Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Reichen 5,6 Millionen fürs Hallenbad? Bürkle: „Ich war stets skeptisch“
Bad Wurzacher Bürgermeister über eine mögliche Verteuerung des Neubaus, ein Gewerbegebiet bei Arnach, die Wohnungsnot und seine persönlichen Pläne
BAD WURZACH - Endspurt für Roland Bürkle. In fast genau sechs Monaten, am 15. Juli 2018, endet die Amtszeit des Bürgermeisters der Stadt Bad Wurzach. Zu den Neuwahlen am 22. April wird der 52-jährige CDU-Politiker nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten. Was er bis dahin noch erledigen will und was seinem Nachfolger an Aufgaben ins Haus steht, danach befragte ihn SZRedakteur Steffen Lang. Themen waren unter anderem Hallenbad, Kurbetrieb, Wohnungsmarkt und ein mögliches Gewerbegebiet bei Arnach-Brugg.
Herr Bürkle, der millionenschwere Neubau des Hallenbads ist beschlossen, der Förderbescheid ist da. Ist die Ausschreibung schon im Gange?
Nein. Wir werden jetzt erst einmal die Arbeiten für die Modernisierung der Moorbadeabteilung ausschreiben. Da ist der Zeitdruck höher. Das Hallenbad wird dann im Frühjahr folgen. Den genauen Terminplan erstellen wir in diesen Tagen mit dem für beide Projekte zuständigen Architekten.
Werden Sie dann noch den Baubeginn als Bürgermeister erleben?
Es wäre schön, wenn uns der erste Spatenstich noch im ersten Halbjahr 2018 gelingt.
Wie zuversichtlich sind Sie, dass der Badneubau tatsächlich mit den veranschlagten 5,6 Millionen Euro zu verwirklichen ist?
Das ist sehr schwer einzuschätzen. Ausschließen kann man einen Preisanstieg sicherlich nicht, auch wenn ich hoffe und glaube, dass es bei diesem Großprojekt einen Wettbewerb unter den Firmen geben wird, wir also günstige Angebote bekommen könnten. Auch der Bund hat uns eine realistische Kostenschätzung bescheinigt, die allerdings seiner Erfahrung nach an der unteren Skala liegt.
Der Gemeinderat hat stets auf der Deckelung der Baukosten bestanden. Was wird passieren, wenn die 5,6 Millionen nicht reichen?
Dann muss der Gemeinderat entscheiden, ob er eine Erhöhung mitträgt oder was eingespart werden soll. Ich selbst war stets skeptisch, was die 5,6 Millionen betrifft, und halte es für falsch, mitten im Projekt dann qualitativ zurückzufahren. Sollte die Preissteigerung eintreten, wird es eine interessante Diskussion werden.
Was wird mit dem alten Bad am Ried passieren?
Der hintere Bereich wird der Natur zurückgegeben. Der Parkplatz wird bestehen bleiben. Für den Bereich mit dem Hallenbadgebäude wird es eine neue Nutzung geben. Anfragen gibt es bereits. Aber darüber will der Gemeinderat erst entscheiden, wenn zumindest der Rohbau am Grünen Hügel steht, also Ende 2018, Anfang 2019. Wir wollen das Fell des alten Bären nicht schon verteilen, bevor der neue sichtbar ist.
Zweite große Investition ist die Modernisierung des Kurbetriebs. Sie ist auf drei Jahre angelegt. Was soll 2018 passieren?
Die Moorbadeabteilung ist wie schon erwähnt das Erste, was jetzt angepackt werden muss. Moor und Therapie sind in Ordnung, aber die Einrichtung ist 30 Jahre lang stehengeblieben. Dabei muss jedem klar sein: Wenn dort monatelang wegen des Umbaus nicht therapiert werden kann, gibt es auch keine Einnahmen, und das wird sich aufs Jahresergebnis des Kurbetriebs auswirken. Danach muss die Attraktivität des Kurhotels aufgewertet werden. Dort herrscht der Charme der 1980er-Jahre. Und heutzutage will niemand mehr in seinem Urlaub schlechter wohnen als zu Hause.
Das alles wird Markus Bazan als Geschäftsführer begleiten?
Ja, Herr Bazan hat für 2018 wieder einen Jahresvertrag erhalten. Würde ich nicht aus dem Amt scheiden, hätte ich ihm einen Vertrag bis 2021 gegeben und Mitte/Ende 2019 den Wechsel eingeleitet, damit der künftige Geschäftsführer in der letzten Phase der Umstrukturierung mitarbeiten kann. Herr Bazan macht seine Sache sehr gut. Er gab uns neue Motivation und neuen Mut, und es ist ihm gelungen, die Mitarbeiter mehrheitlich mitzunehmen.
Welche Entwicklungsmöglichkeiten wird Ihr Nachfolger in Sachen Gewerbeansiedlung haben? Ist eine Beteiligung am geplanten interkommunalen Gewerbegebiet bei Leutkirch angedacht?
Für so etwas sollte man immer offen sein, und ich selbst bin Anhänger interkommunaler Zusammenarbeit bei solch großen Projekten. Aber Bad Wurzach hat auch noch etwas Platz im Gewerbepark West, wo sich auch schon bald wieder etwas in Sachen Neuansiedlung tun könnte. Und wir haben im Flächennutzungsplan immer noch 15 bis 20 Hektar in ArnachBrugg als Gewerbegebiet stehen, auch wenn das vom Regionalverband noch endgültig genehmigt werden muss. In dem Gelände dort wurde mit den Kiesgruben schon erheblich in die Natur eingegriffen, und es liegt nicht im Wurzacher Becken. Da macht es Sinn, Gewerbe anzusiedeln. Nur die Erschließung ist etwas komplizierter, weil das Abwasser hochgepumpt werden müsste.
