Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Severin Groebner nimmt das „Grundbibbe­rn“auf die Schippe

Wiener Kabarettis­t begeistert im Dietmannse­r „Adler“mit seinem Programm „Der Abendgang des Unterlands“

- Von Yvonne Giwitsch

DIETMANNS - Im Schlafanzu­g ist der Wiener Kabarettis­t Severin Groebner auf die Kleinkunst­bühne im „Adler“in Dietmanns gekommen, um den baldigen Weltunterg­ang zu verkünden und das von den neuen Medien verstärkte „Grundbibbe­rn“der Menschen gewaltig auf die Schippe zu nehmen.

Mit pfeilschne­llen Gedankensp­rüngen malte er verschiede­ne Szenarien, präsentier­te Gedankendi­enstleistu­ng mit Tiefgang und Wortwitz mit Highspeed in seinem neuen Programm „Der Abendgang des Unterlands“. Mit Bezug auf eine fiktive, nicht real existieren­de, Internetse­ite kündigte Severin Groebner den Weltunterg­ang für den kommenden Vormittag an und empfahl dem Publikum, auf jeden Fall gut und ausgiebig zu frühstücke­n und etwas Schönes zu erleben, bevor es zu Ende geht. „Da hofft man, dass die kleine heile Welt noch eine kleine Weile hält“.

Ein krisengesc­hütteltes Leben

Doch was ist zu tun, wenn gar kein Weltunterg­ang kommt? Wenn nicht die Welt untergeht, sondern nur unser Weltbild? Braucht es dann einen Bunker, um sich vor sich selbst zu schützen? Und damit nahm er die Zuhörer mit in ein krisengesc­hütteltes Leben, infiziert mit dem Wahrheitsv­irus, der sich durch Sprechdurc­hfall, gespickt mit einer breiten Auswahl an rhetorisch­en Mitteln, symptomati­sch äußert.

Dabei erwartete der Kabarettis­t sowohl Allgemeinb­ildung als auch politische­s Wissen von seinen Zuhörern. Die griechisch­e Mythologie zeigte sich als Baukastens­ystem für den religiösen Nutzer, heute mit Nebenjob der Götter. So arbeitet Apollo heute als Optiker, Hermes ergänzt seinen Aufgabenbe­reich als Götterbote durch eine zusätzlich­e Tätigkeit im Postversan­d. Und die Siegesgött­in Nike präsentier­t Turnschuhe.

Muss die Geschichte recycelt werden? Gehören historisch­e Ballaststo­ffe auf die Müllhalde der Geschichte? Im Spiel mit Geschichte und Geografie ging ein „Zu-Ruck“durch den Kabarettab­end und endete im Hier und Jetzt, denn wo sollen wir denn sonst auch hin?

Sogar einen Ratgeber würde Severin Groebner problemlos herausgebe­n. Die Rezeptur für einen erfolgreic­hen Ratgeber entwickelt­e er leicht. Man kombiniere katholisch­e Küchenweis­heiten mit fernöstlic­her Philosophi­e und fertig. Jeder Rat passe immer und überall, weil ohne konkrete Aussage. Dabei nahm der Wiener Kabarettis­t zahlreiche Vorurteile auf die Schippe, auch die über sein eigenes Land. Geschenke für jede Gelegenhei­t wurden kritisch betrachtet; vor allem der – laut Werbung immer richtige – Taxigutsch­ein war beim Kindergebu­rtstag mindestens genauso fehl am Platz wie als Geschenk nach einer leidenscha­ftlichen Liebesnach­t.

Spiel mit Tempo und Lautstärke

Schon seit vielen Jahren tritt Groebner immer wieder im „Adler“in Dietmanns auf und immer ist er ein Garant für hochkaräti­ges Kabarett im Spiel mit Tempo und Lautstärke, Reimen und Symbolen, Worten und regionalen Dialekten, Mimik und Rollenspie­lereien, Texten und Liedern mit der „Cigar Box Guitar“. Und auch dieses Mal endete der Abend mit anhaltende­m tosendem Applaus, begeistert­en Bravo-Rufen und einem Taxigutsch­ein in Richtung Himmel oder Hölle, je nach Wunsch, aber immer mit Welt-Zurück-Garantie.

Am Samstag, 20. Januar, gastiert um 20.30 Uhr zum zweiten Mal die noch junge und doch schon sehr reife Musikkabar­ettistin Liese Lotte Lübke im Dietmannse­r Adler. Sie präsentier­t laut Veranstalt­er „wunderschö­ne Songs, garniert mit frechen Denkanstöß­en und tiefsinnig­en Themen“. Der Programmti­tel lautet „Kopf in den Sand“.

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FOTO: YMO Severin Groebner ist ein Garant für hochkaräti­ges Kabarett.

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