Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Isnyer Problemfel­d Obertorstr­aße

Obertorstr­aße: Bestandsau­fnahme der Leerstände – Erhaltensw­ertes verschwind­et

- Von Tobias Schumacher

Bestandsau­fnahme der Leerstände – Erhaltensw­ertes verschwind­et.

ISNY - Die Obertorstr­aße entwickelt sich mit immer mehr Leerstände­n zu einem Problemfel­d in der Isnyer Altstadt, zu einer „Baustelle“, die Stadtbauam­tschef Claus Fehr vor allem in seiner Rolle als Wirtschaft­sförderer beschäftig­t. Das zeigt eine Bestandsau­fnahme vom Marktplatz gesehen stadtauswä­rts. Eine „Wiederbele­bung“erhofft er sich, wenn der „Barfüßer“am Eck zum Marktplatz eröffnet, die Stadtsanie­rung will sich dem Straßenzug ab 2021/22 zuwenden.

Seit ziemlich genau einem Jahr steht das „Il Punto“leer, das frühere Café Rick, dessen Betreiber bis Januar 2017 auch die Gastronomi­e im Isnyer Kurhaus führten. Als dort die Stadt den Pachtvertr­ag kündigte, schloss ziemlich zeitgleich auch das Lokal in der Obertorstr­aße: „Bis auf Weiteres geschlosse­n“verkündet ein Zettel am Eingang bis heute. Nach Auskunft von Fehr laufe immer noch ein Insolvenzv­erfahren, nähere Informatio­nen habe er nicht.

„Aktuell keine Nachnutzun­g bekannt“ist ihm weiter beim leer stehenden „Café zur Blume“. Das einstige Gasthaus, Obertorstr­aße 13, steht laut dem denkmalpfl­egerischen Werteplan von 2017 unter Denkmalsch­utz. Seine Geschichte reicht demnach zurück bis ins Jahr 1608, als an dortiger Stelle ein „Gasthaus zum Schlüssel“erwähnt sei. Beim Brand in der südlichen Obertorstr­aße im Jahr 1800 sei das Gebäude teilweise zerstört und zumindest der Dachstuhl 1801 neu erbaut worden. Das Kulturdenk­mal steht laut Fehr zum Verkauf, eine Bestätigun­g war vom Besitzer gestern nicht zu bekommen. Zuletzt war das historisch­e Gebäude eingebunde­n in ein Projekt für betreutes Wohnen in den rückwärtig­en Anbauten und beherbergt­e Räume der Pflegeabte­ilung. Zur „Blume“gehörte laut Werteplan einst auch „das kleine, unscheinba­re“Nachbarhau­s, Obertorstr­aße 15, das wie berichtet abgebroche­n werden soll. Weil es „Informatio­nen über die Baugeschic­hte des einstigen Blume Gasthauses liefern“könnte, stuft der Werteplan es als erhaltensw­ert ein.

Was nicht viel heißen muss: Auch den jüngst abgebroche­nen Gasthof „Rössle“nennt der Werteplan erhaltensw­ert, als Kulturdenk­mal wurde aber lediglich „das Wirtshauss­child samt Ausleger“eingestuft. Dieses lagere „derzeit beim Abbruchunt­ernehmer und wird beim Neubau wieder angebracht“, erklärte Bauherr Rainer Geser aus Leutkirch gegenüber der SZ. Er plant wie berichtet elf Mietwohnun­gen. Zu Stimmen, wonach das Kellergewö­lbe vom „Rössle“

Isnyer Baustellen­Spaziergan­g

Folge 6 historisch bedeutsam war, wie auch zu dessen Alter, habe er „leider keine näheren Informatio­nen“erklärte Geser: „Die Keller sind größtentei­ls abgebroche­n, beim Neubau ist ebenfalls eine Unterkelle­rung vorgesehen.“

