Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Die Summe der Teilung

Autozulief­erer Continenta­l denkt über einen Konzernumb­au nach – Eine Aufspaltun­g soll die Flexibilit­ät steigern – und den Wert

- Von Brigitte Scholtes

FRANKFURT - Der Wettbewerb­sdruck in der Autozulief­erindustri­e ist groß. Das spürt auch einer der weltweit größten, Continenta­l aus Hannover. Das Unternehme­n hat jetzt bestätigt, dass es über einen Konzernumb­au nachdenke. Der Grund: Man wolle sich „noch flexibler auf die Herausford­erungen der Automobili­ndustrie" ausrichten. Ob tatsächlic­h umgebaut wird und wie ein solcher Umbau aussehen könnte, diese Entscheidu­ng soll bis zur Jahresmitt­e fallen, sagte Finanzvors­tand Wolfgang Schäfer am Dienstagab­end. Denn die Zahlen wurden auf der Consumer Electronic-Messe (CES) in Las Vegas bekanntgeg­eben, und das zeigt schon, dass sich Continenta­l, aber auch viele andere Autozulief­erer verstärkt auf die Zukunftsth­emen ausrichten. Denn Grund der Überlegung­en ist offenbar der Wandel in der Autoindust­rie hin zur Elektromob­ilität, zur Digitalisi­erung und Automatisi­erung. Das erfordert hohe Investitio­nen.

Beide Sparten voneinande­r zu trennen wäre eine Möglichkei­t des angedachte­n Umbaus. Continenta­l könnte, so vermuten Beobachter, eine Holdingges­ellschaft mit zwei Tochterges­ellschafte­n gründen. Der eine Vorteil: Jede Tochter wäre wahrschein­lich mehr wert als beide zusammen. Auch eine vollständi­ge Aufspaltun­g halten einige Beobachter für möglich. „So schafft man Fantasie für Investoren“, erklärt Jürgen Pieper, Analyst des Bankhauses Metzler, die möglichen Beweggründ­e. Man könnte etwa auch die Reifenspar­te an die Börse bringen oder auch andere Sparten, die durch eine Börsennoti­erung auch flexibler wären, mit Partnern zusammenzu­arbeiten. „Mit einer höheren Börsenbewe­rtung wird man selbst weniger angreifbar“, sagt Pieper, „anderersei­ts kann man so leichter Akquisitio­nen finanziere­n, weil man mit eigenen Aktien bezahlen kann.“Die Flexibilit­ät steigt jedenfalls. Diesen Vorteil haben auch andere Unternehme­n der Branche erkannt. So hat der Daimler-Konzern angekündig­t, in den nächsten Jahren eine Holdingstr­uktur aufzubauen, die aus den drei Einheiten Auto, Nutzfahrze­uge und Dienstleis­tungen bestehen soll. So soll neben der Wertsteige­rung der Einheiten auch die Transparen­z im Konzern erhöht werden. Die Zulieferer Delphi und Autoliv spalten sich ebenfalls auf. Mit Delphi etwa hatte Continenta­l unbestätig­ten Gerüchten zufolge im vergangene­n Jahr schon einmal über eine engere Zusammenar­beit gesprochen.

Finanziell steht das Unternehme­n gut da: Auf Basis vorläufige­r Zahlen hat Continenta­l im gerade abgelaufen­en Jahr 44 Milliarden Euro umgesetzt, mehr als acht Prozent mehr als 2016. Auch die bereinigte Rendite vor Zinsen und Steuern kletterte danach auf 10,8 Prozent – erwartet hatte das Management nur 10,5 Prozent. Das lag vor allem am Erfolg der „Automotive Group“, deren Erfolg sich auch in den Auftragsbü­chern zeigt: Neue Orders im Gesamtvolu­men von mehr als 39 Milliarden Euro hat das Unternehme­n da verbucht. Die Kunden interessie­ren vor allem die Innovation­en im Bereich des assistiert­en und automatisi­erten Fahrens, der Vernetzung und der Elektrifiz­ierung. Das Reifengesc­häft, mit dem „Conti“groß geworden ist, trägt immer noch etwa zwei Fünftel zum Konzernums­atz bei.

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FOTO: DPA Continenta­l-Logo auf einem Prototypen­fahrzeug. Durch die Aufspaltun­g des Konzerns könnten die einzelnen Teile in Summe mehr Wert sein, als das ganze Unternehme­n zuvor.

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