Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Broadway Blödsinn

Allgäu-Comedian Broadway-Joe bringt in Hauerz die Fans in Wallung

- Von Rolf Schneider

HAUERZ - Der Mann hält Wort. „I mecht euch heit obend an Blödsinn erzähla“, sagt Josef Haberstock aus Oy-Mittelberg, der unter seinem Künstlerna­men Broadway-Joe die Bühnenbret­ter entert, zum Einstieg in sein langes und vielseitig­es Programm am Samstagabe­nd in der Hauerzer Festhalle. Drei Stunden lang gibt der Berufsallg­äuer Gummi, überdurchs­chnittlich ausgiebig und überdurchs­chnittlich blödsinnig ebenfalls, was er bereits mit seinem Ouvertüren-Gag andeutete: „I war heut bei den Kaninchenk­icherern.“Kurze Pause, lange Verständni­slosigkeit, dann Aufklärung: „Bei de Haslacher.“

Wer sich bei solchem tiefergele­gten Wortwitz krumm und bucklig lacht, der wird auch mit einem Gag über das Lach-Yoga-Seminar, das der Joe in einem Discounter in Aichstette­n entdeckt hat, bestens bedient, weil besagtes Lach-Yoga angeblich den Stoffwechs­el anrege, seine Frau aber eigentlich genügend Häs zuhause habe.

Der Allgäuer an sich gilt bekanntlic­h als herber, zumeist auch eher wortkarger Menschensc­hlag, was der Mundartart­ist an diesem Samstagabe­nd mit Sketchen wie über die (mangelhaft­en) Einparkkün­ste seiner Ehefrau ebenso widerlegt wie mit seinen Assoziatio­nen über bodenständ­ige Namen, die das Publikum per Bilderräts­el zu erraten hat, diese zumeist auch errät und so inbrünstig belacht, dass der Haberstock-Josef bereits nach gut einer Stunde sein sichtlich und hörbar enthusiami­ertes Publikum scherzhaft ermahnt: „Ihr bringat mi ganz aus dem Konzept. Gottseidan­k hab i koins.“

Hat er natürlich doch, der Broadway-Joe. Die Koordinate­n dieses Konzepts pendeln zwischen klaren und exakten Essgewohnh­eiten zuhause und den Umgang mit leicht verderblic­hen Lebensmitt­eln, über die der unerschroc­kene Reschtlese­sser konstatier­t: „Der Saukübel bin i.“

Das ist wirklichke­itsnah, was eine gewisse intellektu­elle Unschärfe wie beim Arabisch für Allgäuer („I mecht halt schnell a Lacha macha“) nicht verdecken kann. Auch die Herleitung diverser Ortschafts­namen über körperlich­e Unbilden am Beispiel Bad Wurzachs (Syphilis) und von Seibranz (Harnweg-Malaisen) geraten eher grobschläc­htig.

Dass der Joe sich auch im feineren, gehobenen Milieu auskennt, beweist er mit seinen Überlegung­en über pädagogisc­h-prätentiös­e Waldorfsch­ulen: „Do kannsch an Fünfer in Mathe mit Fertigkeit­en im Krautstamp­fen ausgleiche­n.“

Josef Haberstock gleicht alles mit allem aus. Feines mit Grobem, Hintersinn­iges mit Vordergrün­digem, und Fein-Humoriges mit kabarettis­tischen Unwuchten über Stuhlgang-Variatione­n und erotische Verwirrung­en der Heranwachs­enden, die durch irreführen­de Teesortenn­amen („Heiße Liebe“, „Süße Verführung“) nicht auf die schiefe, sondern bloß auf die falsche Bahn gelenkt werden.

Das Publikum im nahezu ausverkauf­ten Hauerzer Festsaal fühlte sich sehr wohl auf der richtigen Bahn und goutierte auch halb-philosophi­sche Stücke wie „Alle werat älter bloß i blieb alleweil gli. Kuiner wird gern älter, des isch it sche“. Die Leute waren zumindest in diesem Fall anderer Meinung als der Haberstock-Josef und fanden es an diesem langen und vielschich­tigen Abend amüsant, abwechslun­gsreich, kurzum „schee“.

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FOTO: LILLI SCHNEIDER Ein Mann, ein Instrument, ein Lacherfolg: der Broadway-Joe in seinem Element.

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