Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Kreisräte in Leutkircher Berufsschule
Vor-Ort-Termin vor der Entscheidung über Neuordnung des Ausbildungsangebots – Investitionen sind notwendig
Besuch vor der Entscheidung über Reform des Ausbildungsangebots.
LEUTKIRCH - Mehr als 30 Kreisräte haben am Dienstag die Leutkircher Geschwister-Scholl-Schule besichtigt. Sie wollen einen umfangreichen Überblick erhalten – etwa über aktuelle Ausbildungsangebote, über die Ausstattung oder den Zustand der Räume. Denn in naher Zukunft soll der Kreistag eine Entscheidung darüber treffen, in welcher Form die Profile der beruflichen Schulen im Landkreis Ravensburg neu strukturiert werden.
Bei einem Rundgang durch die Geschwister-Scholl-Schule werden den Besuchern vor allem die aktuelle Ausstattung und wichtige Handlungsfelder aus Sicht der Schulleitung vor Augen geführt. Konkret nehmen die Kreisräte etwa einen Raum unter die Lupe, der für die Pflegeausbildung genutzt wird. Besichtigt werden aber auch eine Ausbildungsküche, das Lehrerzimmer, die Elektrowerkstatt oder die KfzWerkstatt. Dabei spricht Schulleiter Heinz Brünz einen bestehenden Investitionsstau an, der sich in den vergangenen Jahren angesammelt habe.
Nachhaltige Investitionen fordern die Verantwortlichen der Geschwister-Scholl-Schule beispielsweise bei der Gebäudedämmung oder beim Ausbau der kabellosen Internetverbindung. Außerdem seien Modernisierungen von Werkstätten und Klassenräumen, ein Konzept für den Mensabetrieb, ein Versammlungsort für Schüler oder die Reparatur des Turnhallenbodens erforderlich.
Brünz spricht sich für K2 aus
Um die Zukunft der Leutkircher Berufsschule nachhaltig zu sichern, begrüßt Leiter Heinz Brünz eine Strukturreform der beruflichen Schulen. Es gelte vor allem, sachlich auf die sinkenden Schülerzahlen an den fünf Standorten im Landkreis zu reagieren. Vor den Kreisräten spricht er sich für das Modell „K2“aus, das auch von der Kreisverwaltung favorisiert wird. Nach diesen Plänen soll ein Großteil der gewerblichen Ausbildung künftig an der GeschwisterScholl-Schule gebündelt werden. Dazu zählen Berufsfelder wie die Kfz-Mechatronik oder die Metalltechnik, die in Wangen künftig wegfallen würden. Leutkirch könnte somit zu einem „Industrie 4.0“-Standort für das Allgäu werden. Im Gegenzug würde in Wangen ein „Kompetenzzentrum Milch und Agrarwirtschaft Allgäu“entstehen.
Wichtig ist Heinz Brünz, dass über die Neuordnung des Ausbildungsangebots auf sachlicher Ebene diskutiert wird. Schließlich müssten sich alle Beteiligten den Realitäten stellen. Bei Umsetzung des K2-Modells müsste Leutkirch unter anderem das Profil „Gesundheit“im Gesundheitsund Sozialwissenschaftlichen Gymnasium nach Aulendorf abgeben. „Das würde uns wehtun“, meint Brünz am Dienstag. Vor allem, weil dann Synergieeffekte verloren gingen. Bisher könnten Lehrkräfte für die Pflegeausbildung in Leutkirch auch im Bereich „Gesundheit“des Gymnasiums unterrichten.
„Hausaufgaben gemacht“
Zudem plädiert Brünz in einem kurzen Vortrag dafür, dass der Unterricht im Fachbereich Landwirtschaft in Wangen – und nicht in Ravensburg – über die Bühne gehen soll. Vor allem, weil die Strecke nach Ravensburg für viele Berufsschüler aus Leutkirch und der Umgebung zu lang wäre. „Die Schüler arbeiten überwiegend im eigenen Betrieb“, meint er. Und ab 16.30 Uhr stehe bei Landwirten die tägliche Arbeit auf dem Programm.
Generell, betont Brünz mehrfach, habe die Geschwister-Scholl-Schule ihre Hausaufgaben in den vergangenen Jahren erledigt. Er nennt in diesem Zusammenhang eine positive Entwicklung von Schülerzahlen aus dem Kfz- sowie dem Metallbereich. Einen Wunsch äußert der Schulleiter indes im Hinblick auf den Zeitrahmen: „Bitte entscheiden Sie bald.“Denn die Schulen bräuchten Planungssicherheit für das kommende Schuljahr.
Bei einer anschließenden Fragerunde melden sich einige Kreisräte zu Wort. Siegfried Spangenberg (Grüne) will etwa wissen, ob in manchen Bereichen weiterhin zwei Ausbildungsstandorte denkbar sind. „Da bin ich nicht dafür“, entgegnet Brünz. Bei einem prognostizierten Schülerrückgang von 13 Prozent mache eine Bündelung durchaus Sinn. Auch, weil beispielsweise Maschinen nicht doppelt angeschafft werden müssten.
Qualität durch Zweizügigkeit
Ein kurzes Statement gibt Hans-Jörg Leonhardt (CDU) ab. Ihm ist die Bekämpfung des Fachkräftemangels besonders wichtig. Deshalb hält er es für wichtig, dass Kompetenzzentren gebildet werden. Thema bei der Diskussionsrunde ist auch eine „Zweizügigkeit“, die bei einer Bündelung in manchen Bereichen möglich wäre. Gemeint ist, dass zwei Klassen parallel unterrichtet werden können. Auch das sei ein Qualitätsmerkmal, sind sich Brünz und Schuldezernent Franz Baur einig.
Geprochen wird in der Aula der Geschwister-Scholl-Schule auch über die längeren Anfahrtswege, die viele Schüler künftig zu bewältigen hätten. Dazu hat Baur eine klare Meinung: „Wir glauben, dass die Verbesserung in der Qualität die Nachteile der längeren Anfahrtswege überwiegt.“
Ob das auch die Kreistagsmitglieder so sehen, wird die Entscheidung über die Neuordnung der Ausbildungsangebote zeigen. Schon am 25. Januar könnte – nach weiteren Schulbesuchen im Landkreis – ein Schlussstrich unter die Diskussion gezogen werden. Widerspruch regt sich bislang vor allem aus den Reihen des beruflichen Schulzentrums in Wangen. Sowohl Lehrer als auch Schüler machen dort gegen die Pläne mobil. Mittlerweile ist aus Wangen auch eine Online-Petition ins Leben gerufen worden.