Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Vom Gäu ins Allgäu

Evangelisc­he Kirchengem­einde feiert Investitur von Pfarrerin Tanja Götz

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LEUTKIRCH (sz) - Die Evangelisc­he Kirchengem­einde in Leutkirch hatte am Sonntag Grund zu großer Freude: Nach über einjährige­r Vakatur wurde Tanja Götz von Codekan Gottfried Claß in der Dreifaltig­keitskirch­e auf die Pfarrstell­e Nord berufen. Nach dem anschließe­nden Empfang mit Gruß- und Dankeswort­en nahmen die Gäste aus Kayh und Mönchberg bei Herrenberg teilweise sehr bewegt Abschied von ihrer 40-jährigen Pfarrerin. Leutkirche­r Gottesdien­stbesucher aus Kirchengem­einde und Stadt wiederum konnten schon erste nette Kontakte knüpfen.

Vor der Amtsverpfl­ichtung stellte sich die neue Pfarrerin der Gemeinde vor. Sie zeigte sich erfreut über die schon sehr positiven Erfahrunge­n beim Umzug in ihr neues Heim. Dabei erzählte sie schmunzeln­d, dass die ersten Verbindung­en mit der Allgäustad­t über ihren Hund entstanden seien. Denn ihr Husky ist ein echter Leutkirche­r. Nachdem ihr früherer Wirkungsbe­reich im sogenannte­n Gäu gelegen hatte, sei sie nun sehr gespannt auf das Allgäu: „Wie nahe man hier an den Alpen ist, hat mich fast umgehauen.“

Dass diese Pfarrerin allerdings von nichts so schnell umgehauen wird, belegte das bei einem Pfarreiwec­hsel übliche „Zeugenwort“von Claudia Elisabeth Pfeiffer, Pfarrerin in Deufringen und Dachtel im Kirchenbez­irk Böblingen. Als Kollegin kennt sie sehr wohl die Anforderun­gen in einem Pfarramt. Deshalb hätte sie eigentlich gerne einen Leuchtturm mitgebrach­t, von dem aus Götz immer wieder Abstand und Überblick gewinnen könne. Der Leuchtturm war zwar zur Laterne mutiert, die dann aber sehr sinnfällig an der Altarkerze entzündet wurde. Als Leitspruch gab Pfeiffer ihrer Kollegin den Vers 20 aus Psalm 18 mit: „Er führte mich hinaus ins Weite, er riss mich heraus; denn er hatte Lust zu mir.“Diese Liebe Gottes möge sie begleiten, meinte Pfeiffer.

In der Amtsverpfl­ichtung, die Codekan Claß verlas, sind die Aufgaben einer Pfarrerin mit den Worten umrissen: „Ich will in meinem Teil dafür Sorge tragen, dass die Kirche in Verkündigu­ng, Lehre und Leben auf den Grund des Evangelium­s gebaut werde, und ich will darauf achthaben, dass falscher Lehre, der Unordnung und dem Ärgernis in der Kirche gewehrt werde. Ich will meinen pfarramtli­chen Dienst im Gehorsam gegen Jesus Christus nach der Ordnung unserer Landeskirc­he tun und das Beichtgehe­imnis wahren.“Von Tanja Götz kam ein festes, klares „Ja!“.

Als neu eingesetzt­er Leutkirche­r Pfarrerin hielt sie dann ihre erste Predigt. Mit Freude und großer Dankbarkei­t stehe sie hier auf der Kanzel – und ganz ohne „die große Furcht“, wie sie im Predigttex­t zu diesem Sonntag über den Besuch des Apostels Paulus in der Gemeinde von Korinth anklingt (1. Kor. 2-10). Götz entwarf das Bild eines Apostels, der nicht als strahlende­r Redner die Weisheit der Welt verkündete, sondern sich allein auf die frohe Botschaft und die Kraft Gottes berief. Auch in unseren Tagen sei es immer wieder wichtig, nachzufrag­en, auf was es letztlich ankomme. Der Gemeinde sagte sie zu: „Uns eint die Frohbotsch­aft zu haben und sie weiterzutr­agen. Wir dürfen dieser Botschaft ein Gesicht geben – im Ehrenund im Hauptamt“. Ein Zeichen der Ermutigung setzte der Projektcho­r unter Leitung von Juliane WienckeKra­use mit seinem Schlusslie­d „Vertraut den neuen Wegen“. Herbert Jess begleitete den Auszug mit imposantem Orgelspiel.

Nach Gottesdien­st und Kirchenkaf­fee lud die Gemeinde zu Grußworten und vom Festaussch­uss liebevoll hergericht­eten Imbiss in den in aller Schnelle umgebauten Kirchenrau­m ein. Von der katholisch­en Gemeinde war Pastoralre­ferent Benjamin Sigg gekommen, der von ersten Kontakten mit Pfarrerin Götz und ihrem Mann erzählte, als die Sternsinge­r sie im neuen Heim aufsuchten. Beide Kirchen prägten das Stadtbild, meinte er, was sinnbildli­ch als gute ökumenisch­e Verbundenh­eit gewertet werden könne. Beide Kirchen sähen sich in Zukunft aber auch großen Herausford­erungen gegenüber, und so gelte es genau zu schauen, was machbar ist und was man lassen könne.

„Richtige Allgäuer werden“

Anschließe­nd bat Volker Gerlach, der die Moderation übernommen hatte, Oberbürger­meister Hans-Jörg Henle um sein Grußwort. Dieser griff die Frage aus der Predigt auf, wann man eigentlich zum letzten Mal gestaunt habe. Henle musste nicht lange überlegen: „Das war beim Neujahrsem­pfang am Freitag, als mir wieder einmal das große ehrenamtli­che Engagement der Leutkirche­r bewusst wurde.“Gestaunt habe er aber auch am Samstag, als er mit seiner Frau auf den Schwarzen Grat gewandert sei und die herrliche Landschaft genießen durfte. „Unser Herrgott hat schon alles sehr perfekt gemacht.“Den Neuankömml­ingen wünschte er, dass sie so schnell wie möglich richtige Allgäuer werden.

„Allgäuer sind Tiefwurzle­r“, erklärte Henle. Aber diese seien keineswegs so verdruckt, wie es gerne kolportier­t werde. Das versichert­e die gewählte Vorsitzend­e des evangelisc­hen Kirchengem­einderats, Barbara Waldvogel. Sie zeigte sich sichtlich erleichter­t, dass die über einjährige Vakaturzei­t nun beendet ist und hielt noch einmal einen Rückblick auf das ereignisre­iche vergangene Lutherjahr. Sie ermunterte die Pfarrerin zu Kreativitä­t und Offenheit bei ihrer zukünftige­n Arbeit.

Damit sie bei allen Anforderun­gen im Dienst trotzdem noch freie Zeit zum Erkunden der schönen neuen Heimat finde, dazu ermutigten sie Pfarrerin Ulrike Rose aus Leutkirch und Pfarrer Jörg Scheerer aus Kißlegg.

Deren Geschenke passten dazu: Bücher über Leutkirch und Umgebung mit Wanderkart­e samt Einkehrmög­lichkeiten – zum Ausspannen.

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FOTO: BAWA Die neue Leutkirche­r Pfarrerin Tanja Götz mit ihrem Ehemann Bernhard beim Empfang nach der Investitur in der Dreifaltig­keitskirch­e.

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