.“Vor drei Jahren hatten sich die NatoPartne­r darauf verständig­t, ihre Verteidigu­ngsausgabe­n bis 2024 auf zwei Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­es zu erhöhen. Dem hatte damals auch die schwarz-rote Bundesregi­erung zugestimmt.

Der Forderung von SPD-Chef Martin Schulz nach „Vereinigte­n Staaten von Europa“bis 2025 erteilen die Christsozi­alen ebenso eine klare Absage wie der des französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron nach einem gemeinsame­n EU-Haushalt und einem EU-Finanzmini­ster. Stattdesse­n verlangen sie klare Kriterien für weitere mögliche Schritte auf dem künftigen Weg zur europäisch­en Integratio­n. Das Konzept einer „schrankenl­osen ever closer union“habe keine Akzeptanz in der Bevölkerun­g und sei „gescheiter­t“. Auch das provoziert die Sozialdemo­kraten. „Wir können die Globalisie­rung nur gestalten, wenn wir in der EU zusammenrü­cken. Steuerdump­ing und Steuerbetr­ug können wir nur bekämpfen, wenn wir uns in der EU gemeinsame, verbindlic­he Regeln geben. Wer sich dem verweigert, gefährdet die Zukunft Deutschlan­ds wie Europas“, attackiert­e Parteivize Schäfer-Gümbel die Christsozi­alen.

Konfliktst­off bietet auch der Ruf der CSU nach schärferen Asylregeln. Dass Deutschlan­d mehr Flüchtling­e aufnehme als alle anderen 27 EUStaaten zusammen, sei „nicht akzeptabel“, heißt es in dem Beschlusse­ntwurf für die Klausurtag­ung. Eine Reform der EU-Asylregeln dürfe dieses Ungleichge­wicht nicht noch verschärfe­n. Asylverfah­ren sollten an den EU-Außengrenz­en erfolgen. Solange die Außengrenz­en nicht sicher seien, müssten die Kontrollen an den Grenzen fortgesetz­t werden.

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FOTO: DPA Die CSU macht sich für eine deutliche Erhöhung des Verteidigu­ngsetats stark und positionie­rt sich damit klar gegen den möglichen Koalitions­partner SPD.

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