Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Verteidigungsetat wird zum Zankapfel
CSU besteht vor den Sondierungsgesprächen mit der SPD auf Nato-Ziel von zwei Prozent
BERLIN - Gerade erst hatten die Christsozialen Kompromissbereitschaft gezeigt und beim Streitthema Familiennachzug für Flüchtlinge der SPD ein zaghaftes Entgegenkommen signalisiert. Doch schon zieht die kleine Unionsschwester wieder rote Linien, geht vor Beginn der Sondierungsgespräche mit der SPD über eine mögliche Große Koalition auf Konfrontationskurs: Ob Europa, Sicherheitsund Verteidigungspolitik oder innere Sicherheit und Asyl – die Bundestagsabgeordneten der CSU setzen gleich mehrere hohe Hürden auf dem Weg zu einer Neuauflage von Schwarz-Rot. Es sehe so aus, als wollten die Christsozialen die Gespräche „mit Anlauf gegen die Wand fahren“, wirft SPD-Vizechefin Natascha Kohnen der CSU vor.
Einer der möglichen Stolpersteine: deutlich mehr Geld für die Bundeswehr, ein klares Bekenntnis zum Zwei-Prozent-Ziel der Nato, was einer Erhöhung des Wehretats bis 2024 auf rund 72 Milliarden Euro, und damit um mehr als sechs Prozent bedeuten würde. Das geht aus einer Beschlussvorlage hervor, die die CSULandesgruppe im Deutschen Bundestag in der kommenden Woche auf ihrer Klausurtagung in Kloster Seeon verabschieden will.
Investitionen notwendig
„Wir stehen zu unseren Bündnisverpflichtungen“, versichert die CSU. „Bestmögliche Ausrüstung, Ausbildung und Betreuung der Soldatinnen und Soldaten wie auch die Ertüchtigung und Modernisierung der Bundeswehr insgesamt kosten Geld.“Investitionen seien „in den Bereichen Digitalisierung, Verlege- und Transportfähigkeit, unbemannte Aufklärung wie bewaffnungsfähige Drohnen sowie mobile taktische Kommunikation notwendig“.
Milliardeninvestitionen zur Modernisierung der Bundeswehr – die Sozialdemokraten hatten sich bereits im Wahlkampf quergestellt und lehnen dies auch vor Beginn des Koalitionspokers weiter strikt ab. „Es gibt keinen Grund für eine so exorbitante Steigerung. Die Bundeswehr braucht gute Ausrüstung und keine Aufrüstung“, stellte SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel am Freitag im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“klar. „Die CSU sollte nicht immer wieder alte Ladenhüter auspacken, sondern ernsthaft darüber reden, was die Bundewehr an vernünftiger Ausrüstung braucht.“Vor drei Jahren hatten sich die NatoPartner darauf verständigt, ihre Verteidigungsausgaben bis 2024 auf zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu erhöhen. Dem hatte damals auch die schwarz-rote Bundesregierung zugestimmt.
Der Forderung von SPD-Chef Martin Schulz nach „Vereinigten Staaten von Europa“bis 2025 erteilen die Christsozialen ebenso eine klare Absage wie der des französischen Präsidenten Emmanuel Macron nach einem gemeinsamen EU-Haushalt und einem EU-Finanzminister. Stattdessen verlangen sie klare Kriterien für weitere mögliche Schritte auf dem künftigen Weg zur europäischen Integration. Das Konzept einer „schrankenlosen ever closer union“habe keine Akzeptanz in der Bevölkerung und sei „gescheitert“. Auch das provoziert die Sozialdemokraten. „Wir können die Globalisierung nur gestalten, wenn wir in der EU zusammenrücken. Steuerdumping und Steuerbetrug können wir nur bekämpfen, wenn wir uns in der EU gemeinsame, verbindliche Regeln geben. Wer sich dem verweigert, gefährdet die Zukunft Deutschlands wie Europas“, attackierte Parteivize Schäfer-Gümbel die Christsozialen.
Konfliktstoff bietet auch der Ruf der CSU nach schärferen Asylregeln. Dass Deutschland mehr Flüchtlinge aufnehme als alle anderen 27 EUStaaten zusammen, sei „nicht akzeptabel“, heißt es in dem Beschlussentwurf für die Klausurtagung. Eine Reform der EU-Asylregeln dürfe dieses Ungleichgewicht nicht noch verschärfen. Asylverfahren sollten an den EU-Außengrenzen erfolgen. Solange die Außengrenzen nicht sicher seien, müssten die Kontrollen an den Grenzen fortgesetzt werden.