Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Ungezügelte Reiselust
Die Tourismusbranche boomt weiter – Auftakt der Tourismusmesse CMT in Stuttgart
STUTTGART - Mehr Zeit, mehr Geld und mehr Lust haben knapp die Hälfte (43 Prozent) der Deutschen auf Urlaub. Dementsprechend stark ist die Tourismusbranche gewachsen – weltweit um sieben Prozent und europaweit um acht Prozent. Diese Zahlen hat die Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) zum Auftakt der Reisemesse Caravan, Motor und Touristik (CMT) am Freitag in Stuttgart vorgestellt.
Lieblingsziel der Deutschen ist mit 30 Prozent das eigene Land, gefolgt von Spanien, Italien, der Türkei und Österreich. Ingesamt 69 Millionen Urlaubsreisen mit fünf Tagen oder mehr haben die Deutschen 2017 angetreten und dabei 69 Milliarden Euro ausgegeben – zwei Prozent mehr als im Jahr zuvor. Das hat den Reisebüros ein Umsatzplus von 6,6 Prozent gegenüber 2016 beschert, wobei Kreuzfahrten mit einem Zuwachs von 14 Prozent besonders hervorstechen. Weltweit lag das Wachstum hier bei vier Prozent.
Reiseweltmeister Deutschland
Die Deutschen bleiben also weiterhin Reiseweltmeister, wobei die Urlauber aus Baden-Württemberg hier den Spitzenplatz einnehmen – mit neun Millionen Urlaubsreisen im vergangenen Jahr und den höchsten Ausgaben pro Kopf und Reise: durchschnittlich 1098 Euro ließen sich Urlauber im Südwesten die schönsten Wochen des Jahres kosten. Die bayerischen Nachbarn geben mit 1004 Euro etwas weniger aus. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 983 Euro, wobei die Norddeutschen mit 903 Euro pro Kopf am knauserigsten sind.
Dementsprechend optimistisch blickt die gesamte Tourismusbranche auf das Reisejahr 2018 und erwartet weiteres Wachstum. Zwar wollen 42 Prozent der Deutschen ihren Urlaub dort verbringen, wo sie noch nicht waren, trotzdem bleibt das eigene Land mit knapp einem Drittel weiter das Hauptreiseziel. Urlauber aus Baden-Württemberg zieht es zu 39 Prozent ans Mittelmeer, zu zehn Prozent in die Alpen und zu gut sieben Prozent ins eigene Bundesland.
Deutsche Wohnwagenurlauber wählen überdurchschnittlich oft Ziele im eigenen Land (53 Prozent). Insgesamt kommt der Bereich Camping und Caravaning 2017 auf 3,4 Millionen Urlaubsreisen – mit Zelturlauben steigt die Zahl auf 4,4 Millionen Urlaube.
Entsprechend gut läuft auch das Geschäft der Hersteller von Reisemobilen und Caravans. Dethleffs aus Isny (Landkreis Ravensburg) spricht 2016/17 von einem Rekordjahr mit 375 Millionen Euro Umsatz. Und wären die Kapazitätsengpässe nicht gewesen hätten die Ergebnisse noch besser ausfallen können, räumte Geschäftsführer Alexander Leopold auf der CMT ein. Auf den für 10 000 Stück jährlich ausgelegten Produktionsanlagen in Isny laufen derzeit 12000 Reisemobile vom Band, was manche Prozesse nicht effektiv mache.
Mitarbeiter gesucht
Mit der Fertigstellung der neuen Produktionshalle soll dieser Engpass im laufenden Geschäftsjahr 2017/18 beseitigt werden. Dann, so Leopold, strebe man eine Produktion von mehr als 12 000 Stück im Jahr an und einen Umsatz, der die 400-Millionen-Euro-Marke übersteigen soll. Auch die Anzahl der Mitarbeiter soll zulegen – derzeit sind es circa 11 000.
Wegen der hohen Nachfrage nach Wohnmobilen rechnet auch Christian Bauer, seit Januar neuer Geschäftsführer beim Reisemobilhersteller Hymer aus Bad Waldsee (Landkreis Ravensburg), für das laufende Geschäftsjahr 2017/18 mit einem deutlichen Umsatzplus. Man gehe von einer Steigerung von rund zwölf Prozent auf etwa 527 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr aus, so Bauer auf der CMT. 12 000 Freizeitfahrzeuge will Hymer absetzen und dafür auch die Mitarbeiterzahlen von derzeit 1500 Beschäftigten kräftig aufstocken.
„Positiv in die Zukunft“blickt auch Bernd Wuschack, Geschäftsführer des Wohnmobilherstellers Carthago aus Aulendorf (Landkreis Ravensburg). 2017 stieg der Umsatz um 25 Prozent auf 300 Millionen Euro, für 2018 spricht Wuschack von 17 Prozent Wachstum auf 350 bis 355 Millionen Euro. An den Produktionsstandorten in Deutschland und Slowenien arbeiten derzeit 1270 Mitarbeiter – und auch Carthago will Personal aufbauen. Zwar vorrangig in Slowenien, aber auch in Aulendorf.
Damit sind alle drei Hersteller, die zudem noch räumlich nahe beieinander liegen, jeweils auf der Suche – teilweise sogar händeringend – nach Mitarbeitern. Eine Situation, die die Freude über die guten Geschäftszahlen und Wachstumsaussichten ein wenig trübt.