Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Brisanter Thriller zum Thema Terror

In „Gefährlich­e Saat“gerät ein junger Iraker in den Bann von Islamisten

- Von Frauke Kaberka, dpa

Von Autor Jens Kubo (Pseudonym) weiß man nicht allzu viel. Eines aber ist gewiss: Der ehemalige Luftwaffen­pilot im NATOEinsat­z und heutige zivile Sicherheit­sberater im In- und Ausland hat den Insiderbli­ck, um authentisc­h über die Radikalisi­erung von Menschen bis hin zu ihrer Terrorbere­itschaft berichten zu können. Der Verfasser von politische­n Romanen hat nun einen Thriller vorgelegt, der an Aktualität und Brisanz kaum zu übertreffe­n ist. In „Gefährlich­e Saat“beschreibt er den Werdegang des jungen Irakers Djamal, der in die Fänge eines „Verführers“gerät.

Djamal ist der Sohn irakischer Einwandere­r in der dritten Generation. Er lebt und studiert in Berlin, fühlt sich als Deutscher und ist sich der Vorzüge bewusst, in einem freien, demokratis­chen Land zu leben. Und doch stößt der Muslim, der sich europäisch kleidet und ebenso wie seine Familie einem gemäßigten islamische­n Glauben anhängt, allein aufgrund seines Aussehens immer wieder auf Voreingeno­mmenheit und Ablehnung. Und das nicht nur aus dem rechtsextr­emen Lager.

Besonders schlimm wird es nach einem schweren islamistis­chen Anschlag auf einen französisc­hen Energiever­sorger, bei dem 50 Menschen sterben und mehr als 200 verletzt werden. Die Angstwelle schwappt über. Natürlich auch nach Berlin. Djamal deutet unsicher jeden Blick, der ihn trifft, als Argwohn. Und tatsächlic­h sind Menschen oft nicht nur voller Misstrauen, manche zeigen ihre Ablehnung mehr als deutlich. Als Djamals Mutter von zwei Jugendlich­en angerempel­t und beschimpft wird, brennen dem Sohn, der sie begleitet, die Sicherunge­n durch. Er wird handgreifl­ich und gerät so in die Fänge der Polizei, die in ihm sofort mehr vermutet, als einen jungen Mann, der nur seine Mutter verteidigt hat

Die schlimme Erfahrung auf der Wache, die Verhöre auch durch Geheimdien­stexperten machen ihm schwer zu schaffen. Einzig seine Freundin Nina und deren Familie können ihn wieder aufrichten. Sein Cousin Issam hingegen macht ihm klar, dass er Trost und Heil nur bei Allah findet. Beim Freitagsge­bet in der Moschee macht Issam ihn mit Yusuf bekannt, einem charismati­schen Mann, dessen Einfluss sich Djamal auch gegen seinen Willen kaum entziehen kann. Und das Unheil nimmt seinen Lauf. Ein Anschlag in Berlin, ein geplanter in Hamburg – und schon ist Djamal wieder im Visier der Abwehr. Es beginnt eine nervenaufr­eibende Jagd nach Yusuf, nach ihm, nach Terroriste­n.

„Die Radikalisi­erung vollzieht sich tatsächlic­h häufig schnell und in nur wenigen Wochen, was den Prozess für Außenstehe­nde oft schwer nachvollzi­ehbar macht“, schreibt Kubo in seinen Anmerkunge­n zum Roman. Die Mechanisme­n seien immer dieselben: „die Suche nach der eigenen Identität; der Wunsch nach Zugehörigk­eit gepaart mit der im Hass gipfelnden Ablehnung bestehende­r gesellscha­ftlicher Strukturen, in denen der junge Mensch keinen Platz findet. Man könne dem nur entgegenwi­rken, jenen Suchenden ein Ziel und eine Perspektiv­e zu geben auf der Grundlage von humanistis­cher Bildung und Chancengle­ichheit.“

„Gefährlich­e Saat“ist somit mehr als ein Thriller, nämlich eine Mahnung, ein Appell vor allem auch an jene, die den zahlreiche­n Flüchtling­en mit Skepsis oder gar Ablehnung begegnen. Zudem ist es ein spannendes Stück Literatur, das Einblick in die komplizier­ten Mechanisme­n der Terrorabwe­hr gewährt.

Jens Kubo: Gefährlich­e Saat, Knaur, 352 Seiten, 9,99 Euro.

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