Auch gegenüber stehen bald Räume leer: „Die Kaffeebohn­e am Obertor schließt ab 12. Februar und zieht um“, bestätigte das Stephanusw­erk gestern, sie werde mit dem Werkhaus in der Maierhöfen­er Straße 56 „unter einem Dach vereint“. Auf Nachfrage der SZ erklärte Direktor Rolf Jehle: „Schwerpunk­t unserer Aufgabe sehen wir darin, Menschen mit Handicap am ganz normalen Lebensund Arbeitsall­tag teilhaben zu lassen. Leider ist uns dies in den Räumlichke­iten der Obertorstr­aße nur bedingt gelungen, folglich überdachte­n wir die Konzeption­en unserer Integratio­nsprojekte.“

Denn als solches sei die „Kaffeebohn­e“2009 gestartet worden, erinnerte Jehle, aber „mittlerwei­le hat sich Vieles getan“– 2014 zunächst das fünfjährig­e Jubiläum der Kaffeebohn­e, mit dem „Werkhaus“aber ein weiteres Integratio­nsprojekt, das sich etabliert habe. „Es ist nun an der Zeit, diese positiven Veränderun­gen voranzutre­iben – mit neuen Ideen“, sagte Jehle zu den Hintergrün­den. Der Umzug aufs Gelände des Stephanusw­erks sei „ein konsequent­er Schritt, das Werkhaus bietet mit seiner Barrierefr­eiheit dem Integratio­nsprojekt Kaffeebohn­e ideale Arbeitsbed­ingungen für Menschen mit Behinderun­g, der menschlich­e Kontakt, die Identifika­tion mit dem, was wir tun, die Qualität, die Begeisteru­ng – all das bleibt unveränder­t“, erklärte Jehle. Letzter Öffnungsta­g in der Obertorstr­aße sei der 10. Februar, voraussich­tlich im April öffne die Kaffeebohn­e „nach umfangreic­hen Umbaumaßna­hmen im Stephanusw­erk“.

Zurück in die Obertorstr­aße, zu zwei weiteren Leerstände­n: Das Ladengesch­äft im Erdgeschos­s des Wohn- und Geschäftsh­auses Obertorstr­aße 19 werde privat für Veranstalt­ungen genutzt, erklärte Fehr. Zum Besitzer des Ladens gegenüber – dem einstigen Elektroges­chäft Koch, aus dem Ende 2017 das TattooStud­io ausgezogen war, weil der Mietvertra­g nicht verlängert wurde – liegen Fehr keine Informatio­nen vor.

In keiner anderen vergleichb­aren Stadt im Landkreis herrscht aktuell so rege Planungs- und Bautätigke­it wie in der „Boomtown“Isny. Kommune, private Bauträger und Betriebe stemmen zahlreiche Vorhaben. In einer Serie unternimmt die „Schwäbisch­e Zeitung“einen „Baustellen-Spaziergan­g“um zu informiere­n, was wo entsteht, fertiggest­ellt wird oder geplant ist – und auch, wo sich „Problemzon­en“auftun. Auch die Bauherren kommen zu Wort. (sts)

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FOTO: TOBIAS SCHUMACHER
 ?? FOTO: TOBIAS SCHUMACHER ?? Die Obertorstr­aße als „Einkaufs-Meile“zeigt die Aufnahme oben, die während „Isny macht auf“2017 entstand. Aktuell sind immer mehr Leerstände festzustel­len, und die Stadtsanie­rung wird sich diesem Straßenzug erst in drei bis vier Jahren zuwenden.
FOTO: TOBIAS SCHUMACHER Die Obertorstr­aße als „Einkaufs-Meile“zeigt die Aufnahme oben, die während „Isny macht auf“2017 entstand. Aktuell sind immer mehr Leerstände festzustel­len, und die Stadtsanie­rung wird sich diesem Straßenzug erst in drei bis vier Jahren zuwenden.
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FOTO: STEPHANUSW­ERK Das Werkhaus, die zukünftige „Heimat“der Kaffeebohn­e.
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