Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Hoffnungsfroh und voller Zuversicht
Matthias Haslach und Franz Günthner lassen das Jahr in St. Martin festlich ausklingen
LEUTKIRCH - Mit einem wundervollen, hoffnungsfrohen wie tiefblickenden Konzert ist das Jahr 2017 in der Stadtkpfarrirche St. Martin an Silvester festlich ausgeklungen.
Bereits zum dritten Mal musizierten der Regionalkantor Franz Günthner und der Solotrompeter Matthias Haslach am letzten Tag eines Jahres auf der Empore für eine Vielzahl nächtlicher Besucher. Dieses Jahr standen wiederum Komponistennamen mit mehr oder weniger bekannten Werken auf dem Spielplan.
Die Jahreswende halte besondere Momente bereit, schickte Pfarrer Karl Erzberger dem Jahresausklang voraus. Jeder würde sich dem Fluss der Zeit unterwerfen, was er ein Phänomen nannte. Aus Gisela Baltes’ Textimpulsen verwies er auf den „Engel für das kommende neue Jahr“, der als liebender Schutzengel und Begleiter, als kluger Ratgeber, wenn es um die richtigen Entscheidungen geht, jedem zur Seite stehe. Er sei Überbringer von Gottes Segen, um das Jahr gesund und froh zu durchschreiten.
In barocker, beschwingter Klangfarbe
In diese Zuversicht stimmten Franz Günthners Orgel und Matthias Haslachs Trompetenspiel mit dem Allegro und Largo aus dem Concerto II in ES-Dur des böhmischen Kapellmeisters und Komponisten Johann Baptist Georg Neruda ein. Noch ganz dem Barock verpflichtet, erstrahlte es voll Leichtigkeit. Geradezu beschwingt ließ es sich dabei auf das vergangene Jahr zurückschauen und mit einiger Zuversicht dem kommenden entgegenblicken.
Momente der Versöhnlichkeit spendeten die beiden Sätze, wenn sich Orgel und Trompete melodisch eng verwoben aufeinander einlassen. Wenn der Blick in dem abgedunkelten Kirchenschiff auf den hell leuchtenden Christbaum im Chor und die seitlich platzierte Krippe fällt, stellt sich tiefe Dankbarkeit ein.
Haslachs Solopartien verströmen dabei ungebremste Spielfreude, ohne überschwänglich zu werden. Das bringt glasklare Tonleitern in einer befreiten Akustik hervor. Sehnsuchtsvoll und befriedet für den Moment gibt sich ihr Largo zu erkennen. Schwebend, so als wäre alles Schwere von einem abgefallen. Die in gedämpften gelben Licht gehaltene Atmosphäre des Kirchenraums verspricht ein Gefühl von Mystik, von Geheimnisvollem, das sich in dem Wunder um die Geburt Jesu Christi ausdrückt.
Den Moment des Schwebens, eines nicht von dieser Welt Seins gaben auch die „Variationen über kein französisches Weihnachtslied“wieder.
Aus der Feder des 1965 in Hagen geborenen Kirchenmusikers Carsten Klomp zeigte sich Franz Günthners Orgelspiel impulsiv, experimentell und sehr frisch, um in eine andere Sphäre über das Reale hinaus zu entführen. Sturmgewaltig losbrechend mündete das Werk in einem pompösen „O du fröhliche“.
Mit Georg Philipp Telemanns Konzert in B-Dur wandten sich Trompete und Orgel erneut dem barocken Klangvolumen zu – lebhaft und sanft voranschreitend. Mit John Weavers kapriziöser Toccata für Orgel rückte Franz Günthner sein klanggewaltiges Instrument in den Vordergrund, das lautmalerisch und weit verzweigt sich immer schneller drehend den Raum füllte.
Schlichtheit trifft auf expressive Opulenz
In tonalen Kontrast dazu trat das Andante „Gammal fäbodpsalm von Dalarna“des schwedischen Komponisten Oskar Frederik Lindberg. Der alte Psalm über die historische Provinz in der waldreichen, hügeligen Landschaft im Herzen Schwedens nahm einen ruhigen dunkel gefärbten Auftakt, in den Haslachs Trompete gefühlvoll eingriff.
Auf dieses schlichte, doch sehr klangschöne geistliche Lied folgte Charles Marie Widors Finale aus seiner 6. Orgelsymphonie, mit der der Franzose auf dem Höhepunkt seiner Meisterschaft anlangte. Dramatisch auffahrend, expressiv und fordernd gab sich Günthners Interpretation. So als wolle sie mit ihrem glühenden Schlussakkord eine Mahnung aussprechen, die Schönheit dieses Erdballs zu bewahren.
Mit dem Concerto d-Dur des Italieners Guiseppe Tartini schloss sich der Kreis hin zu barocker Pracht mit einem temporeichen elektrisierenden Allegro grazioso.
Minutenlangen Applaus spendeten die Silvestergäste den beiden Solisten, um festlich gestimmt und voller Zuversicht das neue Jahr in einer mondklaren Nacht zu begrüßen.