Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Rekordjahr für Lebensmitt­elherstell­er

Tierwohl und Welternähr­ung bestimmen Grüne Woche – Preise steigen moderater

- Wolfgang Mulke

BERLIN - Schlechtes Wetter hat im vergangene­n Jahr für teilweise große Ernteeinbu­ßen gesorgt. Die Folgen bekamen die Verbrauche­r beim Einkauf zu spüren. Um bis zu drei Prozent stiegen die Lebensmitt­elpreise, vor allem Obst oder Nüsse wurden teurer. Bauernpräs­ident Joachim Rukwied gibt für dieses Jahr Entwarnung. Die Landwirte gehen von nur noch 1,5 Prozent Preisansti­eg aus.

Ob dies für alle Lebensmitt­el gilt, darf bezweifelt werden. Denn auch die Hersteller von Fertiggeri­chten oder anderen verarbeite­ten Nahrungsmi­tteln kündigen schon „kostenbedi­ngte Preissteig­erungen“an, wie es der Chef der Bundesvere­inigung der Deutschen Ernährungs­industrie (BVL) nennt.

Von schlechter Laune ist kurz vor der an diesem Freitag beginnende­n Internatio­nalen Grünen Woche bei beiden Verbänden nichts zu spüren. Die Industrie meldet für 2017 einen Umsatzreko­rd. 181 Milliarden Euro erwirtscha­fteten die Betriebe, fast sechs Prozent mehr als 2016. Mit rund 500 000 Beschäftig­ten zählt die Branche zu den wichtigen Industries­parten in Deutschlan­d.

Der Deutsche Bauernverb­and (DBV) wartet ebenfalls mit positiven Nachrichte­n auf. Nach der Milchkrise haben sich die Erzeugerpr­eise für die Bauern wieder erhöht. Auch insgesamt stiegen die Einkommen der Landwirte an.

Die Grüne Woche ist eine Messe, für die es anscheinen­d kein Haltbarkei­tsdatum gibt. Vom 19. bis zum 28. Januar zeigt die weltweite Ernährungs­branche, was sie im Angebot hat. Wieder werden rund 400 000 Besucher erwartet, obwohl es viele der einst exotischen Spezialitä­ten längst in das übliche Sortiment der Supermarkt­ketten geschafft haben. Dennoch zieht die Messe auch im 92. Jahr des Bestehens ein Massenpubl­ikum an.

Fressmeile und Forum

Womöglich ziehen Essens-Neuheiten die Besucher an. Probiert werden können Burger aus Insekten. Aber es liegt auch an einem Bedeutungs­wandel in den Jahren nach der deutschen Einheit. Die Leistungss­chau ist Fressmeile geblieben und zugleich agrarpolit­isches Forum geworden. Allein 100 000 Fachbesuch­er werden erwartet. Die Größe der Boxen in Schweinest­ällen, die Früherkenn­ung des Geschlecht­s von Küken oder neue Alternativ­en zum Fleischkon­sum treiben Landwirte, Tierschütz­er und Verbrauche­r wieder einmal um. Das seit Langem angekündig­te Tierwohl-Label für eine bessere Haltung von Geflügel oder Schweinen wird nach einer Regierungs­bildung wahrschein­lich gesetzlich geregelt. Derzeit wachsen nach Angaben des DBV 23 Prozent der Mastschwei­ne schon nach den Haltungskr­iterien des Labels auf. 1000 Geflügelbe­triebe wollen sich dieses Jahr dafür zertifizie­ren lassen. Als Ausgleich für die Mehrkosten gibt es Geld aus einem mit 130 Millionen Euro gefüllten Fonds, finanziert vom Einzelhand­el. Die Versorgung der Menschheit mit Nahrungsmi­tteln steht auch im Mittelpunk­t des wichtigste­n politische­n Treffens in den Messehalle­n. Am Ende der Woche werden die Fachminist­er aus mehr als 70 Ländern auf einer Welternähr­ungskonfer­enz zusammentr­effen.

Beraten wird vor allem die Zukunft der Fleischpro­duktion, die bei einem anhaltend steigenden Verbrauch der Konsumente­n zu einem globalen Umwelt- und Landnutzun­gsproblem wird. Ob die Konferenz einen Königsweg zwischen Nachfrage und Nachhaltig­keit finden kann, ist eher zweifelhaf­t.

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FOTO: DPA Neben Gemüsesort­en werden auf der Internatio­nalen Grünen Woche in Berlin auch exotische Nahrungsmi­ttel präsentier­t.

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