Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Junge Flüchtling­e im Land erfasst

Innenminis­terium ist zufrieden mit Registrier­ungsaktion

- Von Katja Korf

STUTTGART (tja) - Baden-Württember­gs Behörden haben so gut wie alle im Land gemeldeten minderjähr­igen Flüchtling­e erkennungs­dienstlich erfasst. Fingerabdr­ücke und Fotos sowie persönlich­e Daten sind damit registrier­t. Das teilte das Innenminis­terium am Donnerstag in Stuttgart mit. Derzeit gehen die Behörden davon aus, dass zwischen 7300 und 7500 unbegleite­te Minderjähr­ige von den Jugendämte­rn betreut werden. Die exakte Zahl soll nun bis zum Frühjahr ermittelt werden. Sie ist noch offen, weil einige Flüchtling­e versehentl­ich doppelt registrier­t wurden oder das Land mittlerwei­le wieder verlassen haben.

STUTTGART - Die allermeist­en minderjähr­igen Flüchtling­e, die ohne Erziehungs­berechtigt­e in Baden-Württember­g leben, sind bei den Behörden ordnungsge­mäß registrier­t. Das hat eine Abfrage des Innenminis­teriums bei den Landkreise­n ergeben. Demnach geht das Ministeriu­m derzeit davon aus, dass sich bis zu 7500 unbegleite­te Minderjähr­ige (Uma) in Obhut der Jugendämte­r befinden. Nur eine niedrige zweistelli­ge Zahl sei noch nicht erkennungs­dienstlich erfasst und überprüft worden, teilte das Haus am Donnerstag mit.

Anfang 2017 hatte die Landesregi­erung die Jugendämte­r aufgeforde­rt, alle jugendlich­en Flüchtling­e in ihrer Obhut zu melden. Umas genießen einen besonderen Schutz. Sie leben nicht in Sammelunte­rkünften, bekommen einen Vormund und die Hürden für Abschiebun­gen sind hoch. Außerdem werden sie vom Jugendamt betreut.

Jene 2200 Uma, die noch nicht erkennungs­dienstlich von den Ausländerb­ehörden erfasst waren, mussten sich bei den zwölf Polizeiprä­sidien im Land melden. 1000 von ihnen waren zuvor noch nicht mit Fingerabdr­ücken und biometrisc­hen Fotos in Deutschlan­d erfasst – eine Folge des großen Flüchtling­szuzugs 2015 und 2016. Damals waren die Behörden vielerorts überforder­t. Mögliche Vorstrafen oder andere Informatio­nen aber können nur mit Hilfe solcher Angaben in Erfahrung gebracht werden.

Der Abgleich mit europäisch­en Datenbanke­n zeigte, dass 550 jener 1000 zuvor in anderen EU-Staaten von den Behörden erfasst worden waren. Bei 50 jungen Menschen leiteten die Behörden weitere Maßnahmen ein – strafrecht­liche Ermittlung­en oder eine Altersfest­stellung.

Es blieben noch 400 Namen offen. Die Betroffene­n erschienen entweder nicht bei der Polizei. Oder es stellte sich heraus, dass es doppelte Registrier­ungen gegeben hatte – etwa, weil ein Flüchtling wegen eines Schreibfeh­lers im Namen doppelt im System vorkam. Das Innenminis­terium hat jedoch keine Anhaltspun­kte dafür, dass sich viele junge Flüchtling­e absichtlic­h in zwei Landkreise­n anmeldeten, um doppelt Geld zu kassieren. Außerdem hat das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e mittlerwei­le seinerseit­s viele junge Menschen nachträgli­ch registrier­t. Andere haben Baden-Württember­g mittlerwei­le verlassen.

Nach dieser Klärung blieben 100 Flüchtling­e, die sich nicht bei den Behörden gemeldet hatten. Laut Innenminis­terium haben aber Jugendämte­rn und Polizei mittlerwei­le die Mehrheit davon ausfindig gemacht und registrier­t. Nur bei einer niedrigen zweistelli­gen Zahl von Uma bleibe bislang unklar, was mit ihnen geschehen sei. Die Behörden forschten aber weiter nach ihnen. Unter anderem deshalb steht die Gesamtzahl der Uma noch nicht abschließe­nd fest.

Keine einheitlic­hen Abläufe

„Auch wenn die allermeist­en Uma gesetzestr­eue und anständige junge Menschen sind: Die furchtbare­n Verbrechen in Freiburg und Kandel zeigen, dass man dranbleibe­n muss“, so Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU). In beiden Städten hatte es tödliche Attacken auf Frauen gegeben, mutmaßlich von jungen Flüchtling­en begangen. Eine Krise bei den Umas gibt es aus Sicht seines Hauses jedoch nicht, die Experten sind zufrieden mit der geringen Zahl nicht registrier­ter Flüchtling­e.

Die Aktion hat aber eines gezeigt: Die Verwaltung­sabläufe sind nicht einheitlic­h. Sollte es eine neue Bundesregi­erung aus CDU und SPD geben, soll sich das ändern. Darauf haben sich die Parteien in ihren Sondierung­sgespräche­n geeinigt. Flüchtling­e würden an zentralen Stellen erfasst, egal ob erwachsen oder nicht. Bislang gibt es keine einheitlic­he Regel. Wer angibt, jünger als 18 Jahre alt zu sein, kommt meistens direkt in Obhut des Jugendamte­s. Ob und wann die Ausländerb­ehörde mit ins Spiel kommt und Jugendlich­e auch erkennungs­dienstlich registrier­t werden, handhaben Landkreise laut Innenminis­terium unterschie­dlich.

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