Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Bürgermedaille für Franz Ritscher
Neujahrsempfang der Stadt – Wohlstand als Verpflichtung, für sozial Schwächere zu sorgen
Ehrung für Haidgauer beim Neujahrsempfang der Stadt Bad Wurzach.
BAD WURZACH - Franz Ritscher hat beim Neujahrsempfang der Stadt Bad Wurzach die Bürgermedaille erhalten. Damit wurde sein vielfältiges ehrenamtliches Engagement ausgezeichnet. Dies war aber nur ein Höhepunkt der Veranstaltung am Freitagabend im Kurhaus.
Ein zweiter war die Uraufführung von „Der Puls der Zeit“, dem neuesten Stück des Bad Wurzachers Peter Schad, durch die Stadtkapelle unter Leitung von Petra Springer. Nicht nur Schads Komposition, auch seine Worte zuvor waren bemerkenswert.
„Wir leben in einer guten Zeit“, sagte er, „und wir haben das Glück, am richtigen Platz geboren zu sein statt im Jemen oder in Syrien, wo Bürgerkriege herrschen und Menschen Hunger leiden.“Dieses Glück würdigen viele nach Schads Ansicht nicht. „Wenn man aber nicht merkt, dass es einem gut geht, dann hat man nichts davon.“
Dass es der Stadt und ihren Menschen gut geht, das war auch der Leitgedanke, der sich durch die Neujahrsansprache von Bürgermeister Roland Bürkle vor zahlreichen geladenen Gästen zog. In den Augen des Schultes’ ist dieser Wohlstand vieler aber auch Verpflichtung, sich für die, denen es nicht so gut geht, einzusetzen.
In Bad Wurzach gebe es diese Unterstützung, betonte Bürkle, dank hohen ehrenamtlichen und bürgerschaftlichen Engagements. „Dies zeichnet unsere
Stadt in besonderer Weise aus.“
Durch dieses Engagement werde das soziale Netz von einer Hängematte zum Trampolin, „aus dem heraus der
Mensch wieder in ein normales
Leben mit eigenem Einkommen hinausgeworfen wird“, so Bürkle. Nicht jeder nutze diese Hilfestellung, bedauerte er, aber jeder habe die Freiheit, dies so für sich zu entscheiden.
Auf dem Erreichten ausruhen dürfe sich die Stadt nicht. Man müsse die Bemühungen weiter intensivieren, mahnte Bürkle. Handlungsbedarf sieht er dabei vor allem bei der Wohnungsnot.
Er ist daher der Bundesregierung dankbar für die Möglichkeit, vereinfacht Bauland auszuweisen, so Bürkle. Die Stadt habe bereits für 4,4 Millionen Grundstücke gekauft und werde dafür weitere 1,5 Millionen in diesem Jahr ausgeben. Dieses werde
man als Bauland zur Verfügung stellen, um Wohnungsnot zu verringern und gewappnet zu sein für den vorhergesagten Anstieg der Einwohnerzahl von bis zu 2500 Personen bis zum Jahr 2035. Gleichzeitig werde die Stadt die Nachverdichtung auch gegen Widerstände vorantreiben.
Als weitere Herausforderung sieht Bürkle die dezentrale Betreuungsund Bildungssituation, in die weiter investiert werden müsse. Er dankte dabei ausdrücklich den dort Beschäftigten, „die einen Superjob leisten“. Er sei auch froh darüber, dass der Beruf der Erzieherin in den vergangenen Jahren finanziell aufgewertet worden sei.
Zu seiner persönlichen Zukunft sagte Bürkle, der am 15. Juli aus dem Amt scheidet,er freue sich „auf die mir neu zukommende Aufgabe und die Zeit, die ich mir nehmen möchte, um ein wenig mehr für mich zu tun“. Er wolle dabei „in dieser Stadt wohnen bleiben“.
„Ich bedauere Ihre Entscheidung sehr“, sagte Bürkles Stellvertreter Klaus Schütt in seiner Ansprache. Bürkle habe sich weit über das normale Maß hinaus engagiert und für eine „Kultur des Vertrauens, der Zusammenarbeit und des gegenseitigen Respekts“in Stadt und Gemeinderat gesorgt. Schütt hob die Fertigstellung von Maria Rosengarten und
Klosterplatz hervor. Bürkle habe das Projekt stets trotz kritischer Stimmen vorangetrieben „und heute können wir alle stolz darauf sein“.
Auch an die Dezernatsleiter und alle weiteren Mitarbeiter der Verwaltung sowie den Kurgeschäftsführer Markus Bazan ging Schütts Dank. Er dankte zudem „allen Menschen, die sich für das Gemeinwohl in unserer Stadt einsetzen. Wir wissen, was wir an Ihnen haben“, versicherte er.
Das gilt zweifelsfrei auch für Franz Ritscher, der die Bürgermedaille erhielt. Mehr als 14 Jahre Ortsvorsteher, Mitglied der Feuerwehr, Gründer und langjähriger Zunftmeister der Chadaloh, Mitglied von Pfarrgemeinderat und Ortschaftsrat – „für ihn war wichtig, etwas für die Menschen zu bewegen“, so Bürkle in der Laudatio. Ritscher sei „ein geradliniger Mann“, der sich für seine Überzeugung auch einsetzte, wenn es persönliche Nachteile brachte.
Für Ritscher („diese Ehrung macht mich sprachlos und das will bei mir was heißen“) gab es dann noch eine besondere Überraschung. Seine neunjährige Enkelin Lydia-Sophie spielte für ihn ganz alleine auf der großen Bühne die anspruchsvollen Stücke „Die fabelhafte Welt der Amelie“(Yann Tiersen) und das „Allegro“KV 9a von Wolfgang Amadeus Mozart.
Selbst die Panne, dass der Vorhang nicht aufging und Bürkle sowie ihr Papa Berthold Ritscher als Vorhanghalter einspringen mussten, brachte die Neunjährige nicht aus dem Konzept. Opa Franz war sichtlich gerührt und voller Stolz: „Super, Lydia!".
Zuvor hatte die Stadtkapelle außer der Uraufführung die „Jubilee Overture“von Philipp Sparke und ein Medley aus dem Musical „Das Phantom der Oper“(Andrew Lloyd Webber und Richard Stilgoe) gespielt.
Zum Abschluss des offiziellen Teils warb Katharina Fugunt, begleitet von Maskottchen Klinguin, für das Ende Mai beginnende Kreismusikfest in Haidgau.
Der Liederkranz Eintürnen bewirtete im Anschluss fleißig und aufmerksam die Gäste, die noch lange in wechselnden Gruppen zusammenstanden und plauderten.
Weitere Bilder vom Neujahrsempfang gibt’s online unter schwaebische.de/bw-empfang