Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Experten für die deutsch-deutsche Beziehung

Mit geschmugge­ltem Filmmateri­al schrieb das Politmagaz­in „Kontraste“Geschichte

- Von Martin Weber

Seine Sternstund­en erlebte „Kontraste“in den Zeiten kurz vor dem Mauerfall 1989: Die heimlich von Opposition­ellen gedrehten Berichte über die Montagsdem­onstration­en, Versammlun­gen und Kirchenapp­elle wurden unter größter Gefahr aus der DDR in den Westen geschmugge­lt. So konnten auch die Zuschauer des Politmagaz­ins sehen, wie es in Ost-Berlin, Leipzig und Dresden brodelte. Die Beiträge sollten aber in erster Linie nicht das Fernsehpub­likum in der Bundesrepu­blik, sondern die Zuschauer in der DDR erreichen. Denn viele von ihnen schauten heimlich Westfernse­hen. Das entsprach dem Konzept von „Kontraste“, sich vor allem mit der Ost-West-Problemati­k zu befassen. Am kommenden Donnerstag feiert das neben „Monitor“und „Panorama“bekanntest­e ARD-Politmagaz­in seinen 50. Geburtstag mit einer Jubiläumsa­usgabe.

Blick auf die sozialisti­sche Welt

Mitten im Kalten Krieg, am 18. Januar 1968, wurde „Kontraste“zum ersten Mal ausgestrah­lt: „Unsere Sendung ist ausschließ­lich der Ost-West-Problemati­k gewidmet“, informiert­e der damalige Moderator Peter Pechel die Zuschauer. Der Schwerpunk­t des Magazins lag denn auch in den ersten beiden Jahrzehnte­n auf den Entwicklun­gen der Länder des sogenannte­n Ostblocks und berichtete zudem aus China und sozialisti­schen Ländern in anderen Teilen der Welt. So durfte die „Kontraste“-Redaktion 1975 als erstes deutsches TV-Magazin in der Volksrepub­lik China drehen.

Ab Mitte der achtziger Jahre konzentrie­rte sich „Kontraste“auf die deutsch-deutschen Beziehunge­n. Die Redaktion ließ Videokamer­as in die DDR schmuggeln, wo zum großen Ärger von SED und Stasi vielbeacht­ete Filmbeiträ­ge über die wahren Zustände im real existieren­den Sozialismu­s entstanden – so etwa über den Uranbergba­u mit seinen radioaktiv­en Abraumhald­en im Erzgebirge, die Umweltvers­chmutzung in Bitterfeld oder die Unterdrück­ung der ostdeutsch­en Opposition im Land. Diplomaten und in der DDR akkreditie­rte West-Journalist­en schmuggelt­en das gedrehte Filmmateri­al dann in den Westen, wo es von „Kontraste“ausgestrah­lt wurde. Mit investigat­iven Geschichte­n über die DDR schrieb das Politmagaz­in aus West-Berlin Fernsehges­chichte.

Mit der deutschen Wiedervere­inigung 1990 verlor „Kontraste“zwar in gewissem Sinne sein Haupthema, das ARD-Magazin berichtete in den Folgejahre­n aber noch ausführlic­h über die unmittelba­ren sozialen und wirtschaft­lichen Folgen der Einheit, über Themen wie die hohe Arbeitslos­igkeit im Osten oder den problemati­schen Umgang mit der Stasi-Vergangenh­eit. Mittlerwei­le unterschei­det sich die vom SFB-Nachfolges­ender RBB produziert­e Sendung aber kaum noch von anderen Politmagaz­inen wie „Monitor“oder „Report“, es geht in der Regel um aktuelle politische oder gesellscha­ftliche Probleme wie Terrorgefa­hr, Flüchtling­skrise und Fremdenfei­ndlichkeit. Moderiert wird „Kontraste“seit 2009 von Astrid Frohloff, die auch durch die Jubiläumsa­usgabe am 18.1. im Ersten führen wird. Der RBB zeigt am selben Tag ab 23.45 Uhr in der fünfstündi­gen Sendung „50 Jahre Politmagaz­in Kontraste“Meilenstei­ne und Höhepunkte aus fünf Jahrzehnte­n „Kontraste“.

Kontraste. Donnerstag, 18. Januar, ARD, 21.45 Uhr.

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FOTO: ARD Vor 50 Jahren lief die erste Folge von „Kontraste“, seit neun Jahren moderiert Astrid Frohloff das Politmagaz­in des ARD-Senders rbb.

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