Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
56 Gesellschafter wollen Ökopunkte
„Regionaler Kompensationspool“Bodensee-Oberschwaben wächst rasant - Ravensburg war 2014 Gründungsmitglied
RAVENSBURG (fh) - Von 17 auf 56 Gesellschafter wächst der „Regionale Kompensationspool Bodensee-Oberschwaben (Reko)“. Seit seiner Gründung vor vier Jahren stimmt dieser Kompensationspool den Handel von Ökopunkten unter den Kommunen ab. Setzt eine Gemeinde ein Bauvorhaben um und verbraucht damit Flächen, muss sie eigentlich an anderer Stelle in ihrer Gemarkung einen ökologischen Ausgleich schaffen. Mit dem regionalen Pool können Kommunen flexibler und über Gemarkungsgrenzen hinweg auf notwendige Siedlungsentwicklungen reagieren. Die Stadt Ravensburg ist Gründungsmitglied.
Das Modell ist offenbar so erfolgreich, dass die Ravensburger Stadtverwaltung dem Gemeinderat die Fortsetzung der Mitgliedschaft empfiehlt. Knapp 269 000 Euro als Kapitaleinlage werden dafür fällig. Am Mittwoch bechen schäftig sich der Verwaltungs- und Wirtschaftsausschuss in öffentlicher Sitzung mit dem Thema (17 Uhr, Goßer Sitzungssaal des Rathauses).
Noch vor wenigen Jahren habe es bei Bauprojekten viele „unsinnige, naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen“gegeben. Ein Gutteil dieser Ausgleiche sei zudem gar nicht umgesetzt worden, so Wilfried Franke, Direktor des Regionalverbands und zugleich Reko-Geschäftsführer. „Die Kommunen haben begonnen, sich zu kannibalisieren, indem sie auf der Suche nach Ausgleichsflächen in benachbarten Regionen wilderten.“
Seit seiner Gründung im April 2014 habe der Pool ein regionales Ökopunktekonto aufgebaut. Wegen des prognostizierten Bevölkerungswachstums bis 2035 von bis zu 80 000 Menschen und der benötigten 800 bis 1000 Hektar an weiteren Gewerbeflä- in der Großregion, sei eine Institution wie Reko nötiger denn je, um den Handel mit Ökopunkten zu koordinieren, den Bedarf an Ausgleichsflächen zu decken und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen, warb Franke erst vor Kurzem um neue Mitglieder: „Wir haben zu wenig verfügbare Fläche für die bauliche Nutzung.“
Es sei schwierig, Flächen für Eingriffe zu finden und genauso schwierig sei es, solche für den Ausgleich zu finden. Manche Bauprojekte würden erst gar nicht genehmigt, weil die Kommunen die notwendigen Ausgleichsflächen nicht ausweisen konnten. „Da haben wir bis jetzt immer helfen können“, so Franke. Und zwar mit den Ökopunkten, mit denen die GmbH handelt. Das Prinzip: Grundstückseigentümer bieten ihre Flächen an. Die GmbH prüft dann das „Aufwertungspotenzial“der Flächen. Wenn naturschutzfachlich sinnvolle Maßnahmen umgesetzt werden können und diese von den Fachbehörden genehmigt seien, setze die Reko diese um und bekomme dafür Ökopunkte. Die wiederum gebe die GmbH an Kommunen weiter, die dringend die Punkte für Bauvorhaben bräuchten.
„Das Ziel dabei ist, diesen Ausgleich außerhalb der ertragreichen landwirtschaftlichen Flächen zu realisieren“, so Franke. Mit dem Beitritt von neuen Kommunen will man den Reko-Kapitalstock erhöhen, um auf dem Ökopunkte-Markt potenter sein zu können. Im Zusammenhang mit der Diskussion um Schutzflächen in Baden-Württemberg (die „Schwäbische Zeitung“berichtete) bekommt das Thema aktuell eine besondere Bedeutung.
Ein regionaler Kompensationspool in dieser Form ist in Deutschland bisher einmalig. Neben der Stadt Ravensburg gehören unter anderem bereits die Stadt Weingarten sowie die Gemeinden Baienfurt, Baindt, Berg und der Landkreis Ravensburg dem Pool an. Neu hinzu kommen unter anderem Bergatreute, Bodnegg, Fronreute, Grünkraut, Horgenzell, Vogt, Wilhelmsdorf, Wolfegg und Wolpertswende.