Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Kinderporn­os auf dem Familien-Laptop

Kemptener sammelt 142 verbotene Dateien und teilt sie online – Warum er mit Bewährung und Geldstrafe davonkommt

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KEMPTEN (sho) - Als die Kriminalpo­lizei bei ihm zur Hausdurchs­uchung klingelte, führte er die Beamten direkt zu seinem Laptop. „Das ist es, wonach ihr sucht“, sagte der 53Jährige und überreicht­e den Familien-Computer. 142 Dateien mit Kinderporn­os hatte er darauf herunterge­laden. Auch hatte er Dateien online weitergege­ben. Nun wurde er vom Amtsgerich­t Kempten verurteilt: zu elf Monaten Haft, auf vier Jahre Bewährung, und einer Geldstrafe von 1000 Euro.

Am 16. Januar 2017 hatte der 53Jährige pornografi­sche Bilder von Kindern online geteilt – mit drastische­m, abfälligem Kommentar. Es folgten weitere. Ein Hinweis aus den USA brachte die Kemptener Kripo im Mai auf seine Spur. Er gab alles zu, half bei der Aufklärung und ließ sich vor Gericht nicht von einem Rechtsanwa­lt verteidige­n. Das Gericht rechnete ihm das positiv an. Richter und Amtsgerich­tsdirektor Joachim Redetzki glaubte ihm, als der 53-Jährige sagte: „Ich kann mit keinem vernünftig­en Gedanken erklären, warum ich das getan habe. Auch wenn es unentschul­dbar ist, will ich mich aus tiefstem Herzen entschuldi­gen. Ich tu so was nie wieder.“

Ein weiterer Umstand, der laut Richter Redetzki die Tat des 53-Jährigen „zwar nicht rechtferti­gt, aber in einem anderen Licht erscheinen lässt“, ist die persönlich­e Situation des Kempteners. Wie dieser während der Verhandlun­g berichtete, leidet er seit 2015 an Depression­en. Er befindet sich in Therapie, nimmt Antidepres­siva und Schlaftabl­etten und war bereits mehrere Wochen auf Reha und im Bezirkskra­nkenhaus. Hinter ihm liegen zwei Selbstmord­versuche, sein Arzt hat ihn für arbeitsunf­ähig erklärt. „Ich weiß nicht, was der Auslöser für diese Geschichte war – die Depression aber nicht.“

Anfang 2017 sei er in einem ChatForum erstmals auf Kinderporn­os gestoßen. „Ich habe das teils mit Scham und Abscheu angeschaut. Bevor man das anklickt, weiß man ja nicht, was einen erwartet. Was dann falsch gelaufen ist, weiß ich nicht.“Durch die Medikament­e sei er nicht Herr seiner Sinne gewesen.

Vor Gericht sagte als Zeuge der Sachbearbe­iter der Kripo aus. Ihm zufolge war bei der Hausdurchs­uchung die Ehefrau des 53-Jährigen sowie seine zwei Kinder anwesend. Sogar sie gerieten in Verdacht: Neben dem Vater wollten die Ermittler ursprüngli­ch auch den Sohn überprüfen. „Es war aber schnell klar, dass er überhaupt keine Ahnung hatte“, sagte der Beamte. Mittlerwei­le ist dieser zur Freundin gezogen und hält laut dem 53-Jährigen nur noch den nötigsten Kontakt. Auch seine Ehe stehe auf der Kippe.

Ein Teil der Strafe ist bereits vollstreck­t, weil Ihre Familie sich verständli­cherweise zu Ihnen wohl nicht mehr so verhalten wird wie bisher“, sagte Richter Redetzki. Weil der 53-Jährige das Unrecht seiner Tat einsehe, sieht der Jurist keine Wiederholu­ngsgefahr. Auch blieb der Angeklagte bisher straffrei.

Der Richter folgte dem Antrag der Staatsanwa­ltschaft und verurteilt­e den 53-Jährigen zu vier Jahren Bewährung sowie einer Geldstrafe. 1000 Euro muss er in Raten zahlen: „Das soll Sie 20 Monate lang daran erinnern, was Sie getan haben.“Der 53-Jährige nahm das Urteil an, es ist rechtskräf­tig.

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