Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
„Wir hoffen alle, dass es gut weitergeht“
Paracelsus-Kliniken melden Insolvenz an – Betroffen ist auch eine Klinik in Scheidegg mit 140 Mitarbeitern
SCHEIDEGG/WESTALLGÄU - Die Paracelsus-Kliniken haben kürzlich einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung gestellt. Der Konzern hat 23 Standorte in Deutschland, einen in Scheidegg. Dort arbeiten 140 Mitarbeiter. „Wir hoffen alle, dass es gut weitergeht“, gibt eine Beschäftigte die Stimmung wider. Nach Angaben des Unternehmens läuft der Klinikbetrieb zunächst an allen Standorten unvermindert weiter. Auch die Löhne und Gehälter seien über das Insolvenzgeld gesichert.
Paracelsus gehört zu den großen Klinikgruppen in Deutschland. Betroffen von der Insolvenz sind 40 Einrichtungen mit insgesamt 5200 Beschäftigten. Nach eigenen Angaben hat der Konzern Schulden im zweistelligen Millionenbereich. Ursache sind offenbar anhaltende wirtschaftliche Probleme in einzelnen Betrieben. Nach Informationen der Gewerkschaft ver.di haben sieben Kliniken Verluste erwirtschaftet. Welche das sind, wollte Paracelsus nicht mitteilen. Nach Informationen unserer Zeitung gehört der Standort in Scheidegg nicht dazu. Er schreibt offenbar schwarze Zahlen und gehört zu den Top-Betrieben von Paracelsus.
200 Betten in Scheidegg
Die Scheidegger Klinik hat 200 Betten. Sie ist spezialisiert auf die Nachsorge nach Brustkrebs, gynäkologischen Tumoren und Krebsformen der Verdauungsorgane. Der größte Teil der Patienten sind Frauen mit Brustkrebs. In ihrem Bereich gilt die Klinik deutschlandweit als führend. Sie hat eine Auslastung von weit über 90 Prozent.
Anders als an anderen Standorten hat Paracelsus in Scheidegg in den vergangenen Jahren erheblich investiert. 2008 wurde ein Patiententrakt angebaut, 2013 das Restaurant erweitert und 2015 der Therapiebereich umgestaltet. Mitte Oktober hat die Klinik ihre 30-jährige Zugehörigkeit zu Paracelsus gefeiert. Dabei legte Manfred Georg Krukemeyer, der Vorsitzende der Gesellschaftsversammlung, ein Bekenntnis zu dem Haus ab. „Ich stehe zu dem Standort und werde hier weiterhin Geld investieren“, kündigte er bei der Feier an. Auf das Wort setzt auch Scheideggs Bürgermeister Uli Pfanner. Er hat nach eigenem Bekunden von dem Insolvenzantrag erfahren. „Uns ist es um die Zukunft der Klinik nicht Angst“, sagt Pfanner. Das Scheidegger Haus sei saniert und in einem Top-Zustand, verfüge zudem über ausgezeichnete Ärzte. Für Scheidegg hat die Klinik eine große Bedeutung. Sie ist ein wichtiger Pfeiler im Gesundheitstourismus,
in dem sich die Marktgemeinde positioniert hat. Insgesamt 310 000 Übernachtungen verzeichnet die Gemeinde in dem Bereich. Die Kliniken gehören zudem zu den größeren Arbeitgebern im Ort.
Die Paracelsus-Kliniken laufen derzeit normal weiter. Das Unternehmen will die defizitären Einrichtungen nach eigenen Angaben neu aufstellen. Dazu sind zwei Sanierungsexperten als Generalbevollmächtigte bestellt worden. Unterstützung signalisiert der Gesamtbetriebsrat. „Wir werden den eingeschlagenen Weg in vollem Umfang und mit vollem Engagement unterstützen“, sagte dessen Vorsitzende Sylvia Tausche dem Nachrichtensender n-tv. Die Gewerkschaft ver.di kritisiert Managementfehler als Ursache der Insolvenz. Ihr Klinik-Fachmann Sven Bergelin räumt dem Unternehmen aber große Chancen auf eine Umstrukturierung ein. Personalabbau in größerem Umfang erwartet er nicht.