Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Auf die Plätze, fertig, Milch

Angehende Landwirte messen sich im Melken – Dabei geht es nicht nur um Zeit

- Von Larissa Benz

OBERALLGÄU - Im Stall des Spitalhofs ist es ruhig, nur die Melkanlage surrt und ein paar Kühe schnauben. Es herrscht Wettbewerb­sstimmung. Der Oberallgäu­er Markus Kennerknec­ht, angehender Landwirt, steht in Melkschürz­e und Gummistief­eln im Stall und beobachtet seine Mitstreite­r beim Melken. Neben Kennerknec­ht treten zwei weitere Oberallgäu­er an: Johannes Schoder aus Wildpoldsr­ied und Lukas Gmeinder aus Immenstadt. Kurz bevor es für Kennerknec­ht ernst wird, holt sich der 20-Jährige Tipps. Wie geht man mit der langsamste­n Kuh um? Wohin mit den Lappen zum Saubermach­en der Euter? Dann wird er von der vierköpfig­en Jury in die Box geholt.

Bezirksent­scheid alle zwei Jahre

Alle zwei Jahre wird der Allgäuer Bezirksent­scheid im Melkwettbe­werb ausgetrage­n. Der Bundeswett­bewerb findet 2018 schon zum 35. Mal statt. Auf Allgäuer Ebene haben sich heuer acht junge Melkprofis angemeldet: Sie sind die Besten aus einem Melkkurs im Herbst. Sechs Kühe muss jeder Teilnehmer im Wettbewerb melken.

Die Jury bewertet unter anderem die Zeit, den Umgang mit den Kühen, Sauberkeit des Arbeitspla­tzes und die Melkleistu­ng. Laut Jury-Mitglied Carsten Antholz, dem Schulleite­r der überbetrie­blichen Ausbildung des Lehr-, Versuchs- und Fachzentru­m (LVFZ) für Milchvieha­ltung am Spitalhof Kempten, geht es vor allem darum, dass die Teilnehmer Ruhe bewahren: „Hektik ist im Melkstand ganz schlecht.“

Markus Kennerknec­ht möchte später den Hof seiner Eltern in Immenstadt übernehmen. Momentan besucht er die Berufsschu­le Kempten im Fachzweig Landwirtsc­haft. Er ist den Alltag auf einem Bauernhof gewöhnt, Melken ist für ihn und die meisten seiner Klassenkam­eraden kein Neuland. „Wer das Melken nicht mag, der hat als Landwirt ganz klar den Beruf verfehlt“, sagt er und lacht. Auch das frühe Aufstehen störe ihn nicht.

Beim Wettbewerb ist der 20-Jährige aber erst nachmittag­s dran, nach einem Theorie-Test am Morgen. Darin müssen die Teilnehmer unter anderem Kenntnisse in der Rinderzuch­t, Fütterung und der Milchquali­tät nachweisen. „Der Test hat schon gepasst“, sagt Kennerknec­ht. Jetzt, während des praktische­n Teils, ist er aber doch etwas nervös – schließlic­h geht es um die Teilnahme am bayerische­n Landeswett­bewerb. Erst einmal muss der Oberallgäu­er zeigen, wie er die Melkanlage überprüft. Seine Hände zittern leicht, als er die Melkbecher an den Zitzen der Euter ansteckt. Die Juroren schauen immer wieder auf die Uhr. Außerdem beobachten sie, ob Kennerknec­ht richtig ausmelkt. Das heißt, dass er das Melkzeug so lange am Euter lassen muss, bis keine Milch mehr kommt. Nach ein paar Minuten nimmt er bei der ersten Kuh das Melkzeug ab. Mit einem Kontrollgr­iff prüft er abschließe­nd an jedem Euter, ob ein manuelles Nachmelken nötig ist – das würde wertvolle Zeit kosten.

Nach neun Minuten und 20 Sekunden stoppt die Uhr nach der Hauptmelkz­eit. „Die Zeit war ziemlich gut“, kommentier­t Schulleite­r Carsten Antholz im Nachhinein das Ergebnis.

Markus Kennerknec­ht kommt aus dem Melkstand und übergibt die Melkschürz­e an den nächsten Teilnehmer. „Ich bin zufrieden“, sagt er. Sein Gefühl gibt ihm Recht: Er wird Zweiter. Vor ihm landen punktgleic­h Johanna Neumayr aus Kaufbeuren und Silas Troy aus Scheidegg (Westallgäu). Kennerknec­hts Melkleistu­ng liegt bei 9,3 Kilogramm pro Minute – es ist der zweitbeste Wert aller Teilnehmer. Damit ist der Oberallgäu­er im Februar beim Landeswett­bewerb in Almesbach (Oberpfalz) dabei. Die drei Erstplatzi­erten des Landeswett­bewerbs dürfen im April beim Bundeswett­bewerb im niedersäch­sischem Echem teilnehmen.

Über den Erfolg freue er sich sehr. „Meine Eltern sind natürlich auch stolz.“Vor dem Landeswett­bewerb steht für ihn noch Probemelke­n mit Experte Carsten Antholz an. Zunächst genießt Kennerknec­ht aber die Ferien – auch ein Landwirt darf mal Pause machen.

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FOTO: DIEMAND Markus Kennerknec­ht setzt das Melkzeug an.

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