Gehört die Fläche dort der Stadt?
Nein, aber die Eigentümer haben Gesprächsbereitschaft signalisiert.
Neue stadtnahe Arbeitsplätze wären gut. Aber die Menschen müssen auch irgendwo wohnen. Und auf dem Wohnungsmarkt ist schon jetzt ein gewisser Druck im Kessel ...
Es ist sogar ein hoher Druck im Kessel. Zumal vor allem Familien und Menschen unterer Einkommensschichten betroffen sind. Und in wirtschaftlich guten Zeiten, wie sie derzeit herrschen, sind Kommunen, Land und Bund in meinen Augen gefordert, sich den Schwächeren zuzuwenden.
Was aber kann die Stadt gegen die Wohnungsnot tun?
Wir müssen neue Baugebiete ausweisen. Die Stadt hat schon viele Grundstücke gekauft und will den Schwung des neuen vereinfachten Baurechts nutzen. Es muss und wird in den kommenden Jahren viel passieren. In allen Baugebieten werden dabei zwei oder drei Plätze mit Mehrfamilienhäusern bebaut werden müssen. Aber auch jedes neues Einfamilienhaus hilft, denn die Menschen, die dort einziehen, machen ja woanders eine Wohnung frei.
Das Problem ist aber nicht der Wohnraum allein, sondern der Preis, der dafür verlangt wird.
Eben deswegen müssen wir das ganze Potenzial ausschöpfen, um das Angebot auszuweiten: neues Bauland ausweisen, aber auch Möglichkeiten der Nachverdichtung nutzen. In Bad Wurzach wird zum Beispiel auf einem Grundstück, auf dem derzeit noch ein Einfamilienhaus steht, ein Mehrfamilienhaus mit 24 Wohnungen gebaut werden. Ich glaube zwar nicht, dass die Mietpreise dadurch sinken werden, aber wir können sie so wenigstens auf derzeitigem Niveau stabilisieren.
Im Laufen ist die Suche nach einer Dachmarke. Wird es die noch in Ihrer Amtszeit geben?
Mir wäre es, im Gegenteil, recht, wenn mein Nachfolger darauf auch noch Einfluss nehmen kann. Daher werde ich in Gespräch mit der Agentur prüfen, ob man etwas Gas rausnehmen kann.
Auch das Konzept des Nahwärmenetzes, gespeist von der Abwärme der Verallia Deutschland AG, wird der nächste Bürgermeister weiterzuführen haben. Gibt es da schon Ergebnisse der Befragung der privaten Haushalte?
Es besteht dort ein gewisses Interesse, und es ist weiterhin jeder Private herzlich willkommen, sich anschließen zu lassen, auch wenn das Netz erst einmal grundsätzlich für die öffentlichen Gebäude gedacht ist. Zunächst muss aber geklärt werden, ob das Konzept wirtschaftlich ist, also konkret, was die Versorgung kostet. Das soll noch im ersten Halbjahr geschehen. Ist das akzeptabel, und bisher sieht es positiv aus, muss im zweiten Halbjahr entschieden werden, wer das Netz betreibt. Die Stadt selbst oder als Teil einer Gesellschaft? Oder wird es komplett in private Hände gegeben?
Was möchten Sie über die angesprochenen Themen hinaus noch bis zum Ende Ihrer Amtszeit umsetzen?
Solche Ziele stelle ich mir nicht. Es bringt nichts, etwas zwanghaft fertigzustellen. Ich denke, ich habe hier 16 Jahre einen guten Job gemacht. Da kommt es auf das letzte halbe Jahr nicht an. Ich arbeite so weiter, als ob ich über den Juli 2018 hinaus weitermachen würde.
„Wir müssen neue Baugebiete ausweisen.“
„Die Moorbadeabteilung ist das Erste, was jetzt angepackt werden muss.“
Trotzdem steht 2018 noch so einiges auf dem Investitionsplan.
Ja, wir wollen 16 Millionen Euro investieren. Zum Beispiel ins Arnacher Schulzentrum, in das neue Feuerwehrhaus in Dietmanns, in die Erweiterung des Eintürner Kindergartens. Und wir haben 1,2 Millionen Euro für die Straßenerneuerung eingeplant, so viel wie in den vergangenen drei Jahren zusammen. Realistisch gesehen werden wir wohl wieder wie 2017 acht bis neun Millionen Euro tatsächlich ausgeben können. Für mehr reicht das Personal einfach nicht aus. Und 2019 sind Kommunalwahlen. Danach wird es einen neuen Gemeinderat geben mit vielleicht neuen Ideen und neuen Priorisierungen.
Haben Sie denn schon eine Idee, was Sie am 16. Juli, dem ersten Tag nach Ihrer Amtszeit, machen werden?
Ganz genau sogar: Ich fahre mit dem Wohnmobil nach Frankreich, wo ich zwei Wochen lang die Tour de France begleiten werde. Danach geht’s zum Bergwandern ins Piemont.
Und am, sagen wir, 16. Dezember 2018?
Das weiß ich noch nicht. Vielleicht gehe ich da zum Skifahren. Nein, im Ernst: Ich lasse mich überraschen, was auf mich zukommt. Und werde in Ruhe Hinweise und Anfragen, die es auch jetzt schon gibt, überprüfen. Ich bin dabei für alles offen.