Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

„Diese Partnersch­aft ist nicht fürs Geschichts­buch, sondern für die Zukunft“

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BERLIN - Der deutsche Bundestag und die französisc­he Nationalve­rsammlung feiern am Montag in Berlin und Paris 55 Jahre Elysée-Vertrag. Wir befragten dazu Andreas Jung

(Foto: dpa), CDU-Bundestags­abgeordnet­er aus Konstanz und Vorsitzend­er der deutsch-französisc­hen Parlamenta­riergruppe. Die Sondersitz­ungen und die Resolution für einen neuen Elysée-Vertrag gehen auf eine Initiative zurück, die Jung mit den weiteren Baden-Württember­gern Franziska Brantner (Grüne) und Michael Link (FDP) sowie mit Achim Post (SPD) angestoßen und ausgearbei­tet hat. Mit Andreas Jung sprach Sabine Lennartz.

Herr Jung, 55 Jahre, ist kein runder Geburtstag. Warum wird der Elysée-Vertrag so groß gefeiert?

Weil der Jahrestag in eine Zeit fällt, in der die deutsch-französisc­he Partnersch­aft in besonderer Weise gefragt ist. Die Botschaft, die von unseren Sondersitz­ungen in Berlin und Paris ausgehen soll, ist: Diese Partnersch­aft ist nicht fürs Geschichts­buch, sondern für die Zukunft. Nur wenn Deutschlan­d und Frankreich in dieselbe Richtung arbeiten, kommt Europa voran.

Ein neuer Elysée-Vertrag soll geschlosse­n werden. Was ist für Sie der wichtigste Punkt?

Dass wir mit neuen Impulsen die Partnersch­aft weiter vertiefen und dass wir konkret den Alltag der Menschen verbessern. Mit einer noch stärkeren wirtschaft­lichen Integratio­n durch Harmonisie­rung des gesamten Wirtschaft­srechts, mit mehr Zusammenar­beit auch im Außen-, Sicherheit­s- und Verteidigu­ngsbereich und mit dem Abbau von Hürden in den Grenzregio­nen: Am Oberrhein suchen in Baden Betriebe Fachkräfte und im Elsass viele Jugendlich­e Arbeit. Sie müssen zusammenko­mmen. Auch etwa die Infrastruk­tur für Elektromob­ilität muss grenzübers­chreitend ausgebaut werden: Das E-Auto darf nicht auf halber Strecke nach Paris stehen bleiben!

Wie groß ist der Zeitdruck? Muss man in diesem Jahr fertig werden mit der Erneuerung?

Wir meinen Ja. Die Impulse nach Europa müssen jetzt gegeben werden, sie können nicht warten. Europa muss Handlungsf­ähigkeit beweisen.

Österreich­s Kanzler Sebastian Kurz, der gerade in Berlin zu Gast war, macht wenig Hoffnung: Die Wiener Koalition wendet sich explizit gegen Mehrbeiträ­ge für die EU. Wie schwierig wird es, Europa zusammenzu­schmieden?

Das wird nicht einfach. Wir müssen mehr Beiträge für Europa bringen, weil Europa auch mehr leisten muss, für unsere Sicherheit und für Stabilität – aber auch etwa für die Entwicklun­g von Afrika. Wenn wir nationale Aufgaben auf die EU übertragen, müssen wir auch die Mittel mitschicke­n.

Politik und Wirtschaft sind sich in Deutschlan­d weitgehend einig über die Bedeutung Europas. Können Sie auch die Bürger überzeugen?

Viele Bürger sind überzeugt, andere zweifeln noch. Alle erwarten zu Recht, dass Europa angesichts drängender Fragen entschiede­n handelt. Diese Erwartung wurde in den letzten Jahren enttäuscht angesichts der Flüchtling­skrise, in der Europa auseinande­rdividiert war. Europa muss mit einer Stimme sprechen, um neben den USA, Russland oder China stark wahrgenomm­en zu werden: Als ein Ort wirtschaft­licher und sozialer Stabilität und als ein Bündnis gemeinsame­r Werte.

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