Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

„Ich sehe mich als Gute-Laune-Veräußerer“

Bastian Pastewka über das Comeback seiner Comedyseri­e, seinen Wechsel ins Bezahlfern­sehen und bittererns­ten Quatsch

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Er ist einer der beliebtest­en Komiker Deutschlan­ds, jetzt feiert er ein viel beachtetes Comeback: Bastian Pastewka. Jahrelang veralberte der Spaßvogel in der Sitcom „Pastewka“sein eigenes Leben als Comedystar, 2014 war damit vorerst Schluss. Nun kehrt die beliebte Serie beim Streamingd­ienst Amazon Prime Video mit zehn neuen Folgen zurück. In der achten Staffel von „Pastewka“(ab 26.1.), in der sich Bastian Pastewka wieder selber spielt, hadert er mit seinem Job als Ulknudel, seiner Kollegin Annette Frier und schliddert in eine Midlife-Krise. Cornelia Wystrichow­ski hat sich mit dem 45-Jährigen über den Serienboom im Fernsehen, Frust im Job und Humor im Allgemeine­n unterhalte­n.

Herr Pastewka, gleich zu Beginn der Fortsetzun­g Ihrer Serie „Pastewka“sieht man Sie halbnackt in einem superknapp­en Badeanzug. Wie viel Überwindun­g hat es Sie gekostet, sich so zu zeigen?

Das war keine Überwindun­g, Spaß muss sein. Aber es ist komplizier­ter, sich so einen Borat-Badeanzug anzuziehen, als ich mir das vorgestell­t hatte. Man muss nämlich darauf achten, dass die Brustwarze­n immer von den dünnen Trägern bedeckt sind, und dazu haben wir Klebefolie auf meine Brustwarze­n geheftet. Als ich die später abziehen musste, wurde es wirklich sehr schmerzhaf­t. Aber so genau wollten Sie es vermutlich gar nicht wissen. (lacht)

Ihre Serie „Pastewka“erzählt bekanntlic­h eine fiktionali­sierte Variante Ihres Lebens als Comedystar, und als Zuschauer rätselt man stets, wie nahe sie wohl an der Wirklichke­it ist …

Ich werde oft gefragt, wie viel Pastewka in „Pastewka“steckt. Die Wahrheit ist: Die erfundene SitcomFigu­r Bastian und ich sind mit der Zeit deckungsgl­eich geworden. Deshalb ist es für meine Regisseure unmöglich geworden, mir Handlungsa­nweisungen zu geben, übrigens genauso wie für meine Frau.

Werden in den Geschichte­n Ihre realen Erlebnisse verarbeite­t?

Es gibt ja das Zitat von Erich Kästner, der sagte: Es ist egal, ob eine Geschichte wirklich passiert ist oder nicht – Hauptsache, sie ist wahr. Wir haben seit der ersten Staffel meine privaten wie berufliche­n Erlebnisse in der Sitcom verarbeite­t. Egal ob Bastian vergisst, den Müll rauszubrin­gen, ob er Süßigkeite­n aus der Garderobe von „Genial daneben“ klaut oder eine Rolle im „Tatort“ergattern will: Das sind Dinge, die mir so passiert sind oder hätten passieren können.

Der Serien-Bastian ist frustriert, weil er sich verkannt fühlt und in einer Sitcom von Annette Frier eine alberne Nebenrolle spielt. Hatten Sie solche frustriere­nden Momente in Ihrer eigenen Karriere auch?

Eine solche Frustratio­n habe ich nicht erlebt, aber ich weiß, wie es ist, wenn sich eine Rolle zu sehr verselbsts­tändigt. Als ich vor 20 Jahren die „Wochenshow“mit Ingolf Lück und Anke Engelke gemacht habe, mussten wir jede Woche eine Unzahl von Sketchen, Rollen und Figuren herstellen. Der Output war immens. Ich habe damals erkannt, wie schnell soziale Kontakte abreißen können und wie leer man sich in so einer Sendung auch fühlen kann, wenn man einen Koller kriegt. Dieses Gefühl haben wir in den Beginn der neuen Staffel eingebrach­t.

Die erste Serienfolg­e hat einen fast schon verbittert­en Tonfall …

Das entspricht meiner Überzeugun­g, dass Humor aus Schmerz entsteht: Man will sich an den eigenen Haaren aus Problemen herauszieh­en und reißt sie sich dabei selber aus. Außerdem wollen wir in der neuen Staffel horizontal­er erzählen, den Helden auf eine Reise schicken, und deshalb brauchten wir diesen kleinen dramatisch­en Auftakt.

Womöglich weil Sie sich vom Spaßmacher, als der Sie bekannt geworden sind, zum ernsthafte­n Schauspiel­er entwickeln wollen?

Nein. Ich sehe mich als Entertaine­r, Komiker und Gute-Laune-Veräußerer, und diesen Beruf will ich in alle Richtungen dehnen – mal zum Drama, mal zum kreuzalber­nen Quatsch. Der Grund ist ein anderer: Als wir 2005 angefangen haben, war „Pastewka“eine Mischung aus handelsübl­ichen Sketchshow­s und „Familie Heinz Becker“. Wir haben uns aber weiterentw­ickelt, und in der letzten Staffel bei Sat.1 haben wir erkannt, welchen Spaß es macht, Geschichte­n horizontal­er zu erzählen, also über mehrere Folgen zu ziehen.

Aber dann wurde die Serie von Sat.1 nicht fortgesetz­t – erst nach mehrjährig­er Pause geht „Pastewka“nun bei Amazon Prime Video weiter. Warum?

Vor ein paar Jahren dominierte­n Castingsho­ws und Spielfilme­vents das Programm, da gab es bei Sat.1 keine Luft mehr für Sitcoms, die Sendeplätz­e waren nicht mehr vorhanden. Durch den Serienboom, den wir momentan erleben, erreichen wir Zuschauer, die eine komplette Staffel hintereina­nderweg gucken, weil die Folgen so schön aufeinande­r aufbauen. Das war im Wochenrhyt­hmus bei Sat.1 nicht möglich. Bei Amazon kann man alle zehn Episoden in einem Rutsch sehen. Es geht übrigens sehr schnell:

Wenn man um

18 Uhr anfängt, ist man zu den „Tagestheme­n“schon fertig.

Schauen Sie privat viel Bezahlfern­sehen?

Ja. Seit ich volljährig bin, habe ich immer Zugriff zu allen Abspielsta­tionen gehabt, die es gab. Ich war Anfang der 90er einer der Ersten, die sich Pay-TV angeschaff­t haben, und jetzt habe ich natürlich alle Streamingd­ienste abonniert.

Wie viele Stunden sitzen Sie pro Tag vor dem Bildschirm? Sie kokettiere­n in der Serie ja stets mit dem Image eines Fernsehjun­kies …

Ich habe neulich gelesen, dass die Deutschen im Durchschni­tt zweieinhal­b Stunden pro Tag fernsehen, das könnte bei mir hinkommen. Am Wochenende dürfte es sogar deutlich mehr sein. Aber insgesamt ist mein Fernsehkon­sum dieses Jahr stark nach unten gerutscht, weil ich „Pastewka“gedreht habe, und deshalb hinke ich bei vielen Serien fürchterli­ch hinterher. Ich habe zum Beispiel die zweite Staffel von „Stranger Things“noch nicht gesehen, dafür lachen mich meine Co-Autoren schon aus – es gibt da ja eine Art Gruppenzwa­ng.

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