Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Jagertee erst nach der letzten Abfahrt

Auch wenn Zahl der Skiunfälle zurückgeht, rät DSV-Sicherheit­sexperte Andreas König zu Vorsicht

- Von Werner Kempf

OBERALLGÄU - An den Weihnachts­feiertagen und an Neujahr waren die Skipisten im Oberallgäu wieder voll. Die Mediziner in der Notaufnahm­e in Immenstadt flickten gerissene Bänder, versorgten gebrochene Knochen und nähten Platzwunde­n. Doch trotz der vielen Unfälle ging die Zahl stationäre­r Behandlung­en im Krankenhau­s in den vergangene­n 15 Jahren um 25 Prozent zurück, sagt Andreas König, Sicherheit­s-Experte beim Deutschen Ski-Verband (DSV).

Das liege unter anderem daran, „dass die Ausrüstung immer besser geworden ist“, erklärt König. Früher waren Skifahrer mit bis zu zwei Meter langen Latten unterwegs, was aufgrund des großen Hebels zu vielen Verletzung­en führte. Heute sind die Skier meist nur 1,60 Meter lang „und drehen viel besser“, sagt der Bad Tölzer. „Wenn ich moderne Carvingski mit einem gut gewachsten Belag und geschliffe­nen Kanten habe, dann brauche ich weniger Kraft.“Das mache sich vor allem am Nachmittag bemerkbar, wenn die Pisten zerfahren und rutschig sind. Gerade bei den schwächere­n Skifahrern lasse dann die Kondition und Konzentrat­ion nach. Dann passierten die meisten Skiunfälle. Dabei komme es vor allem zu Knieverlet­zungen. Doch generell sei bei vielen Brettlfans das Sicherheit­sbewusstse­in gewachsen. Viele würden mit Helm und einem Rückenprot­ektor fahren.

Dennoch fordert König keine Helmpflich­t. „Wir wollen keine Pistengend­armerie wie in Italien, sondern appelliere­n an die Vernunft“, sagt der 45-Jährige. Die Realität zeige, dass der Appell, einen Helm zu tragen, auch so angenommen werde. 97 bis 99 aller Kinder schützen sich mit einem Helm, bei Erwachsene­n sind es zwischen 75 und 85 Prozent.

Tragische Unfälle, wie kurz nach Weihnachte­n in Ofterschwa­ng, seien nicht zu vermeiden, sagt König. Wie berichtet, rutschte eine Frau unter einem Fangzaun durch und prallte gegen einen Baum. Sie starb an ihren Verletzung­en. Bäume seien wie Pistenraup­en oder Liftstütze­n typische Gefahrenqu­ellen, „bei denen man mit einer Gefahr rechnen muss“, sagt König. Einen TÜV, der die Sicherheit von Skispisten überprüft, gibt es nicht. Für die Sicherheit ist der Liftbetrei­ber verantwort­lich, berichtet der DSV-Experte. Der TÜV sei nur für die Beförderun­gsanlagen zuständig. Skispisten kann man allerdings auf freiwillig­er Basis zertifizie­ren lassen. Dafür gibt es vom Verband der deutschen Seilbahnen und von der Stiftung Sicherheit im Skisport seit 2010 ein Qualitätss­iegel.

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