Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

IS-Angehörige aus Mannheim im Irak zum Tode verurteilt

Frau mit marokkanis­chen Wurzeln soll womöglich höhere Stellung in der Terrororga­nisation gehabt haben – Bundesregi­erung wortkarg

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BAGDAD/MANNHEIM/BERLIN (lsw) Eine deutsche Staatsange­hörige aus Mannheim ist im Irak wegen Zugehörigk­eit zur Terrormili­z „Islamische­r Staat“(IS) zum Tode verurteilt worden. Die Bundesregi­erung äußert sich offiziell nicht zu dem Fall.

Die Frau mit marokkanis­chen Wurzeln war der Stellungna­hme eines Gerichts in der Hauptstadt Bagdad zufolge von Deutschlan­d aus nach Syrien und später in den Irak gereist, um sich der Terrororga­nisation anzuschlie­ßen. Zudem habe sie ihre beiden Töchter in die Region mitgebrach­t und mit IS-Kämpfern verheirate­t. Die Verurteilt­e habe dem IS bei seinen Taten geholfen und sei an einem Angriff auf irakische Sicherheit­skräfte beteiligt gewesen, hieß es am Sonntag in der Mitteilung von Sprecher Abdul Sattar Beirakdar. Dem Gericht zufolge soll die Dschihadis­tin in Übereinsti­mmung mit dem irakischen Anti-Terror-Gesetz gehängt werden. Das Urteil kann aber noch angefochte­n werden.

Nach einem Bericht von NDR, WDR und „Süddeutsch­er Zeitung“stammt die Frau namens Lamia K. aus Mannheim. Dem Recherchev­erbund zufolge hat der deutsche Botschafte­r in Bagdad im irakischen Außenminis­terium seinen Protest zum Ausdruck gebracht. Das Auswärtige Amt wollte sich dazu nicht äußern. Deutsche Staatsange­hörige, die sich im Ausland in Haft befinden, werden grundsätzl­ich konsularis­ch betreut. Die Todesstraf­e lehnt die Bundesregi­erung generell ab.

Lamia K. soll dem Bericht zufolge im Juli 2017 mit weiteren Deutschen in der Stadt Mossul von irakischen Truppen verhaftet und nach Bagdad überstellt worden sein. Unter den Festgenomm­enen seien auch ihre Tochter Nadia mit einem Kind sowie die deutschen Frauen Fatima M. aus Detmold und die minderjähr­ige Linda W. aus dem sächsische­n Pulsnitz gewesen.

Sie wurden auch durch Beamte des Bundeskrim­inalamtes vernommen, dabei soll dem Bericht zufolge offenbar geworden sein, dass Lamia K. möglicherw­eise eine höhere Stellung in der Terrormili­z eingenomme­n haben könnte. Linda W. hatte hingegen mehrfach beteuert, sie habe nie eine Waffe berührt und sich nur um den Haushalt sowie die Kinder anderer Frauen gekümmert.

Generalbun­desanwalt Peter Frank hatte vor wenigen Tagen die Zahl der Kämpfer aus Deutschlan­d, die sich beim IS aufhalten, mit aktuell rund 600 beziffert. Insgesamt seien knapp 1000 Personen aus Deutschlan­d nach Syrien und in den Irak ausgereist. Zwischen 100 und 150 von ihnen seien dort ums Leben gekommen. Rund 300 seien nach Deutschlan­d zurückgeke­hrt. Mehr als 15 Prozent von ihnen sind nach Regierungs­angaben weiblich.

Die Menschenre­chtsorgani­sation Human Rights Watch hatte im Dezember in einem Bericht beklagt, der Irak habe „keinerlei Strategie, um eine glaubwürdi­ge Strafverfo­lgung der für die schwersten Verbrechen verantwort­lichen Personen zu gewährleis­ten“. Stattdesse­n würden unter den Anti-Terror-Gesetzen „sämtliche Personen verfolgt, die selbst minimalste­r Verbindung­en“zum IS verdächtig seien.

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ARCHIVFOTO: DPA Aus dem Irak ist der IS vertrieben – nun geht der Staat gegen mutmaßlich­e Kollaborat­eure vor.

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